Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
eigne, die muslimische Macht. Kennte der König sie – »Du bissest Dir vor Reue in die Finger«. »Vom Schicksal ist es Dir bestimmt, an einem Tag zu stürzen, der uns zu Nutzen beginnt und Dir zu Schaden endet.« Und schließt seinerseits: »›Wer sich überhebt, stürzt‹; so wird Deine Anmaßung Dich fällen und Dich ins Unglück stoßen. Sei gegrüßt.«
Seelsorgerlich bestens präpariert, stach man bereits beim An-Land-Gehen durch die Wogen, mit der »Kraft Jesu Christi und des heiligen Kreuzes«, wie Johann Sarrasin brieflich berichtet, fast ohne eigene Verluste »wohl an die 500« Türken ab »und viele von ihren Pferden«. Auch nahm man das stark befestigte und mit allem wohlversehene Damiette, zu dessen Eroberung man einst drei Jahre gebraucht, Anfang Juni ganz kampflos ein, hatten es doch die Bewohner und die bald darauf dafür gehängte kinatische Besatzung, um ihr Leben fürchtend, überstürzt verlassen. »Ganz Ägypten erfaßte Verzweiflung« (Ibn Wasil).
Ludwig der Heilige aber, der als erster in die Stadt einzog, riß nicht nur sämtliche Waffen, Munition, Vorräte, Lebensmittel an sich, sondern nahm auch gleich alles fort, »was sich in der größten Moschee der Stadt und allen anderen befand und ließ davon eine Kirche bauen, zu Ehren Jesu Christi« (Johann Sarrasin). Auch begründete der König alsbald einen Erzbischofssitz, wobei alle näheren Umstände deutlich auf eine ganz nüchterne territoriale Erwerbspolitik weisen, durch die er das eroberte Land seiner Krone anzugliedern gedachte.
Doch sosehr sich der pius rex hier wie überall bewährte – sei es auf dem Schlachtfeld »durch gewaltige Schwerthiebe« oder bei der Gattin, die in Damiette einen Sohn gebar –, trotz Christus und wahrem Kreuz und deutschem Schwert und allen Messen und Beichten und Beilagern, es kam verhältnismäßig bald die Zeit, wo es ständig schlechter ging, Ludwig zwar »immer im Gebet« war, doch ihm auch buchstäblich die Zähne klapperten und man ihn des Durchfalls wegen dauernd vom Pferd heben mußte. Es kamen Hunger, Seuchen, Massaker und Schlachten, in denen »die türkischen Löwen die ungläubigen Hunde bezwangen« (Ibn Wasil). Es begann für das Heer, erzählt Joinville, »das große Elend, denn nach neun Tagen kamen die Leichen unserer Leute, welche die Feinde getötet hatten, wieder an die Oberfläche ... eine so große Menge, daß der ganze Strom von einem Ufer zum andern voller Toten war und längsseits so weit, wie man einen Stein wirft«.
Der arabische Historiker Ibn Wasil, gleichfalls Zeitgenosse und zeitweiser Augenzeuge, spricht von den furchtbaren Verlusten der Franken: »Die Zahl der Toten soll bei dreißigtausend gelegen haben ...« Auch sein freilich erst später schreibender Kollege Makrizi erwähnt dreißigtausend Getötete, »außer denen, die sich in die Fluten geworfen hatten; die Gefangenen kann man gar nicht zählen. Der Franzose floh nach al-Munja und flehte um sein Leben, das wir ihm zusicherten. Wir nahmen ihn gefangen, behandelten ihn ehrenvoll und erlangten mit Gottes Hilfe und Kraft, seiner Größe und Erhabenheit Damiette zurück ...« Ibn Wasil sagt lakonisch: »So reinigte Gott Ägypten von ihnen.«
Ludwig IX. war der letzte Monarch Europas, der das Heilige Land als Kreuzzügler betreten hat.
Auf dem Vormarsch nach Kairo wieder ausweglos, wie schon 1221 unter dem Legaten Pelagius (S. 223 ff.), in die Enge getrieben, war bei Mansurah dem Kreuzfahrerheer nichts anderes übriggeblieben als die Kapitulation. Und wer weiß, wie wenige von der stolzen Feudalarmee – auf bis zu 25000 Soldaten geschätzt, darunter 2500 Ritter und 5000 Armbrustschützen – noch französischen Boden betraten! Die ungeheuren Kosten des sorgfältig vorbereiteten, technisch gut organisierten, militärisch aber mangelhaft geführten Unternehmens waren ohnedies in den Wind geschrieben. Das königliche Schatzamt bezifferte die Gesamtkosten auf 1,3 Millionen livres tournois, ein Vielfaches seiner Jahreseinnahmen; davon Kriegskosten 750000, Festungsbauten im Heiligen Land 120000, Schiffsbau 40000, Hofausgaben 200000, Lösegeld für den König 210000, Auslösung christlicher Gefangener 1300 livres.
Woher kam das Geld?
950000 livres tournois stammten aus einem fünfjährigen Kreuzzugszehnten der französischen Kirche, die der hl. Ludwig dazu breitschlug, weil ein allgemeiner Kreuzzugszwanzigster der Kirche außerhalb des Landes viel zuwenig erbrachte. Den Beitrag der Städte berechnete man, sehr
Weitere Kostenlose Bücher