Küsse niemals deinen Chef! (German Edition)
Wichtigeres zu tun, als sich mit diesem extrem dreisten, wenn auch zugegebenermaßen sehr attraktiven Playboy abzugeben. Denn wenn Grace etwas hasste, dann kostbare Zeit zu verschwenden.
„Tut mir leid, gerade heute bin ich sehr …“
„Warum habe ich das Gefühl, Ihnen schon einmal begegnet zu sein?“, unterbrach der unhöfliche Kerl sie nicht zum ersten Mal.
Seine dunkle, träge Stimme jagte heiße Schauer über ihren Rücken. Sie konnte doch unmöglich auf den zynischen Charme dieses gewieften Frauenhelden reagieren? Nicht sie, die sich immer für stark und unerschütterlich gehalten hatte, was das andere Geschlecht betraf!
„Keine Ahnung“, log sie kühl. Das war normalerweise nicht ihre Art, aber sie würden sich ja glücklicherweise nie wiedersehen.
Warum war er überhaupt hier? Und was war nach ihrem zufälligen Zusammentreffen in der letzten Nacht geschehen? Die zynische Langeweile, die Lucas Wolfe noch vor wenigen Stunden in der schicken, überfüllten Hotelbar zur Schau gestellt hatte, war einem Verhalten gewichen, das ihr sehr viel faszinierender und gefährlicher erschien. Es war, als brodelte eine unterschwellige Wut in seinem Innern, die er hinter seiner gewohnt arrogant lasziven Fassade zu verbergen suchte. Möglicherweise bildete sie sich das alles aber auch nur ein.
„Ich weiß, dass ich Sie schon einmal gesehen habe“, beharrte Lucas und schien sie mit seinen funkelnden grünen Augen zu durchbohren. Betont langsam ließ er den Blick von ihrem Gesicht zu dem exklusiven Carolina-Herrera-Outfit und wieder zurück wandern. „Sie haben einen bemerkenswert anziehenden Mund. Aber wo sind wir uns begegnet?“
Hitze breitete sich an jeder Stelle ihres verräterischen Körpers aus, die seine Augen gerade prüfend gemustert hatten: in ihren Brüsten, dem flachen Bauch, den Hüften und …
Streng sagte Grace sich, dass Lucas Wolfe offenbar instinktiv jedem weiblichen Wesen Blicke gönnte, die zwar von heißen Liebesnächten sprachen, für ihn aber nicht mehr bedeuteten als für andere Männer ein höflicher Händedruck.
Trotzdem bewirkte sein unverschämtes Verhalten eine Reaktion in ihr, die sie alarmierte und an das naive, dumme Ding erinnerte, das sie vor langer Zeit gewesen war. Männer wie Lucas Wolfe zerstörten sorglos das Leben anderer, einfach nur, weil sie es konnten. Das wusste Grace besser als jeder andere.
„Er ist schon ein heißer Typ, oder?“, hatte ihr Mona, die Modeeinkäuferin von Hartington, letzte Nacht in der Bar zugeflüstert und Grace damit erst auf Lucas aufmerksam gemacht. Zu dem Zeitpunkt hatte er deutlich betrunkener und noch derangierter gewirkt als momentan – und das anlässlich einer exklusiven Modenschau von Samantha Cartwright, einer von Londons angesagtesten Avantgardedesignerinnen.
Mona hatte geradezu lustvoll geseufzt, während sie quer über den trendigen Glastresen hinweg beobachtete, wie Lucas mit der Stardesignerin flirtete, ungeachtet der allgemeinen Aufmerksamkeit, die er dabei erregte.
„Sollte er auch nur per Zufall in unsere Richtung schauen, haben wir glücklicherweise die Order, ihn wie einen König zu behandeln“, murmelte Mona dann auch noch wie in Trance. „Befehl aus der Chefetage.“
Darauf hatte Grace nur abwesend genickt. Sie selbst sah absolut keine Gefahr, in den Gesichtskreis des notorischen Playboys zu geraten, der nicht nur für seinen verheerenden Charme berühmt war, sondern auch für die standhafte Weigerung, einer ernsthaften Tätigkeit nachzugehen. Das galt ganz besonders für das jahrelange Drängen der Geschäftsleitung von Hartington, Lucas Wolfe für einen Posten in der Chefetage zu gewinnen, wie sein verstorbener Vater ihn einst besetzt hatte.
Während sie Lucas Wolfe abwesend musterte, verspürte Grace Widerwillen, Ekel und zugleich eine seltsam übersteigerte Wahrnehmung seiner Person. Wie brachte es dieser Mann nur fertig, Sympathie auf sich zu ziehen, während er sich mit der sehr viel älteren und sehr verheirateten Samantha Cartwright hemmungslos in ein erotisches Geplänkel stürzte? Und das inmitten der Crème de la Crème der Londoner Society! Als wäre er im Recht und alle anderen nur Spießer und Spielverderber …
Trotzdem hatte sein Charme zumindest gestern nicht ausgereicht, um ihn vor Samanthas Ehemann zu schützen. Als dieser die Turteltauben zusammen erwischte, demonstrierte er seine Missbilligung, indem er spontan das markante Gesicht des dreisten Verführers verunzierte.
Der Umstand, dass
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