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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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hörte bis zum Ende zu, dann sagte er:
»Schön, ich habe verstanden und willige ein.«
    »Gut. Dieses Konstrukt ist eine Projektion der Administrata
der Merkatoria unterhalb der Ministerebene, der von der Hohen
Kommandantur, Technikdivision, Oberste Hierarchiestufe,
Vorgesetztenstatus verliehen wurde. Es wurde abgestrahlt vom
Portralträger T-Schiff Esttaun Zhiffir. Es ist
berechtigt, empfindungsfähig zu erscheinen, ohne es
tatsächlich zu sein. Haben Sie das verstanden?«
    Fassin überlegte wieder und entschied sich für ein
knappes ›klar doch‹, fragte sich aber sofort, ob die
Projektion diese Art von umgangssprachlicher Affirmation wohl
verstehen könnte. Es sah ganz danach aus.
    »Gut. Seher Fassin Taak, Sie werden hiermit zur Ocula der
Justitiarität abkommandiert. Sie erhalten ehrenhalber den
Rang…«
    »Halt!« Fassin wäre fast aufgesprungen. »Was?«
    »Ehrenhalber den Rang…«
    »Nein, ich meine, wohin bin ich abkommandiert?«
    »Zur Ocula der Justitiarität. Sie erhalten ehrenhalber
den Rang…«
    »Die Justitiarität?« Fassin verschlug es
fast die Sprache. »Zur Ocula?«
    »Richtig.«
    Die barocken, bewusst unübersichtlich gehaltenen
Machtstrukturen der gegenwärtigen von der Culmina geprägten
Epoche verkörperten die Ambitionen von mindestens acht
Hauptspezies und etlichen großen Unterkategorien anderer
Raumfahrender Rassen und die Einschränkungen, die man ihnen
aufgezwungen hatte; sie ›kontextualisierten‹ (nach eigenem
Anspruch) auch mehrere kleinere Zivilisationen, die sich von ihrer
Größe und ihren Zielsetzungen her stark voneinander
unterschieden; und sie beeinflussten zumindest am Rande ein ganzes
Spektrums von weiteren Aliens. Eingebettet in dieses Gefüge
waren viele Organisationen und Institutionen, deren Namen den
Menschen – zumindest denen, die sich in solchen Dingen
auskannten – gehörigen Respekt, wenn nicht sogar Angst
einflößten.
    Die Justitiarität war dafür vielleicht noch das
harmloseste Beispiel; man respektierte sie – viele fanden die
Ziele, die sie verfolgte, sogar eher uninteressant –, aber
gefürchtet wurde sie kaum. Sie war ein paramilitärischer
Orden, ein fachspezifischer Zusammenschluss von Technikern und
Theoretikern einer Wissenschaft, die man früher als Informatik
bezeichnet hatte, und befasste sich deshalb, wenn auch nicht
ausschließlich, mit jenen Resttechnologien aus dem Bereich der
Künstlichen Intelligenz, die in ihren Funktionen so weit
beschnitten waren, dass sie auch nach dem Krieg noch existieren
durften.
    Vor mehr als siebentausend Jahren hatte der Maschinenkrieg die
überwiegende Mehrheit der KIs überall in der Galaxis
vernichtet. Der anschließende Frieden, von der Culmina
erzwungen und geprägt, verdankte seine Stabilität einem
Regime, das jegliche Forschung auf dem Gebiet der KI verbot und von
allen Bürgern verlangte, dass sie sich aktiv an der Jagd auf die
wenigen da und dort noch verbliebenen KI-Relikte und an ihrer
Zerstörung beteiligten. Die militärisch organisierte und
von einem festen Unterbau aus religiösen Dogmen getragene
Justitiarität war mit dem Betrieb, der Verwaltung und der
Wartung all jener IT-Systeme betraut, die auch nur annähernd
komplex genug waren, um durch Zufall oder durch gezielte Einwirkung
Intelligenz und Empfindungsfähigkeit entwickeln zu können,
aber für die Führung der verschiedenen von ihnen
abhängigen Gesellschaften als zu wichtig erachtet wurden, um
abgeschaltet und demontiert zu werden.
    Mit den Lustralen der Cessoria war ein zweiter und weitaus mehr
gefürchteter Orden gegründet worden, der die Aufgabe hatte,
nicht nur die KIs selbst, sondern auch alle Individuen
aufzuspüren und zu vernichten, die entweder versuchten, neue KIs
zu schaffen, oder bereits vorhandenen Schutz und Zuflucht
gewährten oder sie in anderer Weise unterstützten. Das
hatte allerdings nicht verhindert, dass innerhalb der
Justitiarität eine Geheimdienstabteilung – die Ocula –
entstanden war, die in ihrem Aufgabenbereich, ihren Methoden und
sogar ihrer Philosophie erhebliche Gemeinsamkeiten mit den Lustralen
aufwies. Fassin konnte sich keinen Grund vorstellen, warum er gerade
dieser Ocula, einer etwas zwielichtigen und angeblich auch leicht
bedrohlichen Organisation zugeteilt werden sollte.
    »Die Ocula?«, sagte Fassin. »Ich? Bist du da ganz
sicher?«
    »Absolut.«
    Streng genommen hatte er keine Wahl. Die Seher mussten, um ihre
Tätigkeit ausüben zu können, offiziell als eigener
Berufsstand innerhalb des

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