Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
problematisch, auf 274200 livres tournois. Dabei kann es nicht schaden zu wissen, daß sich seinerzeit, in der Mitte des 13. Jahrhunderts, die Einkünfte Ludwigs des Heiligen, des Förderers der Bettelorden und hochgelobten Wohltäters der Armen, pro Jahr auf 250000 livres beliefen, daß also das königliche Salär (Staatsbudget), ganz grob überschlagen, Jahr für Jahr so viel betrug, wie der gewaltige Krieg Jahr für Jahr verschlang. 10
Trotz des Fiaskos schwang sich der Heilige im Alter abermals zu einem heiligen Krieg auf.
Am 25. März 1267 nahm er auf einem Hoftag in Paris mit drei Söhnen, einigen Fürsten und vielen Baronen erneut das Kreuz und landete am 18. Juli mit angeblich 6000 Reitern und 30000 Fußsoldaten am Strand von Karthago, bei dem kläglichen Rest der antiken Metropole, um den Emir von Tunis zu »bekehren«. Ihn hielt man nicht zuletzt dank der Tätigkeit eines Dominikanerklosters in Tunis (seit 1250) für »konversionsbereit«.
Nach Makrizi wollte Ludwig dort allerdings bloß Hunger und Seuchen nützen, und es gibt gar keinen Zweifel, daß der hl. Souverän, bei aller seriösen Beschränktheit, die freilich kommenden Geschlechtern bloß als Ausdruck seiner Sanktitas galt, nicht nur mit frommen Absichten an Land gegangen war. Der Emir hatte denn auch vorsorglich gerüstet; außerdem aber, überliefert der arabische Chronist, »schickte er ihm Boten mit achtzigtausend Dinar und ließ ihn um Frieden bitten. [Der Franzose] nahm sie, machte aber nicht Frieden mit ihm«. Wie das einem heiligen Christenkönig zusteht. Gleichwohl war der Himmel auch bei diesem Kreuzzug gegen ihn. Denn bald nach der Landung gab es große Verluste auf beiden Seiten, ja, im französischen Heer brach die Pest aus, eine typhus- oder ruhrartige Seuche, die es vernichtete und am 25. August 1270 auch den König. Doch dafür geschahen jetzt bei Überführung seines Fleisches und Intestinum nach Monreale, beim Transfer seines Herzens und Gebeins nach Saint-Denis wieder Wunder über Wunder ...
Was aber Ludwigs erste Offensive, den Fehlschlag in Ägypten, betrifft, so hörte man schon seinerzeit Stimmen im katholischen Lager, die Innozenz IV. nicht für schuldlos hielten. Der Papst war einfach zu tief in den Streit mit den Staufern verwickelt, um Ludwigs Kreuzzug wirksam fördern zu können. So erfolgten aufsehenerregende Proteste in ganz unterschiedlichen Kreisen und Formen. Der König selbst beorderte damals seine Brüder nach Frankreich, um den Papst zum Frieden mit Friedrich zu bringen, wobei sie sogar mit der Vertreibung aus Lyon drohten, und Innozenz, kurz vor des Kaisers Tod, bereits seine Flucht nach dem englischen Bordeaux ventilierte. Königin Bianca, während Ludwigs Abwesenheit regierend, verbot die Werbung für Innozenz' sizilischen Krieg. Und ein Reichstag der Barone verwahrte sich entschieden dagegen, »daß der Papst den König, der für den Glauben dulde, im Stich lasse, um seine eigne Herrschaft auszudehnen«. 11
Der Pastorellenaufstand
In engem Zusammenhang mit diesem Kreuzzug Ludwigs steht auch die Pastorellenerhebung 1251, eine eher antiklerikale Aktion vor allem der Hirten (pastoreaux), der ländlichen und städtischen Unterschichten in Nordfrankreich, der Picardie, Flandern, ein traditionell kreuzzugsanfälliger Landstrich, auch wenn keine unmittelbare Verbindung zu dem Orientkrieg nachweisbar ist.
Möglicherweise empörte diese Kreise – denen zunächst niemand zu widerstehen wagte, denen man Lebensmittel gab »und alles, was sie begehrten« – u.a. auch der antistaufische Kreuzzugsaufruf des Papstes, empörte sie das Verhalten der Prälaten, ihre Versäumnisse beim Kreuzzug des Königs. Jedenfalls erregten sie »einen furchtbaren Aufstand gegen die Mönche, vor allem Predikatoren und Minoriten, weil diese das Kreuz gepredigt und die Menschen zur Kreuzfahrt im Gefolge des Königs, der von den Sarazenen besiegt worden war, mit dem Kreuze bezeichnet hatten. Und es erbosten sich die Gallier, die in Frankreich geblieben waren, damals so sehr gegen Christus, daß sie Christi über alles geheiligten Namen zu verspotten wagten. Wenn z.B. in jenen Tagen die Minoriten und Predikatoren die Franzosen um Almosen im Namen Christi baten, da knirschten sie mit den Zähnen über jene und riefen vor ihren Augen einen andern Armen, gaben dem ihre Pfennige und sprachen: ›Nimm das im Namen Mahomeds, der mächtiger ist als Christus‹« (Salimbene von Parma).
Vieles liegt da im dunkeln, durch die einseitigen
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