Kurtisanen leben gefaehrlich
warnend eine Hand nach mir aus, folgte meiner Blickrichtung. Ihre Augen verengten sich, als sie in meine Richtung sah, dann nahm sie ihre Hand zurück und nickte kaum wahrnehmbar unter dem weißen Schleier. Nun hatte Beatrice Santi ebenfalls das Wissen über die Existenz meiner Zwillingsschwester erlangt. Es fiel mir schwer, die pochende Angst in meinem Herzen zu ignorieren, die mich zu überwältigen drohte.
Ich biss auf meine Unterlippe, gleichgültig, ob dies Antonias vorherige Bemühungen zunichtemachen würde. Die Ruhe, die ich beim Eintritt in die Kathedrale empfunden hatte, war von einer Sekunde auf die nächste schlagartig verflogen.
Zitternd wartete ich ab, was als Nächstes geschehen mochte und kämpfte gegen das Rauschen in meinen Ohren an. Es übertönte die heiligen Gesänge, die dem Raum Harmonie und Frieden verleihen sollten, für mich jedoch nur grell und schmerzhaft klangen.
Schon bald veränderte sich die Musik und die Augen aller Anwesenden richteten sich gebannt auf das Eingangsportal. Auch ich wandte meinen Blick auf die doppelflügelige Tür und hielt den Atem an, als drei schöne, weiß gekleidete Jungfern den Raum betraten und Blüten auf den Teppich streuten. Ich kannte dieses Ritual, sollte es doch die Fruchtbarkeit Edeas verdeutlichen und dem Paar viele Kinder bescheren. Kälte floss bei diesem Anblick durch mein Inneres und ich schlang, nach Wärme suchend, die Arme um meinen Körper, auch wenn mir dies einige warnende Blicke der Artista einbrachte.
Bald schon traten die nächsten Mitglieder der Santorini Familie ein. Ein jeder von ihnen in strahlendes Weiß gekleidet, ganz gleich, ob Mann oder Frau. Ich musste nicht lange suchen, bis ich Andrea Luca in ihrer Mitte entdeckte.
Ganz in Schwarz, wie es seine Art war, hatte er sich dem Brauch, bei einer Hochzeit Weiß als Zeichen der Freude zu tragen, widersetzt und bot einen Anblick, bei dem sicher einigen der anwesenden Frauen die Röte in die Wangen stieg. Das Haar glänzte wie Rabenfedern und der schwarze Bart rahmte die vollen Lippen, die mich noch in der Nacht zuvor geküsst hatten. Sein Gesicht war ernst, seine langsamen Schritte hielten den Zug in seinem Voranschreiten auf und veranlassten den Fürsten auf der Empore dazu, die Stirn missbilligend in Falten zu legen.
Es war keine Frage, Andrea Luca brachte deutlich zum Ausdruck, was er von seiner Hochzeit hielt. Seine Kleider waren einfach. Sicherlich edel und von perfektem Schnitt, bis zu den hohen, glänzenden Stiefeln. Aber er hatte auf allen Schmuck verzichtet, der bei einer Fürstenhochzeit angemessen gewesen wäre, um nicht gegen die geltende Etikette zu verstoßen.
Ich lächelte unter dem Schutz meines Schleiers und auch Beatrice Santi gab neben mir ein knappes, belustigtes Geräusch von sich.
Der Zug teilte sich unterdessen und die Teilnehmer strömten zu beiden Seiten davon, um sich auf die vorderen Bänke zu verteilen. Andrea Luca kniete allein vor dem Altar nieder. Mein Herz sank, als ich ihn dabei beobachtete. So nah bei mir und doch weiter von mir entfernt, als es in Marabesh der Fall gewesen war. Nachdem er sich erhoben hatte, schweifte sein Blick über die Empore, vorbei an dem grimmigen Gesicht des Fürsten, hinüber zu seiner Mutter, bis er mich an ihrer Seite gefunden hatte.
Sein Lächeln versetzte meinem Herzen einen Stich, als er seine Mutter und mich mit einer leichten Verneigung bedachte, die die versammelten Gäste leise zu murmeln beginnen ließ. Pascale Santorini trieb es die Zornesröte in das angespannte Gesicht. Beatrice nickte huldvoll in Richtung ihres Sohnes und die Versammelten freuten sich, versprach diese Hochzeit doch, überaus interessant zu werden.
Schließlich beruhigte sich der Aufruhr und die Augen aller richteten sich erneut auf den Eingang, durch den nun die marabeshitische Prinzessin zu erwarten war.
Delilah ließ in der Tat nicht lange auf sich warten. Eine prunkvollere Version der mir schon bekannten Sänfte, die in Edeas Haus grell und fehl am Platz wirkte, wurde von starken Sklaven mit nackten Oberkörpern vor dem Portal abgesetzt. Sie zogen die Vorhänge beiseite, um die Prinzessin und ihren Vater, den Sultan von Marabesh, entsteigen zu lassen.
Delilah verstand ihr Handwerk. Die Prinzessin bot das Schauspiel, das von ihr erwartet wurde. Sie war dürftig bekleidet, trug selbst an diesem heiligen Ort wenig mehr, als in allen erdenklichen Grüntönen schimmernde Schleier. Diese wurden von protzigen, goldenen Schmuckstücken und
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