Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
mit dem Sturm der Engelsburg, notfalls auch den Papst samt Kardinälen in die Luft zu sprengen. So kapitulierte Clemens schließlich am 5. Juni 1527. Er schloß einen Vertrag mit seinem Kerkermeister, dem Kaiser, der wenig ergriffen über dessen Schicksal war, der Roms Katastrophe öffentlich beklagt, betrauert, insgeheim wohl genossen, im übrigen alles als Fügung, als Strafe Gottes ausgegeben hat. Kalt und umsichtig behielt er den Papst sieben Monate in harter Gefangenschaft, ehe dieser über Orvieto und Vierbo schließlich auf kaiserlichen Wunsch am 6. Oktober 1528 wieder in Rom einzog, »einen elenden, zerrissenen Leichnam vor unserem entsetzten Blick«, was ja vor allem seine eigene Schuld war.
Clemens hatte sich bei Karl wie bei Franz I. für seine Befreiung bedankt. Doch erst als der inzwischen um Neapel ausgebrochene Krieg, wie der in Oberitalien, nicht, wie von ihm erhofft, zugunsten Frankreichs sondern Spaniens ausging, legte er sich endgültig auf Karl fest, der im Königreich Neapel ein Schreckensregiment begann. Aber notgedrungen sah er jetzt seinen Vorteil und den seines Hauses, den er nie aus dem Auge verlor, der bei vielen Entscheidungen alle andren Gesichtspunkte überwog, wieder im Lager des Kaisers. Er schloß mit ihm 1529, während die Türken schon nach Wien stürmten, im Juni den Frieden von Barcelona, im Dezember den Frieden von Bologna und krönte Karl V. dort am 24. Februar 1530 zum Kaiser, zu dem mächtigsten vielleicht des Reiches seit Karl »dem Großen«: die letzte Krönung eines Kaisers durch einen Papst, allerdings nicht mehr in Rom.
Doch auch danach näherte sich Clemens wieder Frankreich, und ohne Zweifel auch wieder aus dynastischen Gründen. Und als er Ende Oktober 1533 in Marseille seine junge Großnichte Katharina von Medici mit dem zweiten Sohn des französischen Königs, Heinrich von Orléans, traute, dem späteren Heinrich II. von Frankreich, führte er einmal mehr geheim bleibende Gespräche mit Franz I., die verständlicherweise wieder des Kaisers Mißtrauen erregten. 12
Während des Clemens-Pontifikats festigte sich die Reformation in Deutschland gewaltig, wurde sie auch in Schweden eingeführt, kam die Loslösung der englischen Kirche von Rom durch Heinrich VIII. fast zum Abschluß, eroberte und zerstörte der Spanier Francisco Pizarro in Peru das Inka-Reich – doch darüber an anderer Stelle, wenn es mir noch vergönnt sein sollte.
Der Augsburger Religionsfrieden – neues Recht und neues Unrecht
Gewiß hat Paul III. so wenig an diesem Untergang der Kirche gearbeitet wie sein Nachfolger Julius III. (1550–1555), Giovanni Maria Ciocchi del Monte, der dafür vielleicht noch etwas bessere (eigentlich: schlechtere) Voraussetzungen mitgebracht.
Denn auch wenn der neue Papst gleich zu Beginn seines Pontifikats in einer Rede am 10. März seinen Eifer für die Religion und das Konzil betonte – was ihn rasch populär machte, obwohl er so unsympathisch aussah, daß es Künstlern schwerfiel, ihn darzustellen, das war seine ungeheure Vergnügungssucht und die Befriedigung gewisser Freuden des Volkes, worüber er die eigene Verwandtschaft keinesfalls vergaß. Pietro del Monte ernannte er zum Präfekten der Engelsburg, seinen Neffen Ascanio della Corgna zum Gardekommandanten, seinen Bruder Baldovino zum Gouverneur von Spoleto, dessen Sohn Giovan Battista zum Regenten von Fermo und Nepi sowie zum Gonfaloniere der Kirche, die Söhne seiner beiden Schwestern erhob er zu Purpurträgern. Ja, einen Jungen, den er als Legat in Piacenza »sozusagen von der Straße aufgelesen« und durch seinen Bruder adoptieren ließ, machte er zu seinem Affenwärter und mit siebzehn Jahren gleichfalls zum Kardinal. Er überhäufte ihn, ganz ungeachtet des Skandals, den er erregte, in abgöttischer Liebe mit Pfründen, gab ihm mehrere Abteien, machte ihn noch zum Staatssekretär, wobei wir offen lassen können, ob der Papst der Vater, der Liebhaber des Jungen oder beides war. 21
Julius III., der auf einer Medaille die »hilaritas publica«, die allgemeine Fröhlichkeit, verherrlichte, gefiel der Menge durch seine Faulheit, Freßlust, seine Mißachtung des Zeremoniells, seine derben Spaße, Redensarten, die Förderung des Karnevals, seine Vorliebe für Feste, Rennen auf dem Korso, Stiergefechte. Der dritte Julius genoß Gepränge, glänzende Gelage, wozu er gern die Kardinäle, aber auch Frauen einlud. Er frönte dem Luxus, spielte um hohe Einsätze. Kurz: »Die Hauptbeschäftigungen des Papstes«,
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