Kuess mich, und ich bin verloren
war ein außergewöhnlich kostbares Geschenk, aber er hatte immer behauptet, Cleas Freude zu sehen, sei es wert gewesen.
Sie zog Brand weiter, hin zur Vitrine in der Mitte des Raums. Als sein Blick auf die Maske darin fiel, hielt er inne. „Woher habt ihr die?“
„Aus derselben Sammlung wie die Vase dort hinten. Ich nenne die Maske ‚Die Tempelfrau‘. Vermutlich ist sie aus einem der Tempel der Inanna.“
„Der Freund deines Vaters hat sie dem Museum verkauft?“
Etwas in Brands Stimme alarmierte Clea. Dennoch sagte sie möglichst unbeschwert: „Genau.“
„Manchmal überlege ich, ob die Antiken nicht am besten an ihrem Fundort bleiben sollten. Dann gäbe es keine Unklarheiten.“
Clea drehte sich zu ihm. „Dann gehört der Pergamonaltar also in die Türkei?“
Er zuckte die Schultern. „Vielleicht ja.“
„Brand!“
„Warum nicht?“, verteidigte er seine Haltung. „Die Türkei würde sich freuen. Und Ägypten hat schließlich auch versucht, den Stein von Rosette wiederzubekommen.“
Als Museumsfrau konnte Clea das nicht einfach hinnehmen. „Es würde ein großes Loch in den Sammlungen hinterlassen, wenn solch beliebte Objekte zurückgegeben würden. Denk doch nur an all die Besucher, die hier überhaupt erst den Anstoß erhalten haben, sich mit fremden Kulturen zu beschäftigen. Und wie viele Leute mögen schließlich in eins der anderen Länder gereist sein? Ist das nichts wert?“
„Ja, und dennoch gehören all diese wunderbaren Dinge eigentlich den Menschen in den Herkunftsländern.“
„Nur müssen wir manchmal für andere Kulturen deren Schätze bewahren – Schätze, die für die gesamte Menschheit von Bedeutung sind.“
„Bewahren, ja. Aber nicht ihnen stehlen“, sagte Brand leise.
„Was meinst du damit?“
Er runzelte die Stirn. „Das weißt du nicht?“
„Jetzt rede nicht in Rätseln.“
Brand musterte sie eingehend. „Bist du noch immer so naiv?“
„Das bin ich nicht!“
Brand musste lächeln, so vehement sagte sie es. „Dabei hat deine Naivität doch gerade deinen Charme ausgemacht.“
Clea wusste nicht, ob sie sich geschmeichelt oder beleidigt fühlen sollte. Auf jeden Fall musste sie dahinterkommen, was Brand gemeint hatte.
„Warum soll ich naiv sein?“
Brand sah sie an. „Findest du es nicht merkwürdig, wenn ein Sammler so viele erstklassige Stücke hat, für die es keinen Herkunftsnachweis gibt?“
Clea war einerseits erleichtert und andererseits auch verwirrt. „Es gibt doch Nachweise, auch für die Zeit vor 1970. Seit wann ist etwas Diebesgut, das ganz regulär erworben wurde?“ Sie klang jetzt ungeduldig. „Und was ist mit dir? Hast du etwa nicht zehn Jahre lang gut daran verdient, mit Antiken zu handeln? War das alles Diebesgut?“
„Ich habe stets äußerste Sorgfalt walten lassen, um auszuschließen, dass unter meinen Objekten illegal erworbene Stücke waren. Das weißt du ganz genau. Natürlich hätte ich es einfacher haben können, aber wie ich dir damals gesagt habe, als ich die Tafel dort“ – er wies in Richtung der Vitrine – „gekauft habe, stand das für mich immer an erster Stelle.“
Er hatte ja recht, und sie war damals von seiner Ehrlichkeit begeistert gewesen. Aber noch immer hatte sie den Eindruck, er würde sie wegen irgendetwas anklagen. „Was meinst du also?“
„Vor zehn Jahren war ich mit dem SAS in Istanbul und habe dort eine Ausstellung mit antiken Objekten gesehen, die nie zuvor gezeigt worden waren. Die Einladung hatte Anita mir besorgt. Einige der Objekte waren aus dem Irakischen Nationalmuseum, darunter eine wirklich einzigartige Maske. So etwas habe ich weder vorher noch nachher je wieder gesehen. Und doch liegt hier ein absolut identisches Ebenbild.“
Clea verstand, dass er ihre Tempelfrau meinte.
„Unmöglich.“ Ihr Herz schlug schneller. „Laut den Unterlagen befindet sich die Maske schon seit mehr als fünfzig Jahren in den USA.“
Nur war Brand kein Lügner, und er würde auch nie vorschnell etwas behaupten. Und zu glauben, bei der Maske könne es sich zufällig um ein Zwillingsstück handeln, war lächerlich – insbesondere, wenn man noch an die Vase der Inanna dachte, die ebenfalls einen Zwilling besaß. Clea konnte die Wahrheit nicht länger verdrängen.
„Du behauptest also, wir hätten Diebesgut gekauft? Und dass die Objekte gar nicht von dem Freund meines Vaters stammen?“ Ihre Hände wurden feucht. „Das ist eine schwere Anschuldigung gegenüber dem Museum.“ Und gegenüber
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