Küsse niemals deinen Chef! (German Edition)
Genugtuung verschafft hat, davon zu hören.“
„Und Charlotte?“
„Sie war besser dran. Wie sich herausstellte, gab es einen anonymen Wohltäter, der dafür sorgte, dass sie nicht unter den Eskapaden ihrer Mutter litt. Heute ist sie in einem Schweizer Internat untergebracht, und nach allem, was man hört, soll es ihr ausgezeichnet gehen.“
„Glückliche Charlotte“, murmelte Grace und verbarg ein Lächeln. „Aber ich dachte, du hättest dein ganzes Erbe verprasst?“
„Die Hälfte“, erinnerte er sie stoisch. „Mit fünfundzwanzig hatte ich es mir nicht nur zurückerobert, sondern sogar aufgestockt. Ich habe es einfach nicht ertragen, von einem viel älteren und viel weniger attraktiven Mann ausgestochen zu werden. Dann ist es mir schon lieber, man weist mich wegen meiner unrühmlichen Charaktereigenschaften ab“, endete er neckend.
„Das geht uns doch allen so“, hatte Grace sein melodramatisches Statement abgeschwächt und Lucas damit ein schiefes Lächeln entlockt.
„Das sind alles schwerwiegende Geheimnisse, Grace. Kann ich darauf vertrauen, dass du sie für dich behältst?“
„Du wirst wohl einfach abwarten und hoffen müssen.“
Grace hatte überrascht gequiekt, als Lucas sie daraufhin mit einem Ruck zu sich heruntergezogen hatte. „Wenn ich schon Geduld beweisen muss, dann kannst du mir wenigstens dabei helfen, die Wartezeit zu verkürzen.“
Grace beendete das morgendliche Meeting so schnell wie möglich und schickte ihre Teammitglieder mit einem aufmunternden Lächeln an die Arbeit.
Noch bevor sie sich selbst auf den Weg zu Wolfe Manor machen konnte, musste sie sich einem Gespräch mit Charles Winthrop stellen, der seine Eventmanagerin per SMS aufgefordert hatte, sich umgehend telefonisch bei ihm zu melden.
„Wir sollten reden …“, forderte auch Lucas, als sie an ihm vorbei den Raum verlassen wollte.
„Da gibt es nichts zu reden“, wehrte sie mit gedämpfter Stimme ab und löschte Wintrophs Nummer, die sie schon halb eingetippt hatte. „Passiert ist passiert. Jetzt können wir uns nur noch um Schadensbegrenzung bemühen.“
„Grace …“ Der autoritäre Unterton in seiner Stimme ließ sie überrascht aufschauen. Sie standen bereits am Fuß der Treppe, die hinauf zu den Gästezimmern führte. „Mr Winthrop wartet auf meinen Anruf“, informierte sie ihn.
„Ich war es nicht“, sagte Lucas ernst und eindringlich. „Ich habe die Fotos nicht an die Presse weitergegeben.“
Grace blinzelte verwirrt. „Aber das ist mir nicht eine Sekunde in den Sinn gekommen …“ Es hörte sich an, als wäre sie selbst darüber erstaunt, und so war es auch.
„Trotzdem ist es mein Fehler, und ich übernehme die alleinige Verantwortung. Darum werde ich auch selbst Charlie Winthrop anrufen und …“
„Danke für das Angebot, aber nein“, unterbrach Grace ihn rasch und schüttelte heftig den Kopf. „Das ist allein mein Problem, und ich werde schon damit fertig.“
„Hör zu, allgemein hält man mich für einen notorischen Frauenverführer, und niemand wird daran zweifeln, dass ich dich in die Falle gelockt und überrumpelt habe. So war es doch auch wirklich.“
Zu ihrer eigenen Überraschung hörte Grace sich lachen. Nicht hysterisch, sondern wie befreit. Wann hatte sich ihre Einstellung zu Lucas Wolfe so grundlegend geändert, dass sie plötzlich keine Angst mehr vor seinem schlechten Einfluss hatte, sondern seine Nähe einfach nur genoss? Auf jeden Fall war es aufregend, belebend und … kraftspendend.
„Nicht du hast mich verführt, sondern umgekehrt. Das wollen wir doch zunächst einmal festhalten!“, erinnerte sie ihn selbstbewusst. „Und Charlie Winthrop geht das alles gar nichts an, was ich ihm auch eindeutig klarmachen werde, wenn ich ihn gleich anrufe. Wie du selbst gesagt hast, Lucas, es sind nur ein paar harmlose Bilder und schmutzige Mutmaßungen. Wen stört das?“
„Dich …“, presste er hervor. „Und Charlie Winthrop.“
„Mich sollte es tatsächlich stören, oder? Aber ich überrasche mich gerade selbst“, stellte Grace fest. „Erwartet habe ich überwältigende Scham, Wut und Angst. All das, was mich überfallen hat, als ich den Folder mit den Fotos neulich auf meinem Schreibtisch gefunden habe.“
„Den ich dort hingelegt habe“, ergänzte Lucas. „Und trotzdem hast du mich in dein Bett gelassen. Verstehst du denn nicht, worauf ich hinaus will, Grace?“, fragte er verzweifelt. „Es ist nur meine verdammte, attraktive Fassade, mit der ich die
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