Kurtisanen leben gefaehrlich
konnte Beatrice Santi schon bieten?
Müde und resigniert zog ich eines der Kleider, die ich am Tage trug, aus dem Schrank und brachte es zum Bett hinüber, um mich dem Anlass angemessener zu bekleiden. Ich hegte nicht die Absicht, Beatrice Santi ein weiteres Mal in Hosen und Stiefeln gegenübertreten zu müssen.
Die Seide in dem zarten Blau, die mit weißer Spitze besetzt war, würde mich gut genug kleiden und ich zweifelte nicht daran, dass ich auch die passenden Schuhe vorfinden würde, wenn ich mir den Schrank genauer besah. Die Artista und ihre Dienerin hatten sehr gute Arbeit geleistet, das musste ich ihnen lassen.
Ich fragte mich, ob Antonia von Zeit zu Zeit zu meinem Heim zurückgekehrt war, hoffte jedoch, dass sie mir gehorcht hatte und dem Anwesen ferngeblieben war. Normalerweise hätte ihr keine Gefahr mehr drohen sollen, wenn der Fürst ohnehin meine Schwester in seiner Gewalt hatte. Sicher war ich allerdings nicht.
Ich versuchte, die Verzweiflung, die dieser Gedanke mit sich brachte, zu verdrängen und sah mich weiter in dem Gemach um, um mich endgültig davon zu lösen. Vielleicht hielt Beatrice Santi noch einige andere Überraschungen für mich bereit.
Bei der näheren Inspektion des Raumes stellte ich fest, dass Ophélie an meine Versorgung gedacht hatte und fand, unter einer silbernen Haube verborgen, ein leichtes Mahl mitsamt einer Kristallkaraffe voll roten Weines.
Unentschlossen betrachtete ich die Speisen und deckte sie dann wieder ab. Für den Augenblick war mir der Appetit vergangen und bei allem, was Ophélie mir brachte, war ich ohnehin misstrauisch. Ich erwartete nichts Gutes von der kühlen, spöttischen Mondiénnerin, die bislang keinen vertrauenswürdigen Eindruck auf mich gemacht hatte. Wann immer wir uns trafen, musterte sie mich mit einem abschätzigen Blick, der mir genau zeigte, was sie von einer Kurtisane hielt.
Ich hoffte, dass mein Aufenthalt bei der Artista nicht mehr von langer Dauer sein würde. Wenn sie sich wirklich dazu entschlossen hatte, uns zu helfen, würden wir ohnehin bald nach Porto di Fortuna abreisen müssen. Das Schiff der Prinzessin, das Andrea Luca und Bahir mit sich trug, würde bald anlegen und dann wurde unsere Zeit immer knapper.
Die Zeit, Angelina zu befreien und die Hochzeit zu verhindern. Bei dem Gedanken daran, dass es nun schon bald zu der Entscheidung kommen musste, die unser aller Zukunft bestimmen würde, wurde die Hitze der Wut von der Kälte der Angst aus meinen Gliedern vertrieben. Ich saß wie auf heißen Kohlen, als ich in meinen Gemächern auf dem riesigen Bett darauf wartete, dass Ophélie endlich erschien und mich ein weiteres Mal den Launen ihrer Herrin auslieferte.
Beatrice Santi verstand es beneidenswert, ihre Opfer lange genug warten zu lassen, um sie gefügig zu machen. Es dauerte unerträglich lange, bis Ophélie sich dazu herabließ, an meine Tür zu klopfen und zu melden, dass Madame mir endlich eine Audienz gewähren wolle.
Mit einem überaus liebenswürdigen Lächeln erhob ich mich von meinem Platz und bemerkte dabei zu meiner Zufriedenheit, wie Ophélie bei meinem Anblick stutzte und sich ihre Augen weiteten, bevor sie ihre Fassung wiedergewann. Scheinbar hatte sie nicht mit einer solchen Wandlung gerechnet. Mit eleganten Schritten folgte ich ihr durch die langen Flure des dunklen Hauses und ignorierte die unheimliche Stimmung und den betörenden Rosenduft, so gut es in meiner Macht lag. Diesmal war ich besser auf die Begegnung mit der Artista vorbereitet und die in meinem Inneren köchelnde Wut half mir dabei, die Fassung zu bewahren und einen möglichst selbstsicheren Eindruck zu machen, der über meine Unsicherheit hinwegtäuschte.
Sicherlich waren die Artiste Meisterinnen ihres Faches. Perfekt ausgebildet und mit ebenso perfekten Manieren, die der Adelsstand mit sich brachte. Doch eine Kurtisane stand ihnen darin in nichts nach, sofern sie eine gute Lehrmeisterin ihr Eigen genannt hatte. Und Signorina Valentina war eindeutig eine Meisterin, die Ihresgleichen suchte. Eine Begegnung zwischen ihr und Beatrice Santi wäre ein interessantes Schauspiel gewesen und noch nicht einmal Magie hätte es vermocht, über die Siegerin zu entscheiden.
Zu meinem Erstaunen führte mich die Mondiénnerin erneut in den Salon mit den Bildern, der mir zuvor einen solchen Schrecken eingejagt hatte, und zog sich dann ebenso leise zurück, wie sie gekommen war. Wenn sie nicht sprach, war Ophélie überaus leicht zu übersehen. Man hatte sie
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