Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Worte.
»Und dann?«, fragte der Uniformständer, dem der Schweiß unter der Mütze von der Stirn tropfte. Morgens um kurz nach acht.
Langsam machte ich mir Sorgen, wie lange diese Stadt bei der Hitze noch funktionsfähig sein würde.
Martin berichtete stockend, wie er die Tür geöffnet und die Bescherung gesehen hatte.
»War die Eingangstür abgeschlossen?«
»Äh …«
Martin lauschte in meine Richtung, aber da konnte ich ihm auch nicht helfen. Er hatte seinen Magnetkarten-Mitarbeiter-Ausweis
an die elektronische Türsicherung gehalten und die Tür in der Vermutung geöffnet, dass sein Ausweis sie entriegelt hatte.
Ob sie vorher auf oder zu war, wussten wir beide nicht.
»Wer hat denn normalerweise nachts Zugang zu diesem Bereich?«
»Ihre Kollegen, die Feuerwehr, die Bestatter, die Leichen anliefern …«
Der grüne Junge hatte Mühe, sich aus Martins Gestammel ein einigermaßen schlüssiges Bild zu machen, aber gemeinsam mit seinen
Kollegen von der Kripo und der Spurensicherung, die bald eintrafen, ergab sich ein wahrscheinliches Szenario. Offenbar war
während der Arbeiten im Bürotrakt ein Elektrokabel gekappt worden, sodass die elektronische Türverriegelung ausgeschaltet
war, und so war der Zugang zu den Kühlfächern offen gewesen. Nachts hatten die Totentransporteure zwei Leichen eingeliefert:
einen Typ aus einer Kneipe, der tot vom Hockergekippt war, und einen zweiten Mann, der, laut Information der Kripo, Opfer einer Messerstecherei geworden war.
Der war jetzt wieder weg.
Zunächst fuhr Martin ins Büro, um seinen Chef zu informieren.
»Eine Leiche fehlt, sagen Sie?«, fragte Forch sichtlich irritiert.
Martin nickte. Er hatte sich sicherheitshalber sein Jackett übergezogen, bevor er zum Sparschwein gegangen war, auch wenn
ich ihn dezent darauf hingewiesen hatte, dass der Mann vermutlich kein gesteigertes Interesse daran hatte, seine Nippel zu
sehen.
»Wer?«
»Das Opfer einer Messerstecherei, so steht es auf dem Einlieferungsschein. Offenbar war von uns niemand am Fundort.«
Das Sparschwein sah Martin fragend an.
»Normalerweise wird die Rufbereitschaft zu einer Leiche gerufen, wenn die Todesursache fraglich oder eine Blutspurenmusteranalyse
nötig ist«, erklärte Martin. »Aber offenbar haben die Kollegen von der Kripo uns nicht angefordert.«
»Bekommt das Institut diese nächtlichen Einsätze bezahlt?«, fragte das Sparschwein.
Martin blickte ihn verständnislos an.
Das Sparschwein winkte ab. »Gut, das kläre ich selbst. Nächste Frage: Sind wir gegen so etwas versichert?«
In Martins Hirn ploppten dicke Fragezeichen aus der Gedankensuppe. »Versichert?«
»Das war ein Diebstahl, oder?«
»Äh, ich bin mir nicht ganz sicher, wie die rechtliche Situation in dieser Frage ist«, murmelte Martin. »In derFrage unserer Haftung für den Verbleib der Leiche hingegen …«
»Nun, dann bringen wir das mal in Erfahrung. Das mit der Versicherung, meine ich. Hätten Sie eine Idee, mit welchem Wert wir
eine Leiche ansetzen sollten? Vielleicht …« Das Sparschwein schloss kurz die Augen. »Mit dem Wert der Obduktion einschließlich aller Nebenkosten und Overheads.« Er
blickte Martin fragend an. Als dieser sich nicht rührte, wedelte das Sparschwein ihn mit der rechten Hand weg. »Danke für
die Information.«
Martin verließ das Büro seines Chefs in gedanklicher Unordnung und erstattete Katrin und Jochen Bericht. Beide waren nicht
nur schockiert, sondern zu Tode erschrocken.
»Verdammt, hier geht alles drunter und drüber. Jetzt sind nicht einmal die Toten mehr sicher!«, platzte Katrin heraus. »Ich
gehe in Zukunft nur noch mit Pfefferspray da unten rein.«
»Ich auch«, stammelte Jochen. Dabei ist er schon älter, an die fünfzig, da hat man sowieso nicht mehr viel vom Leben zu erwarten.
Wovor hatte er also Schiss?
»Und was, zum Teufel, will einer mit unserer Leiche?«, murmelte Katrin weiter.
»Das möchte ich mir lieber gar nicht erst vorstellen«, sagte Jochen mit schiefem Grinsen.
»Lasst uns überlegen, was jetzt zu tun ist«, sagte Martin.
»Warum sollten wir das überlegen?«, giftete Katrin. »Wofür haben wir unseren hoch bezahlten Chef?«
»Weiß ich auch nicht«, blitzte es kurz in Martins Gehirn auf, und das war schon so ziemlich der ketzerischste Gedanke, den
er sich zu dem Thema je erlauben würde. Er sprach ihn natürlich nicht aus, sondern unterdrückte ihn schnell. »Wir sollten
eine Bestandsaufnahme der
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