Kurtisanen leben gefaehrlich
Empfindungen bewegt, deren Ursprung tief in der Vergangenheit verborgen war.
»Die Männer in meiner Familie neigen zu komplizierten Liebschaften. Ich scheine dabei keine Ausnahme zu sein.«
Er lächelte flüchtig und seine Augen streiften mich, das Lächeln erlosch jedoch sogleich und er erzählte weiter.
»Ich kann dir die Geschichte nur so erzählen, wie ich sie von meiner Mutter gehört habe und selbst ich kenne sie nicht in allen Einzelheiten. Die ganze Wahrheit kannst du allein von ihr und von meinem Vater erfahren. Möglicherweise noch von Maria und Giuseppe.«
Er unterbrach sich für einen Augenblick, um sich auf die alte Geschichte zu besinnen. Dann begann er, die Geheimnisse seiner Familie zu lüften, über die er so viele Jahre geschwiegen hatte.
»Es muss kurz vor der Hochzeit meines Vaters mit Gemma Alvorini geschehen sein, als er meiner Mutter auf einem Maskenball begegnet ist. Er wusste nicht, wer sich hinter der Schwanenmaske verbarg, obgleich es nicht schwer war, die Verbindung zum Wappen der Santi herzustellen. Es ist unnötig, zu erwähnen, dass sein Maskenball seitdem in jedem Sommer zu Ehren meiner Mutter stattfindet. Ebenso wie die Tatsache, dass sie diesem Fest niemals ferngeblieben ist. Sie hatten nie die Möglichkeit, lange miteinander glücklich zu sein und so haben sie jede sich bietende Gelegenheit dazu nutzen müssen.«
Er blickte mir tief in die Augen und lächelte dann geheimnisvoll. Es war nicht zu übersehen, dass die Geschichte seiner Eltern dicht mit der unseren verwoben war. Doch ob dies seine Absicht gewesen war, als er mich zum Maskenball seines Vaters geführt hatte oder Schicksal, blieb im Verborgenen.
»Er tanzte in dieser Nacht mit keiner Anderen mehr, als mit der jungen Frau mit der Schwanenmaske, deren geheimnisvolle Schönheit ihn auf der Stelle bezaubert hatte. Und er konnte sie von diesem Tage an niemals wieder vergessen. Aber auch der jungen Beatrice erging es nicht besser. Santes Lebensfreude und sein Charme ließen ihr Herz höher schlagen, wann immer sich ihre Augen trafen. Und so kam es, dass sie irgendwann in jener Nacht in den Garten hinaus wanderten und dort ihre erste Liebesnacht verbrachten. Eine Nacht, die nicht ohne Folgen blieb, wie sie später feststellen sollten.«
Ich hörte Andrea Luca aufmerksam zu und beobachtete dabei die verschiedenen Gefühlsnuancen, die über seine Züge tanzten. Ich erkannte das Leuchten in seinen Augen, als er von dem Ball sprach, sah jedoch auch das Zucken in seinem Mundwinkel, als er von den Folgen dieser Nacht erzählte, bei denen es sich um seine Existenz handelte. Dann verdüsterte sich sein Gesicht und seine Augen wurden hart, zeigten allerdings auch die darunter liegende Traurigkeit. Ich begann unbewusst damit, über seinen Handrücken zu streicheln und wartete ab, welchen Fortgang seine Erzählung nehmen würde.
»Noch in dieser Nacht, nachdem die Masken gefallen waren, schworen sich Beatrice und Sante, dass sie sich wiedersehen würden, sobald es eine Möglichkeit gab.
Zu dieser Zeit wusste Sante bereits, dass seine Geliebte verheiratet war. Und auch er würde bald vor den Altar Edeas treten, um eine Frau zu ehelichen, die er nicht liebte. Das Ergebnis dieser Nacht siehst du vor dir.
Es gelang meinen Eltern zunächst tatsächlich, ihr Geheimnis zu bewahren. Dann kam jener schicksalshafte Abend, an dem sie sich im Hause des Schuhmachers Giuseppe trafen, wie schon oft zuvor. Alles schien zu sein wie immer und so waren sie sorglos, bis sie den schrillen Schrei aus Marias Mund vernahmen, der sie warnte, dass jemand auf dem Weg nach oben war.
Es war Beatrices Mann, der seiner Frau zu ihrem Anwesen nach Porto di Fortuna gefolgt war und Rache an Sante nehmen wollte. Und er hatte Gemma Santorini bei sich, ebenso hochschwanger wie meine Mutter. Edea weiß, warum er das getan hat.«
Als er diesmal schwieg, dauerte es lange, bis er weiterredete. Seine Stimme klang so dunkel, als würde sie aus einer Gruft aufsteigen, die voll alter Erinnerungen und Schmerz war. Auch mein Herz schmerzte, als ich seinen inneren Kampf auf seinem Gesicht ablas und meine Hand fuhr unwillkürlich zu seiner Wange. Er schreckte davor zurück, als hätte ich ihn geschlagen. Erschrocken über seine Reaktion ließ ich die Hand sinken und verbarg sie in meinem Schoß. Es war Zeit, das Ende zu hören.
»Was nun geschah, hatte wohl keiner voraussehen können. Es kam zum Kampf zwischen den beiden Männern, der damit endete, dass das Rapier des
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