Kurz vor Mitternacht
um seine Lippen.
«Was für eine Sportlerin!»
Kay lachte und wurde rot.
«Na, vielleicht bin ich ein bisschen zu weit gegangen. Aber jedenfalls ist’s nun mal so. Man muss die Dinge nehmen, wie sie sind!»
«Audrey hat sie so genommen», sagte Nevile ruhig. «Sie hat sich von mir scheiden lassen, damit ich dich heiraten konnte.»
«Ja, ich weiß…», Kay zögerte.
«Du hast Audrey nie verstanden.»
«Nein. In gewisser Weise macht sie mich schaudern. Ich weiß nicht recht, was sie an sich hat. Man kommt nie dahinter, was sie eigentlich denkt. Sie ist… sie ist ein wenig beängstigend.»
«Ach, Unsinn, Kay!»
«Nun, wenigstens wirkt sie auf mich beängstigend. Vielleicht, weil sie so gescheit ist.»
«Mein kleines Dummerle!»
Kay lachte.
«So nennst du mich immer!»
«Weil du das bist!»
Sie lächelten einander an. Nevile trat zu ihr, beugte sich über sie und küsste sie auf den Nacken.
«Schöne, schöne Kay», murmelte er.
«Sehr gute Kay», sagte sie. «Verzichtet auf eine wunderbare Jachtfahrt, um sich von den strengen, altmodischen Verwandten ihres Mannes über die Schulter ansehen zu lassen.»
Nevile ging zurück und ließ sich am Tisch nieder.
«Wenn dir so überaus viel an der Reise mit Shirty liegt, könnten wir sie ja vielleicht doch mitmachen», bemerkte er.
Kay richtete sich erstaunt auf.
«Und was wird dann aus dem Besuch im ‹Möwennest›?»
«Wir könnten ja Anfang September hinfahren.»
«Oh, das würde an und für sich glänzend hinkommen. Aber ich dachte… es ist nur… ist sie nicht immer im September dort?»
«Audrey, meinst du?»
«Ja. Sie könnte ja ihren Besuch verschieben, aber…»
«Warum sollte sie ihn verschieben?»
Kay starrte ihn an.
«Du findest, wir könnten zur gleichen Zeit dort sein? Was für ein ungewöhnlicher Gedanke!»
Nevile entgegnete leicht gereizt: «Was ist daran so ungewöhnlich? Viele Leute tun das heutzutage. Warum sollten wir nicht alle gute Freunde sein? Das würde vieles erleichtern. Das hast du selber erst neulich gesagt.»
«Ich?»
«Ja, erinnerst du dich nicht? Wir sprachen von den Howes, und du sagtest, das sei die vernünftigste Art und Weise, die Dinge zu betrachten, und du betontest noch, dass Leonards zweite Frau mit seiner geschiedenen Frau dick befreundet ist!»
«Oh, ich hätte nichts dagegen. Ich finde das auch vernünftig. Aber… na ja, ich glaube nicht, dass Audrey auch so denkt.»
«Da irrst du dich, Kay. Audrey fände das recht gut.»
«Audrey… woher weißt du das?»
Nevile blickte ein bisschen verwirrt drein. Er räusperte sich.
«Offen gestanden, ich habe sie gestern zufällig in London getroffen.»
«Das hast du mir gar nicht erzählt.»
Nevile sagte gereizt: «Ich erzähle es dir ja jetzt. Ich ging durch den Park, und da kam sie mir entgegen. Ich hätte doch nicht vor ihr davonlaufen sollen, oder?»
«Nein, natürlich nicht. Erzähl weiter.»
«Ich… wir… also wir blieben natürlich stehen, und dann drehte ich mich um und ging mit ihr weiter. Ich… ich fand, das gehöre sich so.»
«Weiter.»
«Und dann setzten wir uns auf eine Bank und sprachen miteinander. Sie war sehr nett, wirklich sehr nett.»
«Wie schön für dich», warf Kay ein.
«Sie fragte, wie es dir geht…»
«Sehr freundlich von ihr!»
«Und wir sprachen eine Zeit lang von dir. Wirklich, Kay, sie hätte gar nicht netter sein können.»
«Die liebe Audrey!»
«Und da kam mir plötzlich der Gedanke – du weißt schon –, wie reizend es wäre, wenn ihr beide euch anfreunden würdet… wenn wir alle zusammen sein könnten. Und da fiel mir ein, dass sich das in diesem Sommer im ‹Möwennest› ganz leicht bewerkstelligen ließe. An so einem Ort kommt das ganz von selbst.»
«Es war dein Einfall?»
«Ich… na ja, natürlich. Es war mein Einfall.»
«Da machtest du also Audrey den Vorschlag, und sie hielt es für eine wundervolle Idee?»
Zum ersten Mal schien Nevile unsicher zu werden.
«Stimmt etwas nicht, Schönliebchen?»
«O nein, nein! Es ist weder dir noch Audrey in den Sinn gekommen, dass ich die Idee vielleicht nicht so wundervoll finden könnte?»
Nevile starrte sie an.
«Aber Kay, warum solltest du denn etwas dagegen haben? Du hast doch selber erst neulich gesagt…»
«Ach, lass doch das! Damals sprach ich von anderen Leuten, nicht von uns.»
«Aber das brachte mich ja teilweise auf den Gedanken.
Schließlich kannst du ja gar nichts dagegen haben. Ich meine, Eifersucht und derlei kommt doch nicht
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