Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
er wird als solcher auch vom römischen Bischof, von der Stadt Rom anerkannt. Seit Pelagius I. (556–561) muß der Westen vor der Papstweihe die kaiserliche Bestätigung der Wahl einholen. 33
Der Nika-Aufstand
Ihre größte Rolle spielte Theodora wohl im Januar 532 bei dem gewaltigen Nika-Aufstand (nika = siege; die Parole der Rebellen).
Zur Erhebung führte die Unzufriedenheit des Volkes – ein letztes Ringen um seine Freiheit. Deshalb taten sich sogar die zwei Zirkusparteien der Grünen (Prasinoi) und der Blauen (Venetoi) zusammen, die ersteren monophysitisch, die letzteren orthodox (S. 376 f). Man rief bereits einen andren »Kaiser«, Kaiser Anastasios' Neffen Hypatios, gegen dessen Willen, aus. Die »Grünen« hatten die Initiative ergriffen, die »Blauen« zugestimmt. Gefängnisse wurden aufgebrochen, die Eingekerkerten befreit. Zahlreiche Paläste, zuerst die Stadtpräfektur, dann das Senatsgebäude sowie Kirchen, Kunstwerke und der von der Aristokratie bewohnte Teil der Stadt gingen in Flammen auf. Tag und Nacht war Konstantinopel eine qualmende Wüste. Selbst den Kaiserhof bedrohte das Feuer, sogar die Hagia Sophia wurde geplündert. Die Lage schien aussichtslos. Justinian, in der Residenz belagert, war schon entschlossen, alles aufzugeben, Thron und Reich, und zu Schiff zu fliehen über den Bosporus. Theodora allein hielt ihn zurück, wobei sie den berühmten Ausspruch tat: »Ich für meine Person bleibe; ich liebe die alte Maxime, daß der Purpur ein gutes Leichentuch ist.«
Belisar, drei inzwischen herbeigeführte Veteranenregimenter und der Kommandeur der Leibwache, der Theodora-Günstling Narses, stellten nach fünf Tagen Anarchie »die Ordnung« wieder her: »mehr als dreißigtausend« Menschen, nach Prokop, etwa fünfunddreißigtausend Menschen, nach Johannes Malalas, einem gräzisierten antiochenischen Chronisten (wahrscheinlich der spätere Patriarch Konstantinopels Johannes Scholasticus), wurden in den Zirkus gelockt und dort, Stunde um Stunde, wie eine Schafherde, wahllos zusammengestochen. Johannes Lydos, der fromme Augenzeuge und Kaiserfan (S. 377), meldet befriedigt gar fünfzigtausend Tote, Zacharias Rhetor, Bischof von Mytilene (erst Monophysit, dann Neuchalkedonier) gleich achtzigtausend. Das Massaker, ungeheuerlicher noch als das von Augustin verklärte Schlachtfest im Zirkus Thessalonikes durch den Katholiken Theodosius (I 446 ff), war vielleicht weniger Justinians Untat als die der Theodora. Jedenfalls: beide hinderte ihr Christentum nicht, den Aufruhr in einem Meer von Blut zu ersticken. Von Hoch und Niedrig rollten die Köpfe. Auch das Haupt von Hypatios fiel, den Justinian begnadigen wollte; ebenfalls das seines Bruders Pompeios. Achtzehn Patrikioi wurden verbannt, ihre ganzen Besitzungen konfisziert – – und aus dem Schutt stiegen die Kathedralen um so schöner. Und auch Theodora stieg, die Massenmörderin, wie sich das gehört, zur offiziellen Mitregentin auf. Ihr Name erschien in den Staatsurkunden, über den Toren der Kasernen – und auf den Votivtafeln der Kirchen! Wie denn noch heute die östliche Ecclesia ihrer ehrend und dankbar gedenkt. 59
Nur die »Ehre der Altäre« fehlt noch – ungerechterweise.
Anmerkungen zum zweiten Band
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