Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Alexander, schließlich, im 4. Jahrhundert, von Konstantin auf Christus übertragen wird und seit dem beginnenden 5. Jahrhundert regelmäßig und allgemein bei Engeln, Aposteln, Heiligen vorkommt. (Findige katholische Theologen entdecken den nimbus, die gloria, den Heiligenschein schon im Neuen Testament!) Wie auch immer: die inkriminierte »Gleichsetzung von Nimbus und Heiligenschein« spielt erstens in meinem Textzusammenhang keine Rolle, zweitens ist sie sachlich richtig, und drittens stimmt sie auch zeitlich für die Spätantike.
Zu meiner Seite 243 f. passim merkt Maria R.-Alföldi an,
»divus«
werde »als Titel der Kaiser apostrophiert,
sacer
und
sanctus
im kaiserlichen Umfeld als höchste Anmaßung gescholten« (153). Aber bei mir heißt es erstens klar, daß »man Konstantin nicht mehr, wie noch Diokletian samt Mitregenten, Divus nennen« durfte; und zweitens werden die Termini
sacer
und
sanctus
von mir nirgends gescholten, weder als höchste Anmaßung noch überhaupt.
Ein letztes Beispiel für das kritische Ingenium Maria R.-Alföldis aus ihrem kleingedruckten Einschub über »besonders störende Fehler und Einstellungen« (151). Sie zitiert mich: »Auf Münzen aus den Prägestätten seiner christlichen Söhne fährt er zum Himmel auf, wie schon sein Vater«, und findet hier »einmal mehr, wie wenig sich Deschner unter Kontrolle halten kann, wenn er seine Kritik formuliert: Es ist ihm offenbar unbekannt geblieben, wie gerade auf Münzen die klassisch-heidnische
consecratio
mit dem aus dem brennenden Scheiterhaufen aufsteigenden Adler von Constantius Chlorus überliefert ist« (153).
Danach fehlt mir also nicht nur die »Forschungstechnik«, nein, es fehlt mir auch an Wissen. Dessen bin ich mir übrigens selbst sehr bewußt. Wem fehlte es nicht an Wissen? Keinesfalls »offenbar unbekannt« aber blieb mir, womit sie meine vermeintliche Wissenslücke stopft. Zitiert sie mich ja selbst, Konstantin fuhr »zum Himmel auf, wie schon sein Vater ...« Und vor fast vierzig Jahren bereits, in
Abermals krähte der Hahn,
nachzulesen, waren mir zahlreiche weitere Himmelfahrten heidnischer und jüdischer Herrschaften bekannt, die von Kybele, Herakles, Attis, Mithras, von Caesar und Homer, von Henoch, Moses, Elias ... Freilich: »Das ›Himmelfahrt‹ zu nennen, ist zumindest mißverständlich« (153). Doch warum denn? Soll etwa nur Herr Jesus ganz wirklich und wahrhaftig aufgefahren sein?
Maria R.-Alföldi, die es schon »schwer« fand, »auch annähernd den Inhalt« meines Konstantin-Kapitels anzugeben, hatte, wie sie eingangs ihres II. Textteils bekennt, bereits Probleme beim Lesen der »als Motto vorangestellten Zitate«; war ihr die Auswahl doch wieder »nicht eben einsichtig«, zugleich aber »charakteristischer noch als die eben angedeuteten Einzelheiten«, nämlich: »Tendenz und Stimmungsmache also schon als Auftakt« (153 f.). Doch tendenziös ist jede Geschichtsschreibung, ausnahmslos; die ehrliche gibt es zu! Denn jede hat eine gewisse Neigung, Richtung, jede tritt für oder gegen etwas ein, »stimmt« also für oder gegen etwas. Jeder Historiker ist selbstverständlich vorgeprägt, gebunden, subjektiv. Jeder hat seine Determinanten, Prämissen, Prädilektionen; jeder seine Wertesysteme, Hypothesen, Auswahlmechanismen, Projektionen, Egoismen, seine Deutungsmuster und Typisierungen, seine Interpretationsmodelle. Jeder beleuchtet, erforscht, erklärt die Welt und die Geschichte im Sinne seiner Weltanschauung. Und am gefährlichsten allemal: wer dies leugnet, wer unparteiisch tut, Wertneutralität vortäuscht, wissenschaftstheoretische Unschuld, kurz, wer Objektivität mimt, die es vermutlich nicht gibt, am wenigsten wohl in der Theologie und in der Geschichtsschreibung (man lese dazu meine »Einleitung zum Gesamtwerk« im Ersten Band, Seite 37 ff.). »Objektiv«, sagt Johann Gustav Droysen, »ist nur der Gedankenlose!«
Es geht um sechs Zitate. Das erste, von Augustin, preist in aller Kürze Konstantins Kriege und Siege; das zweite, von Kirchenhistoriker Bischof Euseb, bejubelt des Herrschers Ausrottung aller Arten von »Götzendiensten«. In drei weiteren Zitaten von Theologen aus dem späteren 20. Jahrhundert ist der erste Christenkaiser für Peter Stockmeier ein »leuchtendes Vorbild«, für Kurt Aland »Christ, und zwar Christ dem Herzen, nicht nur der äußeren Handlung nach«. Und Karl Baus nennt seine Seelenhaltung »die eines wirklichen Gläubigen«. Den Beschluß bildet ein Text Percy Bysshe
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