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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Idealfürsten Konstantin gewünschte Beibehaltung der Folter auch vor Gericht – »und die dafür vorgesehenen Methoden waren grausam« (Grant) – wird von der »international angesehenen Konstantinforscherin« (148) mit keinem Wort erwähnt. Ebenso die jämmerliche Sklavenschinderei. Wann immer Sklaven durch Schläge ihrer Herren sterben, verfügt Konstantin am 18. April 326, so sind die Totschläger »von Schuld frei (culpa nudi sunt) ... mögen die Herren keine Untersuchung (quaestionem) befürchten ...« Und seine Majestät verbietet in einem weiteren Dekret sogar ausdrücklich nachzuforschen, ob absichtlich getötet wurde oder nicht! Derlei verschweigt die Verteidigerin des »Großen« gänzlich. Auch nahezu jedes Detail aus dem besonders wichtigen und deshalb mit Abstand längsten Unterkapitel »Von der Kirche der Pazifisten zur Kirche der Feldpfaffen«. Es thematisiert die fundamentale, die Catholica bis heute desavouierende Tatsache, daß ihre Theologen der ersten
drei Jahrhunderte
nirgends in Ost und West den Kriegsdienst erlauben; daß sie sogar jede Notwehr und die Todesstrafe, das Todesurteil ebenso wie die Hinrichtung oder auch nur die Anzeige, die dazu führt, verbieten (daß nach der Kirchenordnung des römischen Bischofs und Heiligen Hippolyt aus dem 3. Jahrhundert selbst Jäger nicht Christen sein können). Da macht Konstantin das Christentum 313 zu einer erlaubten Religion mit einer Fülle von Vorteilen zumal für die Hierarchen – und sofort liefern die bisherigen Pazifisten dem plötzlich prochristlichen Staat die Schäfchen ans Messer. Wer jetzt im Krieg die Waffen wegwarf, wurde ausgeschlossen, und die Soldatenmärtyrer von einst flogen aus den Kirchenkalendern!
    In diesem Zusammenhang kämpfe ich gegen alte und neue Verteidiger solch ungeheuren Verrates, unter anderem auch gegen Hans von Campenhausen – worauf Maria R.-Alföldi mit dem ihr eigenen Gespür fürs Wesentliche nichts zu sagen weiß als den Satz: »Einen Höhepunkt stellt die Zitierweise ›der freiherrliche Theologe‹ ... dar« (156).
    Und wie sieht nun ihr »Gegenbild Konstantins in wenigen Zügen skizzenhaft« (157) aus? Ich muß es hier noch einmal, wo möglich
in wörtlicher Anlehnung,
verknappen: Der geschwächte Limes wird vom Herrscher wieder ausgebaut, ein effektiveres Steuersystem eingeführt, das Reichsgebiet zur Mehrung der Erträge neu durchstrukturiert, die Bürokratie gewaltig vermehrt. Berufe und Aufgaben werden – das ist nicht mein Deutsch – zwangsweise erblich gemacht, Mängel tunlichst beseitigt, ein mächtiger Generalstab entsteht, gegründet wird die neue Residenz Konstantinopel an strategisch entscheidender Stelle.
    Konstantin selbst hat demnach nicht zu bezweifelnde militärische Gaben und weiß seine enormen Möglichkeiten als Kaiser souverän zu nutzen. Er kann mild sein, greift aber, kommt seine Position in Gefahr, hart durch, bleibt indes anfangs ein vorsichtiger Realpolitiker. Mit Macht versucht er die Gräben zwischen dem alten und dem neuen Glauben einzuebnen, bevorzugt freilich die Christen, doch handelt er auch hierbei meist vorsichtig-realistisch, wenngleich das Problem des gerechten Krieges der Angegriffenen gute Christen stark belastet. Kurz, ein unerschrockener Neuerer, sein Wirken hat erstaunlich lange Bestand und dient der Zukunft als brauchbare Basis – »auch das Christentum ist in diesem Sinne neu, es führte und führt bis heute historisch weiter« (159).
    Klingt das nicht gut, nicht sehr vertraut akademisch, wie sie, so der Herausgeber im Vorspann, »den Wissensstand zu Kaiser Konstantin zusammen«faßt? Fließt da Blut? Krepieren da Stämme und Völker im Dreck? Nein, der Dreck staut sich bei mir! Mein »übermäßiger, mehr noch, gefühlsgeladener Eifer befremdet«, wirkt »unglaubwürdig«, macht »echte Diskussionsbeiträge« unmöglich. Und so gilt für mein Unternehmen »ohne Einschränkung das nachdenkliche Wort des französischen Dichters Paul Valéry, wenn er sagt: ›Die Geschichtsschreibung stellt das gefährlichste Produkt dar, das in der Giftküche des menschlichen Intellekts je gebraucht wurde.‹« (Nebenbei: »wenn er sagt ...«, etwas linkisch, dämlich, völlig überflüssig. Nicht nebenbei: Die Professorin für Hilfswissenschaften der Altertumskunde liefert in einer Fußnote die Originalfassung des Satzes. Den Tippfehler »dangeureux« übergehe ich. Aber von der »Giftküche des menschlichen Intellekts«, in der »je« etwas »gebraut« wurde, findet sich bei

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