Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
ff.!) zu Paris die Sainte-Chapelle als zweistöckige Pfalzkapelle, legte bei Erbauung der Zisterzienserabtei Royaumont persönlich Hand an, wusch manchmal Mönchen die Füße und machte seiner Gattin Margarete von der Provence – einer militanten Dame, einer Kreuzzüglerin, die später zur Verteidigung ihrer Witwenrechte ein Heer aufstellte – immerhin elf Kinder (ein ja auch sehr christliches Tun). Und ein wirkliches Verdienst hat Ludwig IX. durch sein Verbot des gerichtlichen Zweikampfes und der privaten Fehde. 5
Dem allen und mehr steht freilich anderes aus dem Leben des rex pius und rex pacificus gegenüber, mochte seine Erhebung zur »Ehre der Altäre« (Fest 25. August) selbst Voltaires Beifall finden.
Ludwig, bei dessen Kanonisationsprozeß übrigens nicht seine Gattin Zeugnis geben durfte, sondern für sie ihr Beichtvater Guillaume de Saint-Pathus, verstand schon früh und kräftig das Schwert zu schwingen, und achtundzwanzigjährig begründete er »endgültig seinen militärischen Ruhm« (Ehlers) – eine erhebende Sache für einen Heiligen. Doch zeichnete sich bereits seine hl. Mutter Bianca von Kastilien durch eine gesunde katholische Robustheit aus. So hat sie zweimal die Regierung übernommen, zahlreiche vehemente Adelsrevolten, nicht ohne Hilfe des Hl. Stuhls, resolut niedergeworfen, die hl. Inquisition in Südfrankreich erschreckend mächtig gemacht und die kapetingische Herrschaft ausgeweitet.
Ähnlich führte der hl. Ludwig erfolgreiche Feldzüge gegen den Grafen von der Marche, Hugo von Lusignan, gegen Heinrich III. von England, den er am 23. Juli 1242 bei Saintes in die Knie zwang. Er schleifte Burgen, schlug Schlachten, nötigte 1243 auch den Grafen Raimund VII. von Toulouse zur Unterwerfung. Und schließlich war er einverstanden, daß sein Bruder Karl von Anjou das staufische Sizilienerbe an sich riß. Von seinem Herrscheramt, rühmt das »Lexikon der Heiligen und Päpste«, »hatte er eine hohe Auffassung, und so sorgte er für Gerechtigkeit und Ordnung in seinem Lande, indem er selbst mit dem besten Beispiel voranging.«
Zum besten Beispiel gehörte für den hl. König natürlich auch das Verfolgen von Andersgläubigen und »Ketzern«. So bekämpfte der Fürst mit dem »engelgleichen Blick und sanften Gesicht« (Salimbene), der »von einem tiefen Rechtsbewußtsein und einer verinnerlichten Religiosität geprägte« König (Herde) die Katharer und führte die Inquisitionsgerichtsbarkeit ein. Er befahl das Vertreiben jüdischer »Wucherer« und ließ 1242 den Talmud vernichten. Auch am 13. Mai 1248 verschwanden davon in Paris vierzehn Wagenladungen auf einmal in den Flammen und bei anderer Gelegenheit noch einmal sechs. Und 1255 befahl der Heilige erneut die Verbrennung des Talmud sowie die aller buchstäblich gotteslästerlichen Bücher überhaupt. Hatte doch schon im Sommer 1239 Papst Gregor IX. viele europäische Könige von Spanien und Portugal bis Britannien samt ihren Bischöfen beauftragt, den Juden, wenn sie an einem Sabbat in ihren Synagogen steckten, alle Schriften wegzunehmen.
Verbrannt aber wurden unter dem Heiligen auch Menschen, wurden nach Einnahme des albigensischen Hauptstützpunktes Montségur durch ein königliches Heer auch die letzten mehr als 200 Katharer am 16. März 1244 am Fuß der Burg auf dem Scheiterhaufen. Schließlich hatte sie schon sein Vater Ludwig VIII. – ständig von Papst und Bischöfen gedrängt – auf diversen, voll und ganz von der französischen Kirche bezahlten Kreuzzügen bekriegt und in häufigen »Ketzer«-Prozessen die Adelsgüter konfisziert, bevor er 1226 entweder an einer Ruhrerkrankung oder, nach den »Annales Marbacenses«, an einem Gifttrank zugrunde ging.
Wie der Vater aber, so weiß das Kirchenlexikon von Wetzer/Welte, schuf auch der Sohn »mit kräftiger Hand, wenn es sein mußte, Frieden und Ruhe im Lande« und wurde endlich »der Lieblingsheilige des französischen Volkes und das Muster des katholischen Frankreichs«. 6
Die kräftige Hand im eigenen Land hätte jedoch für so viel Popularität und Vorbildlichkeit im Reiche der Franzosen kaum genügt, wären nicht auch gewaltige übergreifende hl. Leistungen hinzugekommen: zwei Kreuzzüge gleich, wobei es der Heiligkeit keinen Abbruch tut, daß beide mit einem Fiasko endeten – im 20. Jahrhundert würdigt das Lexikon für Theologie und Kirche Ludwig IX. gleichwohl als »Muster eines christlichen Herrschers«. Und viele »Profanhistoriker« würdigen mit. 7
Der heilige Krieger
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