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Kuschelmuschel

Kuschelmuschel

Titel: Kuschelmuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Dahl
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die italienische Oper des 19. Jahrhunderts wusste, und er hatte sogar ein kurioses kleines Bändchen über die drei Komponisten Donizetti, Verdi und Ponchielli verfasst. Er zählte darin alle bedeutenderen Mätressen auf, die diese Männer im Laufe ihres Lebens gehabt hatten, und untersuchte sodann ganz ernsthaft die Beziehungen zwischen schöpferischer und fleischlicher Leidenschaft und ihre Wechselwirkung im Hinblick auf die Werke dieser Komponisten.
     
Ein weiterer Gegenstand seines Interesses war chinesisches Porzellan, und er genoss als Autorität auf diesem Gebiet weltweite Anerkennung. Seine besondere Liebe galt den blauen Vasen der Tschin-Hoa-Periode, und er besaß eine kleine, aber exquisite Sammlung solcher Stücke.
     
Außerdem sammelte er Spinnen und Spazierstöcke.
     
Seine Sammlung von Spinnen oder, genauer gesagt, von Arachniden - denn sie schloss auch Skorpione und Pedipalpen ein - war vermutlich so umfassend wie keine andere, von Sammlungen in Museen abgesehen, und seine Kenntnis der zahllosen Gattungen und Arten war imponierend. Übrigens vertrat er (wahrscheinlich mit Recht) die Auffassung, dass Spinnenseide an Qualität dem außergewöhnlichen Gespinst des Seidenspinners überlegen sei, und nie trug er einen Schlips aus irgendeinem anderen Material. Er besaß etwa vierzig solcher Binder, und um diese stattliche Kollektion erwerben und sie jährlich um zwei neue Exemplare ergänzen zu können, hatte er Tausende und Abertausende von Arana und Epeira diademata (den gewöhnlichen englischen Gartenspinnen) in einem alten Treibhaus im Park seines Landsitzes vor Paris halten müssen, wo sie sich etwa in dem gleichen Tempo vermehrten, in dem sie sich gegenseitig auffraßen. Er sammelte selbst das Rohgespinst ein - niemand außer ihm durfte jenes gespenstische Glashaus betreten - und sandte es nach Avignon, wo es gehaspelt und gesponnen und gereinigt und gefärbt und zu Seidenstoff verarbeitet wurde. Diese Seide wurde dann direkt an Sulka in London geschickt, wo man von der ganzen Angelegenheit entzückt war und nur zu gern erlesene Schlipse aus einem so raren und wundersamen Material fertigte.
     
«Aber du willst doch nicht behaupten, dass du Spinnen wirklich magst? », pflegten die Frauen, die Oswald auf seinem Landsitz besuchten, zu fragen, wenn er ihnen seine Sammlung vorführte.
     
«Oh, ich bete sie an», antwortete er dann. «Vor allem die Weibchen. Sie erinnern mich nämlich sehr an gewisse menschliche Weibchen, die ich kenne. Sie erinnern mich an meine menschlichen Lieblingsweibchen. »
     
«Was für ein Unsinn, Liebling! »
     
«Unsinn? Ganz und gar nicht. »
     
«Das ist doch geradezu beleidigend. »
     
«Ganz im Gegenteil, meine Teure, es ist das größte Kompliment, das ich einer Frau machen kann. Hast du zum Beispiel nicht gewusst, dass die Spinnenweibchen beim Liebesakt so wild sind, dass die Männchen wirklich Glück haben, wenn sie am Ende mit dem Leben davonkommen? Nur wenn ein Männchen außergewöhnlich agil und unglaublich raffiniert ist, kommt es heil davon. »
     
«Oswald, nun mach mal einen Punkt! »
     
«Und die Krabbenspinne, meine Süße, die winzig kleine Krabbenspinne ist in ihrer Leidenschaft so gefährlich, dass ihr Liebhaber sie mit kunstvollen Schlingen und Knoten aus seinem eigenen Faden fesseln muss, ehe er es wagen kann, sie zu umarmen...“
     
«Jetzt aber Schluss, Oswald, und zwar auf der Stelle! », riefen dann die Frauen, und ihre Augen schimmerten und glänzten.
     
Oswalds Spazierstocksammlung war auch wieder etwas Besonderes. Jeder seiner Stöcke hatte einst irgendeiner berühmten oder berüchtigten Persönlichkeit gehört. Er bewahrte sie in seiner Pariser Wohnung auf, in zwei langen Gestellen an den Wänden des Flurs, der, breit wie eine Autostraße, vom Salon zu seinem Schlafzimmer führte. Über jedem Spazierstock wies ein kleines Elfenbeinschildchen auf den ehemaligen Besitzer hin: Sibelius, Milton, König Faruk, Dickens, Robespierre, Puccini, Oscar Wilde, Franklin D. Roosevelt, Goebbels, Königin Viktoria, Toulouse-Lautrec, Hindenburg, Tolstoj, Laval, Sarah Bernhardt, Goethe, Woroschilow, Cezanne, Tojo... Es müssen insgesamt über hundert Stöcke gewesen sein, manche sehr hübsch, andere unscheinbar, manche mit goldenem oder silbernem Knauf und manche mit geschwungenem Griff.
     
«Nehmen Sie doch einmal den Tolstoj herunter», sagte Oswald etwa, wenn er eine schöne Besucherin durch den Flur führte. «Nur zu, nehmen Sie ihn... So ist's

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