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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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ließ sie
für einen Moment noch heller erstrahlen.
    Dicogra spürte nur das aufkeimende Entsetzen, zum Denken
blieb ihr keine Zeit mehr.
    Nutche, der Jajuejein, konnte noch die erste Silbe des
›Gesangs der Kapitulation‹ vor dem Tod anstimmen.
    Der Whule Mahil setzte zu einem Schrei an, um seine Angst und die
Wut über seinen Captain zum Ausdruck zu bringen. Dann starben
alle drei, nur wenige Minuten bevor auch die letzten noch lebenden
Soldaten in ihrem Geschwader das Zeitliche segneten.
     
    Jaal Tonderon verfolgte den Beginn des Krieges auf einem der
staatlichen Nachrichtensender. Sie hatte sich mit ihren nächsten
Angehörigen auf eine Hütte in den Elcuathuyne-Bergen tief
im Süden von ’glantines Rumpfkontinent zurückgezogen.
Der Rest des Sept Tonderon – mit Ausnahme derjenigen, die
unmittelbar in den Krieg verwickelt waren – hatte sich in und um
die Stadt Oburine verstreut, einen bescheidenen Ferienort auf dem
Schwemmboden des tiefen Tals unterhalb des Hauses.
    »Sind auch wirklich alle versorgt?«, fragte Jaals
Mutter. Vielstimmiges Gemurmel versicherte ihr, dass niemand mehr
Hunger oder Durst litt. Man begnügte sich hier mit einem Minimum
an Dienerschaft, so dass jeder gewisse Arbeiten für sich und
andere erledigen musste. Alle waren ganz ernsthaft der Meinung, dass
dieses gemeinsame Zupacken in kameradschaftlicher Atmosphäre
eine gute Übung sei, aber sicher bald lästig werden
würde.
    »Mama, nun setz dich doch bitte hin«, mahnte Jaal. Jaals
Mutter gehorchte. Überschlank, wie sie war – Schlankheit
war nach Jahrzehnten Rubens’scher Fülle mit dem Krieg
wieder in Mode gekommen –, passte sie mühelos zwischen
ihren Gemahl und eine seiner Schwestern. Zehn Personen drängten
sich in dem fensterlosen Kellerraum an der Rückseite der
Hütte zusammen, angeblich dem sichersten Ort im ganzen Haus,
falls draußen etwas passierte. Wenn es im All um ’glantine
zu größeren Kämpfen käme, konnten die
Trümmer überall landen.
    Venn Hariage, der Nachfolger des immer noch betrauerten Braam
Ganscerel im Amt des Obersten Sehers, hatte verfügt, als
angesehenster Sept von allen könne sich der Sept Tonderon gerade
angesichts des traurigen Schicksals des Sept Bantrabal keine weiteren
Verluste leisten. So hatte man auf den berechenbaren Wechsel durch
die Jahreszeitenresidenzen verzichtet, das bekannte Revier aller
Septe weit hinter sich gelassen und sich in die hohen Berge am Rand
der Großen Südlichen Hochebene zurückgezogen. Bei
einem Krieg von den Ausmaßen, wie er jetzt bevorstand, konnte
man sich nirgendwo vollkommen sicher fühlen, aber hier war man
doch erheblich weniger gefährdet als an den meisten anderen
Orten. Noch mehr Schutz boten nur die Bunker tief unter der Erde, und
die waren fast alle vom Militär, der Omnokratie und der
Administrata besetzt.
    Einige Individuen und Organisationen hatten auf das Weltall
gesetzt und sich in kleine Habitate und besonders auf kleine
Zivilschiffe geflüchtet, um sich in den Weiten des Alls im
inneren System zu verstecken. Von Regierungsseite hieß es
freilich, dort laufe man Gefahr, für ein Militärschiff oder
eine Rakete gehalten zu werden, deshalb sei das Risiko
größer, als wenn man auf einem Planeten bliebe. Als
warnendes Beispiel diente der Industrielle Saluus Kehar, der mit
einem seiner eigenen Schiffe verschwunden war. Allerdings waren auch
wirre Gerüchte im Umlauf, wonach man ihn auf eine
Friedensmission zu den Invasoren geschickt habe, bei der er entweder
gescheitert sei oder – sicherlich noch unwahrscheinlicher –
die Seiten gewechselte habe, um zum Feind überzulaufen.
    Der Holoschirm lieferte nur ein flaches zweidimensionales Bild.
Offenbar wollte man mehr Signalkapazität für die
militärische Kommunikation reservieren. Die ungenauen Aufnahmen
von einer Kameraplattform irgendwo jenseits des Nasqueron-Orbits
zeigten das All am Rand des äußeren Planetensystems. Dort
stand eine gefleckte Lichtwolke, in der zahllose
Glitzerpünktchen aufflammten und wieder erloschen und je der
winzige Funke sofort durch einen oder zwei andere ersetzt wurde.
    »Und was sehen wir hier, Jee?«, fragte eine
körperlose Stimme in sachlichem Ton.
    »Dies, Fard«, kam die Antwort, langsamer, aber nicht
weniger kompetent, »sieht nach einem Sperrfeuer aus. Die
Verteidigungskräfte versuchen mit ihren Geschützen,
die… hm… die Invasoren an Übergriffen und
Grenzverletzungen zu hindern.«
    »… Richtig…«
    Größere, grell weiße Explosionen zuckten
über

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