Küsse im Morgenlicht
Wandel vollzogen hat.«
Um Lucs Mundwinkel begann es, verräterisch zu zucken. Immerhin waren die Beobachtungen der Damen eine recht präzise Beschreibung dessen, was sich auch tatsächlich gerade ereignete. »Tja, aber welchen Beweis haben diese ehrwürdigen Herrschaften denn, dass sie es wagen, solche Behauptungen aufzustellen?«
»Man hat bemerkt, dass ihr beide neuerdings ungewöhnlich viel Zeit miteinander verbringt, und dass vor allem du alles daran zu setzen scheinst, stets in Amelias Nähe zu sein. Außerdem hat man natürlich registriert, dass ihr beide eine gewisse Neigung entwickelt habt, euch dann und wann immer mal wieder aus dem Geschehen zurückzuziehen. Selbstverständlich bleibt ihr nie zu lange weg... Und doch sieht man es mit leichtem Missfallen, wie regelmäßig ihr euch von den anderen Gästen distanziert.«
»Nun, das klingt doch alles genauso, wie es im gegenwärtigen Stadium auch klingen sollte.« Luc schaute Minerva an. »Was hast du den Damen denn geantwortet?«
Mit großen Augen erwiderte sie seinen Blick. »Na, was soll ich denn wohl erwidert haben? Ich habe natürlich gesagt, dass ihr beide euch bereits seit Jahren kennt und schon immer ein sehr enges Verhältnis zueinander gehabt hättet.«
Er nickte. »Ich dachte nur, dass du dich mittlerweile vielleicht auch selbst schon gefragt hast...«
Mit erhobenen Brauen sah sie ihn an. »Welches Datum ihr ins Auge gefasst habt?«
In ihrer Stimme schwang so ein gewisser Unterton mit, der ihn instinktiv innehalten ließ. »Diese Entscheidung hängt natürlich nicht nur von mir -«
»Luc.« Minerva blickte ihn geradeheraus und recht durchdringend an. »Wann?«
Luc wusste, wann es sich nicht mehr lohnte zu kämpfen. Er gab auf - zumal er ja gerade im Kapitulieren in letzter Zeit schon so seine Erfahrungen hatte sammeln dürfen. »Monatsende.«
»Und die Hochzeit?«
Luc biss die Zähne zusammen. »Monatsende.«
Minerva riss erstaunt die Augen auf. Dann legte sich ein nachdenklicher Ausdruck über ihr Gesicht. »Ah, ich verstehe. Das erklärt so einiges.« Erneut blickte sie ihm scharf ins Gesicht, dann tätschelte sie seinen Arm. »Also gut. Zumindest weiß ich jetzt, was mich erwartet... und wie ich mit den Klatschtanten umzugehen habe. Überlass die einfach alle mir.«
»Vielen Dank.«
Minerva schaute ihren Sohn an, lächelte und schüttelte schließlich den Kopf. »Du entscheidest selbst, was du tust, ich weiß. Aber sieh dich vor, mein Sohn. Die Ehe wird für dich nicht so ein Zuckerschlecken sein, wie du es dir im Augenblick vielleicht noch ausmalst.«
Noch immer leise lächelnd ließ sie ihn stehen. Luc schaute ihr nach, in den Augen einen grüblerischen Ausdruck. In seinem Kopf schwirrte nur eine einzige Frage: Was wollte seine Mutter ihm damit sagen?
Frauen - ein notwendiges Übel! So zumindest lautete ungefähr die Einsicht, zu der Luc mittlerweile gekommen war. Die Frage war nur, was genau eigentlich dieser angeblich notwendige Teil sein sollte. Und was den Rest anbelangte... nun, man würde wohl einfach lernen müssen, damit umzugehen. Einen anderen Weg gab es offenbar nicht, wenn man nicht in der Klapsmühle landen wollte.
Um in den nächsten Tag ein wenig Abwechslung hineinzubringen, hatte man geplant, sich zu einem Picknick nach Merton zu begeben. Und Luc wusste genau, was er unter einem Picknick zu verstehen hatte: Gaumenfreuden und idyllische Umgebungen. Aber auch wahlweise steinigen, beziehungsweise matschigen Untergrund, Bäume mit unbequem harter Rinde und neugierige Enten - allesamt Herausforderungen, die er schon in seiner unausgegorenen Jugend hatte meistern müssen.
Doch diese Jahre lagen bereits lange hinter ihm, und er hatte gehofft, dass er damit auch die Phase der Picknicks endlich überwunden hätte.
»Eine Chaiselongue in einem Gewächshaus wäre mir allemal lieber.«
»Wie bitte?«
Luc warf einen raschen Blick zu Amelia hinüber, die neben ihm auf dem Kutschbock der Karriole Platz genommen hatte.
»Ach, nichts. Hab nur so vor mich hingemurmelt.«
Amelia grinste und schaute wieder nach vorne. »Ich hab Cousine Georgina schon seit Jahren keinen Besuch mehr abgestattet.«
Sie freute sich auf das Wiedersehen und auf die Gelegenheit, endlich einmal mehr als bloß ein paar heimliche Minuten an Lucs Seite verbringen zu dürfen. Denn sie wollte ihm unbedingt noch ein wenig näher kommen, wollte mehr über den Zauber erfahren, den Lucs Berührungen in ihr heraufbeschworen. Sie wollte sich mitreißen lassen
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