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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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kurzem in der Navarchie.
Sie befanden sich noch in der Lernphase, und ihre Unwissenheit war
für Dicogra befremdlicher als die speziesbedingten Unterschiede.
Um die beiden auch nur halbwegs als einsatzfähig zu bezeichnen,
hätte sie sich ein mehrmonatiges intensives gemeinsames Training
gewünscht, aber daran war in diesen Krisenzeiten nicht zu
denken.
    Ein paar Lichtsekunden weiter vorne blitzte starke, langwellige
Strahlung auf, ein Zeichen dafür, dass etwas – genauer
gesagt viele Einzelobjekte – in die Wolke aus Abfangmaterial
zwischen der Verteidigungslinie und den Invasoren geraten war, ohne
dass es zu größeren Kollisionen gekommen wäre.
    »Eine Ladung feindlicher Scheiße und eine Ladung
unserer Scheiße treffen aufeinander«, meldete Dicogras
Geschwaderführer über die optische Richtfunkverbindung.
    Die Kollisionswarnung ihres eigenen Schiffes begann zu piepsen und
zu blinken. Nutche, ihr Erster Offizier, war dafür
zuständig. Sie verfolgte mit halbem Auge seine Versuche, die
Automatik zu überwachen und auf das Ziel zu fixieren. Auf allen
Seiten flitzten kollidierende Teilchen wie winzige Granatsplitter mit
fast Lichtgeschwindigkeit an ihnen vorbei. Wir können nichts
tun, es gibt nichts anzugreifen, dachte sie. Wir können
nur hier sitzen und abwarten. Der fein verteilte Funkenregen
verdichtete sich zu einem hellen Glitzerband und legte sich wie ein
Lichtervorhang über ihr vorderes Sichtfeld.
    »Und ein Haufen…«, begann eine andere Stimme. Dann
brach die Verbindung knisternd zusammen.
    Zwei Schiffe in der Linie flammten grell auf und verschwanden:
eines am anderen Ende, vielleicht auch zwei, und…
    Die nächste Explosion überlud alle Sinne, als wäre
sie unmittelbar neben ihr erfolgt. Das Schiff des
Geschwaderführers. Obwohl hunderte von Kilometern entfernt,
erhellte es den ganzen Himmel. Grell weißen Feuerblüten
gleich raste ein Schwarm von lautlosen Explosionen in und um den
ersten Ausbruch nach außen. Ein massiver Treffer am anderen,
oberen Ende der Linie. Ringsum verrieten kleinere, weiter entfernte,
aber nicht weniger heftige Lichtblitze, dass auch andere Geschwader
aufgerieben wurden.
    »Wenn wir hier hocken bleiben, gehen wir vor die Hunde«,
sagte Dicogra so ruhig wie möglich. Eigentlich sprach sie nur zu
ihrer eigenen Besatzung; alle Verbindungen zum Rest des Geschwaders
und darüber hinaus waren gestört oder abgerissen.
»Nutche, was sagt die Fernaufklärung?«, fragte sie.
Sie konnte nichts sehen, aber ihre Displays waren ein klein wenig
abstrakter und ihre Daten etwas besser aufbereitet als auf den
Schirmen des Jajuejein. Vielleicht verbarg sich dort die Andeutung
eines Ziels, das sie nicht erkennen konnte.
    »Nichts«, sagte Nutche. »Das Kollisionslicht
versperrt die Sicht wie eine Wand.«
    Wieder explodierte fünfhundert Kilometer entfernt ein Schiff,
seine Materie zerstrahlte. Dicogra versuchte vergeblich, Kontakt zu
anderen Schiffen aufzunehmen.
    »Wir zünden die Triebwerke«, verkündete sie.
»Warum sollen wir untätig herumsitzen wie die Zivilisten,
wenn wir die Dreckskerle auch angreifen und wie Helden sterben
können.«
    »Madame!«, rief Mahil entsetzt. »Wir sollen die
Stellung halten!« Sie hatte damit gerechnet, dass der Whule
über die Befehlsverweigerung schockiert sein würde.
    »Machen Sie Ihre Geschütze bereit, Mr. Mahil. Wir suchen
Ihnen etwas, worauf Sie schießen können.«
    »Ich protestiere. Aber die Geschütze sind
bereit.«
    »Dann los.« Dicogra jagte das Haupttriebwerk hoch. Das
Schiff machte einen Satz nach vorne, der Abgasstrahl leuchtete auf,
sie rasten auf die Lichtmauer zu.
    Traubengroße Elemente einer Sensorgruppe, die zusammen mit
der hyperschnellen Munition vorüberraste, fingen die
Triebwerkssignatur sofort auf und piepsten einen nachfolgenden
Kamikaze-Raketenwerfer an. Der Einschüsser zerstörte sich
selbst und jagte dabei einen Fächer aus harten
Röntgenstrahlen auf das Zielobjekt zu.
    Die NMS 3304 wurde unglücklich getroffen. Zwar wurde
sie nur von drei etwa fingerdicken Strahlen durchbohrt, das aber so
lange, dass sich die Geschwindigkeitsvektoren des Schiffes und die
der kurzlebigen Strahlen addierten und die Löcher sich durch die
Bewegung um einige Radien vergrößerten. Die Antimaterie im
Triebwerkskern explodierte in einem Strahlensturm, das Schiff wurde
in Stücke gerissen, die Trümmer wurden nach vorne in das
Funkenband geschleudert. Von hinten prallte eine langsamere
Schuttwelle auf die Wand aus Kollisionslicht und

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