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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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warst. Vergib, wo es etwas zu vergeben gibt, und bessere dich. Sag mir wenigstens den Grund, warum du das Tor versperrt hast.«
    »Ich will aber nicht«, entgegnete Chromlion.
    »Du bist wie ein kleines Kind. Soll ich etwa raten? Der dunkle Hirte, der weiße Schäfer, Tomal, Thezael, Nalkaar oder gar Sapius? Sie alle wollten eine Schattenarmee für den letzten Kampf auf Ell aufstellen. Ein verrückter Gedanke.«
    »Mag sein, aber so abwegig ist er nun auch wieder nicht. Dein Verstand ist immer noch scharf, Madhrab. Aber keiner der von dir erwähnten Namen gab mir diesen Auftrag.«
    »Wer könnte noch dahinterstecken?«
    Chromlion antwortete nicht. Er kicherte nur, spuckte dunkles Blut und wiegte seinen Oberkörper hin und her.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Madhrab, »aber dann vernichte ich jetzt deine Seele.«
    Mit einem von der Seite geschwungenen Hieb schlug er Chromlion den Kopf ab. Die winzigen Schatten sprangen auf Kopf und Körper des Gefallenen und begannen ihr grausiges Werk. Chromlion löste sich unter Schmerzens- und Angstgeschrei langsam auf.
    Madhrab wandte sich den Schatten auf den Rängen zu und brüllte, so laut er konnte, damit auch der letzte Schatten in den obersten Rängen seine Worte verstand:
    »Der Weg ist frei!«, rief Madhrab. »Der Wächter des Tores ist gefallen.«
    »Der Weg ist frei!«, skandierten die Schatten und – Madhrab konnte es deutlich heraushören: »Madhrab … Madhrab … Madhrab … Madhrab … Madhrab …« Das hatte der Bewahrer lange nicht mehr gehört. Es erfüllte ihn mit Stolz.
    Madhrab sah, wie sich Corusal, Warrhard, Gwantharab und dessen Söhne Hardhrab und Foljatin einen Weg durch die tobenden Schatten bahnten. Es sah aus, als wollten sie ihn zu seinem Sieg über Chromlion beglückwünschen. Sie kamen ihm vor, als befänden sie sich in einem Rausch – Betrunkene, die ihm im Freudentaumel entgegenwankten. Aber nicht alle Schatten waren ihm wohlgesonnen. Das konnte Madhrab an den Zischlauten und einem verärgerten Fauchen erkennen. Sein Arm war wieder nachgewachsen und fühlte sich wie neu an.
    »Wir haben es geschafft«, rief Corusal. »Nein, du hast es geschafft. Wir wollen es doch richtig erzählen, sonst entstehen Legenden und Geschichten, die nicht wahr sind.«
    »Was wäre daran so schlimm?«, fragte Madhrab. »Du erinnerst dich gewiss an die Zeit vor der Geburt Tomals.«
    »Ja … dunkel … ich hätte diese Hora lieber für immer aus meiner Erinnerung verbannt. Willst du mir vielleicht etwas sagen?«
    »Ich dachte an die beiden Geburtshelfer, die wir von Baylhard beseitigen ließen. Ich meinte nur, dass du auch nicht immer die Wahrheit gesagt hast.«
    »Das ist doch etwas anderes«, protestierte Corusal, »wir mussten so handeln, um Tomal zu schützen. Das weißt du genau. Heute jedoch hast du eine große Tat vollbracht und einen schrecklichen Krieg der Schatten verhindert. Die Ehre gebührt alleine dir. Aber wir müssen uns vorsehen. Nicht alle Schatten stehen hinter uns. Einige wären lieber im Reich der Schatten geblieben, statt in den Nebel des Vergessens zu gehen. Wir sollten uns beeilen und den letzten Schritt machen. Ich will nicht riskieren, dass sich erneut jemand aufschwingt, das Tor zu verschließen.«
    »Bevor ihr alle im Nebel verschwindet«, sagte Madhrab, »schuldet ihr mir noch einen Dienst. Ihr habt es versprochen, sollte ich erfolgreich sein.«
    »Was meinst du?«, fragte Corusal.
    »Du weißt genau, wovon ich spreche. Das Land der Tränen. Es ist meine Bestimmung.«
    »Ach das …«, Corusal wirkte plötzlich sehr nachdenklich, »… hm … nun ja … ich weiß nicht genau, wie wir das anstellen sollen. Das Beste wäre, du kommst einfach mit uns in den Nebel des Vergessens.«
    »Nein«, lehnte Madhrab den Vorschlag ab, »du hast mir gesagt, du wüsstest einen Weg.«
    »Ich … ich … habe gelogen«, gab Corusal zu.
    »Es gibt einen Weg«, mischte sich Warrhard ein.
    »Nicht, Warrhard«, versuchte Corusal, den Eiskrieger zum Schweigen anzuhalten, »das ist gefährlich.«
    »Sprich!«, forderte Madhrab.
    »Wie Chromlion sagte: du musst noch einmal sterben. Endgültig. Es gibt nur einen Weg. Wir müssen dich auslöschen. Mit der Schattenklinge«
    »Das ist Wahnsinn«, gab Corusal zu bedenken, »wenn wir Madhrab mit der Schattenklinge töten, könnte seine Seele für immer verloren sein. Das dürfen wir nicht riskieren. Er könnte im Nichts vergehen, als hätte er niemals gelebt. Jede Erinnerung wäre für immer ausgelöscht. Nicht nur in

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