Kurtisanen leben gefährlich
knarrte bei jedem Schritt und ich verfluchte sie tausendfach dafür. Auf den ersten Blick sah sie ungefährlich aus, wenn man den weichen Teppich berührte, in dem man bei jedem Schritt versank, doch bereits nach wenigen Stufen ließ ich mich nicht mehr von ihr täuschen und hatte ihr wahres Naturell erkannt.
Wann immer mein Fuß das Holz berührte, hielt ich inne, wartete voller Anspannung darauf, dass sich eine der Türen öffnen würde und jemand nach der Ursache der beständigen Geräusche suchte. Doch zu meinem Erstaunen blieb die erwartete Unterbrechung aus und ich gelangte unbehelligt in das obere Stockwerk, wo ich mich ratlos umsah.
Alesia konnte sich hinter jeder dieser Türen befinden und so stand ich vor einem Rätsel. Seufzend schlich ich weiter, froh, die Treppe endlich hinter mir gelassen zu haben und gewillt, mein Ohr an jede Tür zu pressen, die ich finden konnte.
So arbeitete ich Tür für Tür ab, blickte dabei in Arbeitszimmer und leer stehende Schlafräume, ebenso wie in einen großen, luxuriös eingerichteten Baderaum. Ein verdächtiges Kichern drang hinter einer der Türen hervor und ich nahm Abstand davon, diese zu öffnen und nachzusehen, wer die Quelle des Geräusches war. Es würde sich mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht um Alesia handeln.
Die nächste Tür offenbarte mir das, was ich mir erhofft hatte. Den Arbeitsraum einer Artista, voller bemalter oder auch leerer Leinwände und Materialien, die man zum Malen benötigte und deren Aroma sich schnell bis in den Flur ausbreitete.
Wenn dies das Arbeitszimmer Alesias und nicht das ihrer Mutter war, dann würde ihr Schlafraum mit einigem Glück nicht mehr weit davon entfernt sein. Eine Verbindungstür führte neben dem großen Fenster, das dieses Zimmer bei Tage enorm erhellen musste, zu einem weiteren Raum. Ich nahm an, dass ich dahinter Alesia vorfinden würde – anderenfalls würde ich Alberto della Francesca und sein geliebtes Eheweib unsanft aus ihren Träumen von Macht und Stand reißen.
Für einen langen Moment horchte ich an der Tür und vernahm nichts, außer einem leisen Rascheln und dem regelmäßigen Atem einer schlafenden Person. Jetzt kam der gefährliche Teil meines Plans. Ich musste in das Zimmer eindringen, obgleich ich nicht wusste, wie schnell ich zu dem Bett hinübergelangen konnte, ohne dass Alesia, sofern es sich um sie handelte, erwachte und zu schreien begann.
Ich betete dafür, dass sie einen festen Schlaf und eine gut geölte Tür haben möge, und drehte langsam den Türknauf herum. Ein kurzer Blick verriet mir, dass ich mein Opfer gefunden hatte. Das junge Mädchen lag fest schlafend in seinem Bett und wirkte so unschuldig, wie es einer Artista nur möglich war.
Ich verschwendete keine Zeit damit, sie lange zu beobachten, sondern zog meinen Dolch aus dem Stiefel und begab mich auf direktem Wege zu ihr.
Alesia erwachte schnell, als sie meine Hand auf ihrem Mund spürte und der kalte Stahl die zarte Haut ihres Halses berührte. Schreckgeweitete Augen blickten mich ängstlich an und Alesia unterdrückte heldenhaft den Wunsch zu schreien, als sie den Dolch an ihrer Kehle wahrnahm. Ihr Körper erschlaffte und sie fiel zurück in ihre Kissen.
Ich flüsterte ihr leise meine Drohung zu.
»Wagt es nicht, zu schreien, sonst kann Euch nicht einmal mehr Edea selbst von den Toten zurückholen, habt Ihr mich verstanden?«
Meine Stimme war eisig und besaß einen grausamen Klang, den ich selbst nicht von mir kannte. Alesia nickte, sie hatte verstanden. Ich nahm die Hand von ihrem Mund, veränderte jedoch nicht die Position meines Dolches. Ein scharfes, kaltes Versprechen von ernsten Folgen, falls sie doch noch den Drang, zu schreien, verspüren sollte.
Für einen Moment fragte ich mich ernsthaft, was ich hier tat. Ich sollte mein Leben auf Bällen und in den Armen eines wohlhabenden Geliebten verbringen, doch stattdessen saß ich am Bett einer jungen Artista und bedrohte ihr Leben. Aber ich war bereits zu weit gegangen. Es gab jetzt kein Zurück mehr und die Überlegung kam eindeutig zu spät.
»Lu ... Lukrezia? Seid Ihr das? Was wollt Ihr von mir?«
Ein Zittern lief durch Alesias Körper und hätte beinahe mein Mitleid erregt, das aber beim Gedanken an Gesparis Besuch sofort verschwand und nur kalten Zorn zurückließ. Meine Antwort war knapp und der nur schwer zu unterdrückende Zorn schwang in meinem Tonfall mit.
»Ja, ich bin es.«
Um meine Geduld stand es keineswegs zum Besten und so behielt ich den Grund für
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