Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
ihre folgenschwere Verdrängung aus der Landwirtschaft beginnt; ja, dessen erstes judenfeindliches Gesetz aus dem Herbst 315 für Bekehrung zum Judentum dem bekehrenden Juden und dem bekehrten Christen bereits mit Verbrennung droht!
Daß ich Konstantins Zurückhaltung gegenüber den Heiden nur »zögerlich« einräume (151), trifft ebenfalls nicht zu. Gegenüber den Heiden, konzediere ich auf Seite 278, wahre der Regent »zunächst deutlich Reserve«. Ich hebe seine lebenslange Stellung als Pontifex maximus hervor, als Präsident des heidnischen Priesterkollegiums, betone, daß sein Oberpontifikat, der die Verbundenheit mit der paganen Religion bezeugt, in den offiziellen Texten immer an der Spitze seiner Ämter stand u.a.
Dagegen verschweigt die Kennerin des Kaisers, daß ihr Heros mit wachsender Macht und Bewegungsfreiheit stets rigoroser auch die Heiden attackierte, am deutlichsten in seinen letzten Regierungsjahren, wenn es auch nicht in seinem Interesse lag, die große Mehrheit des Reiches frontal anzugehn. Immerhin, er verbot die Wiederherstellung baufälliger Tempel, befahl auch bereits das Schließen von Tempeln. In allen Provinzen wurden sie außerdem für ihn, seine Günstlinge, für die Kirchen bestohlen, »rücksichtslos ausgeplündert« (Tinnefeld), ja es kam zu einem »Kunstraub noch nie dagewesener Art« (Kornemann). Und dann verfügte Konstantin auch schon ihre Vernichtung; »er zerstörte von Grund aus gerade diejenigen, die bei den Götzendienern in höchster Ehre standen«. »Auf einen Wink«, triumphiert Bischof Euseb, lagen ganze Tempel »am Boden«. Nicht zuletzt ließ der Potentat die fünfzehn Bücher des Porphyrios
Gegen die Christen
verbrennen, womit dieser der »gesamten Bibelkritik der Neuzeit« vorgreift (Poulsen) und »auch heute«, so der Theologe Harnack, »nicht widerlegt« ist.
Von alldem verlautet bei Maria R.-Alföldi wieder absolut nichts. Hingegen vermerkt sie die »nicht zu leugnende Zurückhaltung Konstantins gegenüber den Heiden«, die ich angeblich nur »zögerlich« zugebe, und tischt gleich die weitere Unwahrheit auf, von mir werde »wieder kaum gesehen«, daß seine »Strenge« gegen Häretiker aus dem Wunsch resultiere, »den inneren Frieden zu sichern« (151).
Denn in Wirklichkeit, so steht bei mir auf Seite 277 f., ging der Kampf des Kaisers gegen die »Ketzer« weniger um Religion »als um die Einheit der Kirche ... und damit um die Einheit des Reiches ... zur Stärkung des Staates erstrebte der Herrscher die Einheit der Kirche, haßte er den ›Brand der Zwietracht‹«. Ich mache deutlich, daß Konstantin, wie er selbst sagt, »unter allen Dienern Gottes Einigkeit« wünschte, auf daß auch der Staat »von deren Früchten genießen könnte«; ich unterstreiche, daß der Regent deshalb »staatliche Einheit suchte wie nichts sonst«, daß er in Briefen an Bischöfe, Synoden, Gemeinden »unermüdlich die Einigkeit, Concordia« beschwor, »Frieden und Einklang«, »Zusammenklang und Einheit«, daß er immer wieder »eine einheitliche Ordnung« postulierte, immer wieder forderte, daß bei »der katholischen Kirche ein einziger Glaube«, »daß die allgemeine Kirche
eine
sei« – und bekomme nachgesagt, dies werde »wieder kaum gesehen ...«
Dagegen konkretisiert die Autorin die knapp gestreifte kaiserliche »Strenge« gegenüber Häretikern wieder nicht im geringsten. Der erste christliche Imperator im Kampf gegen Christen, das paßt nicht gut ins Bild. Kein Wort also dazu, daß Konstantin in einem scharfen »Ketzer«-Edikt (falls es Bischof Euseb, der Überlieferer, nicht gefälscht hat) alle Häretiker »Lügen« zeiht, der »Torheit«, sie »Feinde der Wahrheit« schimpft, »Verführer zum Untergang«; daß er jahrelang die afrikanischen Donatisten bekriegt, ihnen die Kirchen wegnimmt, das Vermögen, daß er Soldaten gegen sie schickt, wobei es, noch ehe man die Heiden massakriert, zur ersten, im Namen der Kirche geführten Christenverfolgung kommt, zum Sturm auf Basiliken, zur Ermordung von Männern, Frauen, zur Tötung von zwei donatistischen Bischöfen, zu einem blutigen Bauernkrieg auch, da sich die Verfolgten mit den schwer drangsalierten Landsklaven verbinden. Und ebenfalls nichts natürlich über die Bekämpfung der markionitischen Kirche, die vielleicht größer, jedenfalls älter war als die katholische. Er verbot ihre Gottesdienste, konfiszierte ihre Grundstücke, zerstörte ihre Bethäuser. So kann die Expertin, alles Abträgliche im einzelnen
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