Küss mich, Sweetheart: Roman (German Edition)
grüner Efeu. Um das Grundstück herum stand ein weißer Palisadenzaun. An der Seite des Mannes saß ein Hund auf seinen Hinterpfoten.
Der Mann hatte dunkles Haar, das im Sonnenlicht beinahe blauschwarz schimmerte. Er trug eine glatte Kurzhaarfrisur. Sein Kinn war eckig. Sein Mund lächelte nicht. Seine Nase war markant, ohne jedoch das Gesicht zu dominieren.
Obwohl es sich um ein Farbfoto handelte, ließ sich die Farbe seiner Augen nicht erkennen. Er blickte direkt in die Kamera, als wollte er dem Fotografen und der Welt sagen: Ihr könnt euch ruhig ein wie immer geartetes Bild von mir machen, es entspricht mir doch nicht. Aber was dem Mann entsprach, was er versprach, daran gab es für Gillian keinen Zweifel, er versprach jede Menge Ärger, ÄRGER mit Großbuchstaben.
Wenn es etwas gab, das sie in ihrem Leben nicht gebrauchen konnte, vor allem jetzt, dann war das zusätzlicher Ärger. Der Ärger, mit dem sie sich in den letzten drei Monaten hatte herumschlagen müssen, reichte aus für den Rest ihres Lebens.
Es war einer der Seniorpartner von Dutton, Dutton, McQuade & Martin gewesen, der ihr an jenem trostlosen Tag im Februar an ihrem Konferenztisch vor der düstergrauen Manhattan-Skyline, die sich gegen den grauen Winterhimmel abzeichnete, gegenübergesessen und eröffnet hatte: »Es war der Wunsch Ihres Großvaters, Ms. Charles.«
»Sein Wunsch?«
Der Herr in dem eleganten, maßgeschneiderten Businessanzug blätterte nicht etwa nervös in den Papieren, die er vor sich liegen hatte, er wand sich auch nicht in seinem Stuhl oder mied den Augenkontakt. Er begegnete ihr offen und nannte die Dinge direkt, ja fast schon unverblümt beim Namen. »Ganz recht, die Verfügungen Ihres Großvaters, an denen sich nicht rütteln lässt, zumindest nicht in rechtlicher Hinsicht.«
Gillian atmete tief ein und ließ die Luft langsam wieder herausströmen. »Sie kannten meinen Großvater über eine lange Zeit.«
»Ja, das stimmt.«
Sie befeuchtete sich die Lippen. »Sie waren zwanzig Jahre lang sein persönlicher Rechtsberater.«
»Das ist auch richtig.«
Gillian sah dem Seniorpartner gerade ins Gesicht und fragte, ohne eine Regung zu zeigen: »Warum bestand er darauf, für die Übernahme des Treuhandvermögens solch« – sie erwog kurz, das Wort »verrückt« zu benutzen, entschied sich dann aber für eine diplomatischere Variante – »ungewöhnliche Konditionen zu diktieren?«
Thaddäus Martin, Urenkel von dem Martin in Dutton, Dutton, McQuade & Martin, musste zugeben: »Das Einzige, was ich je aus Jacob herausbekommen habe, war: ›Es ist mein letztes Geschenk an Gillian.‹ Mehr nicht.«
»Geschenk?« Sie erstickte beinahe an dem Wort. Ihr Großvater hatte diese hirnrissige Verfügung als sein letztes Geschenk an sie angesehen?
»Das genau waren Jacobs Worte.«
Einen kurzen Moment herrschte Schweigen in dem Konferenzraum. »Uns sind die Hände gebunden«, fuhr er fort, ohne den Versuch zu unternehmen, Ausflüchte oder Entschuldigungen für die rechtliche Misere, in der sie sich befand, anzubringen. »Wir sind gehalten, die ganze Sache einem ortsansässigen Anwalt zu übergeben.«
»Jemand Bestimmtem?«
»Jacob hat in der Tat einen Rechtsanwalt am anderen Ende von Amerika bestimmt.« Thaddäus Martin (Taddy für seine ältesten und besten Freunde) rutschte tiefer in seinen Sessel und wandte sich an den anderen Mann im Konferenzraum.
Sie wusste, Trace Ballinger war der jüngste Partner in der langen und illustren Kanzleigeschichte. Jetzt ergriff er das Wort. »Jacob erkannte einen ehrlichen Menschen und brillanten Anwalt auf Anhieb.«
Sie hielt ihre Gefühle fest im Zaum. »Mein Großvater hatte wirklich einen Blick für die besten Leute.«
»Er wusste, dass Sie bei Samuel Law in guten Händen sind, in den besten«, versicherte ihr Trace.
Gillian kannte Trace nicht besonders gut, aber sie erinnerte sich, dass er Cora Grant bis zu ihrem Tod im letzten Jahr vertreten und kürzlich irgendein Geschäft für eine alte Freundin abgewickelt hatte, für Schuyler Grant.
Sie wusste auch, dass er jetzt mit Schuyler verlobt war und dass die beiden bald heiraten wollten.
»Dann ist also Samuel Law mein neuer Anwalt?«
»Ja«, bestätigte er.
An diesem Punkt des Treffens hielt ihr der Seniorpartner der Kanzlei den Schnappschuss hin. »Das ist die einzige Fotografie, die wir in unseren Akten haben.«
Sie nahm das großformatige Foto entgegen und warf einen flüchtigen Blick darauf. Ohne sich direkt an einen der beiden
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