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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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versperrt wurde. Ich glaube nicht, dass es bereits vorbei ist.«
    Murhab spürte, wann er von Nalkaar beobachtet wurde und in welchen Momenten der erste Todsänger abgelenkt oder abwesend war. Sie hatten eine lose, gedankliche Verbindung aufgebaut, in die sich Nalkaar nach Belieben einbringen konnte.
    Im Augenblick schien Nalkaar mit anderen Dingen beschäftigt. Murhab nahm an, dass sich Nalkaar mit dem Heer der Rachuren auf dem Marsch zu den beiden Ordenshäusern befand und die Eroberung plante.
    Im Reich der Schatten war die Freude über Madhrabs Sieg groß. Murhab konnte die Erleichterung der Schatten geradezu spüren. Der Weg in den Nebel des Vergessens war endlich wieder frei. Murhab fragte sich nur, wie lange dieser Zustand wohl anhalten würde. In seiner Neugier hätte er zu gerne gewusst, wie es hinter dem Tor aussah. Was geschah mit den Seelen, die das Tor durchschritten – lösten sie sich einfach auf und wurden zu einem Teil des Nebels?
    Murhab würde es nie erfahren. Todsänger waren unsterblich, hatte ihm Nalkaar erklärt. Doch das stimmte nur zum Teil. Es gab Wege, sie endgültig zu töten. Sie waren meist nur den Todsängern selbst und einigen wenigen Totenbeschwörern bekannt. Rajuru hatte gewusst, wie sie die Todsänger beherrschen und beseitigen konnte, wenn sie ihr nicht gehorchten. Sie hatte schon einige Todsänger zur Strafe in das Reich der Schatten und in die Flammen der Pein geschickt.
    Der Tod eines Todsängers war mit dem schrecklichen Schicksal der Flammen der Pein verbunden. Einige Unvorsichtige und die vom Glück Verlassenen erlitten dieses Ende.
    Murhab hingegen hatte nicht vor, mit den Flammen Bekanntschaft zu schließen. Der ewige Schmerz und das unendliche Leiden waren nicht das, was er sich für sein Ableben erhoffte. Er hatte Besseres verdient. Also musste er sich vorsehen. Jeder Schritt in dieser anderen Welt der Schatten war gefährlich.
    Er blieb noch für eine Weile in der Arena auf den Zuschauerrängen sitzen und beobachtete die Schatten, die sich nach ihren Freudenausbrüchen in einer langen Schlange vor dem Tor zum Nebel des Vergessens anstellten. Sie schienen zufrieden und warteten, bis sie an der Reihe waren. Einer nach dem anderen verschwand durch das Tor. Andere verließen die Arena in alle möglichen Richtungen, nur nicht durch das Tor. Es gab auch Schatten, die unzufrieden mit dem Ausgang des Kampfes waren. Sie hatten gehofft, Chromlion würde den ehemaligen Bewahrer besiegen.
    Er hatte ihre Gespräche belauscht. Sie unterhielten sich meist in stimmlosen Zischlauten oder einem eigenartigen Kreischen, was sich für seine Ohren bedrohlich anhörte. Fauchend flüsterten sie sich Worte zu. Murhab musste sich sehr konzentrieren, sie zu verstehen.
    Der Nebel des Vergessens war der endgültige Tod. Das schien allgemein bekannt im Reich der Schatten. Der Nebel brachte den Seelen die Ruhe und den Frieden, den sich die meisten unter ihnen erhofften. Er war die Erlösung von einem guten oder auch schlechten Leben. Manche Schatten – sie schienen nach Murhabs Einschätzung deutlich in der Unterzahl zu sein – waren noch nicht so weit. Die Vorstellung, alles zu vergessen, quälte sie. Sie konnten nicht loslassen. Vielleicht fürchteten sie sich vor der Ungewissheit und vor dem Ende.
    Murhab vermutete, dass ihr Leben nicht erfüllt war. Ihm fiel beim Belauschen einiger Gespräche auf, dass die mit dem Ausgang des Kampfes Unzufriedenen irgendetwas in ihrem Leben offen oder unerledigt gelassen hatten. Was auch immer es war, es brachte sie im Reich der Schatten dazu, an ihrem Leben und den Erinnerungen daran festzuhalten. Murhab konnte sie sogar verstehen, wenngleich er – hätte er die Wahl gehabt – den Nebel des Vergessens vorgezogen hätte. Er hätte den Bewahrer Madhrab angefeuert, was er sich allerdings nicht getraut hatte. Seine Tarnung durfte nicht aufgedeckt werden.
    Plötzlich kam Unruhe unter den Schatten auf. Murhab sah sich von der plötzlichen Nervosität angesteckt hektisch um. Was war geschehen? Hatte sich irgendetwas verändert? Wohin eilten die Schatten? Rasch verließen die Schatten die Arena, selbst diejenigen, die sich vor dem Tor zum Nebel des Vergessens angestellt hatten, folgten den anderen Schatten. Sie zischten und fauchten böse. Offensichtlich waren sie verärgert über die Störung.
    Murhab hatte Mühe, Schritt zu halten. Die Schatten flitzten in hoher Geschwindigkeit durch die Gänge ihres Reiches. Dabei wurden Wände, Decken und Boden gleichermaßen

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