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Kurtisanen leben gefährlich

Kurtisanen leben gefährlich

Titel: Kurtisanen leben gefährlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Natascha Weber
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Angst, Antonia. Geh zu deiner Familie und bleibe dort, bis ich dich holen lasse. Du bist hier nicht mehr sicher, genauso wenig wie ich. Ich weiß, dass ich auf dich zählen kann.«
    Antonia öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch ich schüttelte entschieden den Kopf. Sie konnte nicht bei mir bleiben. Es war zu gefährlich für sie, solange ich noch nicht einmal selbst wusste, was aus mir werden würde. Und ich wollte um jeden Preis verhindern, dass ihr etwas geschah.
    »Nein, Antonia. Es gibt keine andere Möglichkeit. Und nun beeile dich, die Zeit wird knapp.«
    Ich umarmte das Mädchen flüchtig und stieg die Treppe hinauf, so schnell ich es in dem langen Ballkleid vermochte. Der Fürst rechnete vielleicht damit, dass ich ruhig und ahnungslos in meinem Haus warten würde, bis seine Männer sich Einlass verschafften, aber ich hatte vor, ihm den Triumph gründlich zu verderben.
    Ohne Antonias Hilfe streifte ich das Ballkleid ab, das mit einem leisen Rauschen zu Boden glitt, wühlte in dem großen Wandschrank, bis ich schließlich in einer der hintersten Ecken gefunden hatte, wonach ich suchte. Eilig zog ich mir die weiße Bluse über, die ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr angerührt hatte. Die Hose und die Stiefel fühlten sich ungewohnt an und die Frau, die ich dort vor mir im Spiegel erblickte, hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem, was ich für lange Zeit gewesen war.
    Mit unsicheren Fingern zerrte ich das Band von dem Schlüssel, den Andrea Luca mir hinterlassen hatte, und band es mir in die Haare. Dann suchte ich einige Dinge zusammen, die ich brauchen würde, wenn ich an einem anderen Ort überleben wollte. Ich zögerte unentschlossen und nahm dann das Kästchen mit dem Schmuck zur Hand. Es würde mir gute Dienste leisten, wenn die Münzen knapp wurden.
    Als ich das Zimmer verlassen wollte, fiel mein Blick auf eine längliche Truhe aus fein geschnitztem Ebenholz, die seit Langem verlassen dort stand und nur selten geöffnet worden war. Unsicher bewegte ich mich auf sie zu und streichelte über die hölzerne Oberfläche, die sich glatt und kühl anfühlte. Ich betätigte vorsichtig den Öffnungsmechanismus. Mit einem Ruck sprang der Deckel auf und gab den Blick auf ihren Inhalt frei, der unter mehreren Lagen aus weichem Tuch verborgen war. Vorsichtig zog ich sie beiseite und ja, dort lag es vor meinen Augen. Glänzend polierter Stahl mit einem fein verzierten Korbgriff, der im Halbdunkel hell aufglühte, als er von den spärlichen Lichtstrahlen berührt wurde.
    Zaghaft schlossen sich meine Finger um das Rapier und hoben es aus seinem Lager, in dem es so lange geruht hatte. Mein Vater hatte immer gewollt, dass seine Töchter in der Lage sein sollten, sich zu verteidigen, wenn sie den Härten des Lebens allein ausgesetzt waren und er hatte Angelina und mich schon früh den Umgang mit einer Waffe gelehrt. Während Angelina gleich Gefallen an den schlanken, eleganten Klingen gefunden hatte, waren mir die kleineren, handlicheren Dolche immer lieber gewesen. Kein Dolch konnte jedoch etwas gegen ein Rapier mit seiner längeren Reichweite ausrichten, besonders dann, wenn der Gegner gut ausgebildet war und ich brauchte allen Schutz, den ich finden konnte.
    Zunächst zögerlich, dann etwas sicherer, schwang ich die edle Waffe und spürte einmal mehr, wie perfekt sie ausbalanciert und in ihrer Leichtigkeit auf mich ausgerichtet war. Unser Vater hatte keine Kosten gescheut, als er diese Klingen für uns anfertigen ließ. Heute war ich ihm dankbar dafür, erleichterte mir dies doch die Führung des Rapiers, obgleich es mir an Übung mangelte. Schnell zog ich auch den Waffengurt mit der einfachen Lederscheide aus der Truhe und wand ihn um meine Hüften. Eine Waffe zu tragen fühlte sich zwar ungewohnt und hinderlich an, doch es war eine Notwendigkeit, der ich mich nicht zu widersetzen vermochte.
    Ich nahm das kleine Bündel mit den Dingen, die ich für unverzichtbar hielt, zur Hand und rannte, nun nicht mehr von den Röcken behindert, die Treppe hinab. Antonia schien in der Zwischenzeit getan zu haben, was ich ihr aufgetragen hatte, denn sie war nirgends zu sehen. Ich spürte trotz der Erleichterung einen Stich, der mein Herz schmerzen ließ. Wir waren nicht mehr getrennt gewesen, seitdem ich das Mädchen eingestellt hatte.
    Ich wollte das Haus nicht durch die Vordertür verlassen, sondern wählte mir den Hinterausgang. Kurz erwog ich, es Andrea Luca nachzutun und über die Terrasse zu verschwinden, doch dies

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