Kuss der Sünde (German Edition)
mit Madame La Bouche und plaudere solange über die Quellen der bretonischen Wälder.“
Unmerklich fuhr Adrienne zusammen. „Harte Worte aus einem zarten Mund. Nun gut, im zweiten Stock, das letzte Zimmer.“
Duprey grinste und lief hinaus. Als Viviane ihm nacheilen wollte, hielt A d rienne sie am Handgelenk fest.
„Ich hegte große Hoffnungen, als ich nach Paris kam, Mademoiselle. Doch nun sehe ich, dass wenig von dem geblieben ist, was Ihre Wurzeln einst au s machte und meine Bemühungen sinnlos sind. Von Anfang an waren die Dunklen in meinem Volk verdammt, und dieser Fluch scheint sich auf ihre Nachkommen übertragen zu haben. Olivier und Sie werden sich gegenseitig zerfetzen. Aus Mangel an Einsicht und Wissen. Das E inzige , was Ihnen und Ihresgleichen geblieben ist, ist der Hang zur Bosheit.“
Wortlos riss sich Viviane los. Sie ahnte, wovon diese Frau sprach, doch wollte sie Duprey noch einholen, musste sie sich sputen. Später konnte sie sich damit befassen und Antworten verlangen. Adrienne hob in einer Geste der Resignation die Hände und ließ sie gehen.
Auf der Treppe versperrte ihr ein älterer Herr mit einer noch älteren Allo n geperücke den Weg. Sie stieß den Mann aus dem Weg. Duprey preschte den Gang im zweiten Stock entlang bis zur letzten Tür. Nachdem er sie aufgeri s sen ha t te, schien er gegen eine Wand zu prallen. Im Sturmschritt eilte sie an seine Seite und blickte über seine Schulter in einen Raum, dessen Sinnesei n drücke sie erschlugen, so vielfältig und sündhaft waren sie. Unter einem go l denen Baldachin lag Juliette in Oliviers Armen. Sie hatte das Kinn auf seine Schulter gestützt und blickte ihnen verständnislos entgegen. Ihre vor Überr a schung runden Lippen gaben Viviane den Rest. Ein an Raserei grenzender Zorn schlug über ihr zusammen. Schmerz, Wut, Gram und körperliche Pein stür m ten auf sie ein. Sie stieß Duprey in das Zimmer und schlug die Tür in ihrem Rücken zu. Olivier drehte sich um, ohne Juliette aus den Armen zu lassen. Sein Blick wirkte stumpf. Leblos. Ehe sie etwas sagen konnte, stieß Duprey einen Schrei aus, der jedem Berserker zur Ehre gereichte , und stürmte auf das Bett zu .
Selbst in Momenten selbstvergessener Ekstase waren Vivianes Augen nicht so dunkel geworden. Nahezu schwarz glommen sie aus ihrem Gesicht und schienen sogar das Weiß ihrer Augen auszufüllen. Alain stürzte sich wie eine angriffslustige Krähe auf Olivier und zwang ihn, den Blick von ihr abzuwe n den. Im letzten Moment schnellte er auf und fing den Faustschlag seines ein s tigen Freundes ab.
„Wie konntest du?“, schrie Alain und hob die andere Faust.
Wieder einmal ein Missverständnis, doch diesmal dachte Olivier nicht daran, es aufzuklären. Er packte auch das linke Handgelenk von Alain, ehe dieser einen Treffer landen konnte. Während er ihn zu bändigen suchte, sah er über dessen Kopf hinweg zu Viviane. Geradezu teilnahmslos beobachtete sie das Gerangel. Alain bekam eine Hand frei und schlug ihm die Faust in die Rippen.
„Habe ich dir nicht gesagt, du sollst die Finger von ihr lassen? Ich schlage dich windelweich!“
Trotz seiner geringeren Größe und auch Körperkraft zeigte er sich wild en t schlossen, es mit ihm aufzunehmen. Da Olivier ihn auf Distanz hielt und seine Finger gleich Zwingen um Alains Handgelenke geschlossen hielt, trat Alain nach ihm und traf sein Schienbein. Gleichzeitig stieß er den Kopf nach vorn, in der Absicht , sein Kinn zu zerschmettern. Er gebärdete sich wie ein außer Kontrolle geratener Hampelmann und brüllte unartikuliert seinen Zorn heraus.
Juliette saß mitten auf dem Bett und begann zu lachen. Ihr Gelächter wurde zu einem Gackern, dann zu einem Kreischen, bis sie sich johlend zusamme n krümmte. Angst und Unsicherheit um ihre Zukunft explodierten in einem Anfall unangebrachter Belustigung. In Viviane kam Bewegung. Sie steuerte auf das Bett zu .
„Schämst du dich nicht?“, erhob sie ihre Stimme über Alains Gebrüll und Juliettes Lachen. „Du hockst in einem Hurenhaus und benimmst dich selbst wie eine Dirne!“
„Ich wusste, dass ihr euch kennt. Ich wusste es“, johlte Juliette. „Das ist zu komisch. Zu komisch!“
Viviane griff ihrer Schwester in die dunkle Mähne und riss ihren Kopf z u rück. „Besitzt du denn gar keinen Stolz, Juliette?“
„Ich mach dich fertig. Ich bring dich um“, drohte Alain und versuchte, seine Hände aus Oliviers Griff zu befreien. „Diesmal bist du fällig,
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