Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
Autounfall umgekommen, als ich in der neunten Klasse war.«
Sie beugte sich über die Unterlagen und machte sich eine ganze Reihe von Notizen. Ich verzog das Gesicht und fragte mich, was sie wohl schrieb, das so lange dauern konnte.
»Miss Hayes, mögen Sie Tiere?«
»Natürlich. Hm. Ich hab schon jede Menge Tiere gestreichelt …« Gibt es jemanden, der bescheuerter ist als ich? Tolle Art, um nicht eingestellt zu werden. Ich räusperte mich. »Ich meine, natürlich liebe ich Tiere.«
Für die Frau schien meine Antwort keinerlei Bedeutung zu haben, sie reichte mir einen Zettel mit einem Jobangebot.
Der Job war beim Zirkus Maurizio, einem kleinen, familiengeführten Zirkus auf dem Rummelplatz. Ich erinnerte mich, einen Gutschein beim Gemüsehändler bekommen zu haben, kurz hatte ich sogar überlegt, die Kinder meiner Pflegeltern dorthin mitzunehmen, die sechsjährige Rebecca und den vierjährigen Samuel, damit Sarah und Mike mal ein wenig Zeit für sich hatten. Doch dann hatte ich den Gutschein verloren und die Sache vergessen.
»Was ist nun, wollen Sie den Job oder nicht?«, fragte die Frau ungeduldig.
»Ein Tiger, hm? Klingt interessant! Gibt es dort auch Elefanten? Denn beim Aufkehren von Elefantenmist hört bei mir der Spaß auf.« Ich kicherte, doch die Frau ließ sich nicht einmal zu einem Lächeln herab. Da ich keine Alternative hatte, nahm ich den Job an. Die Frau gab mir ein Kärtchen mit der Adresse und erklärte, ich solle mich am nächsten Morgen um sechs dort einfinden.
Ich rümpfte die Nase. »Die brauchen mich dort um sechs Uhr morgens?«
Die Angestellte warf mir einen genervten Blick zu und rief »Der Nächste!« in Richtung der Schlange, die sich träge hinter mir rührte.
In was bin ich da nur hineingeschlittert? Ich stieg in Sarahs Hybridwagen und fuhr nach Hause. Es könnte schlimmer sein. Ich, ein lächerliches Häubchen auf dem Kopf, könnte morgen in einer stinkenden Bude Burger braten. Ein Zirkus dagegen macht bestimmt Spaß. Ich hoffe nur, es gibt dort keine Elefanten.
Bei Sarah und Mike zu leben, war im Grunde in Ordnung. Sie gestanden mir viel mehr Freiheiten zu als die meisten Eltern ihren Kindern, und ich denke, dass wir einen gesunden Respekt voreinander hatten – nun ja, soweit Erwachsene eine Siebzehnjährige überhaupt respektieren können. Ich passte gelegentlich auf ihre Kinder auf und geriet nie in Schwierigkeiten. Es war nicht dasselbe, als würde ich bei meinen Eltern wohnen, aber wir waren dennoch eine Art Familie.
Ich parkte das Auto vorsichtig in der Garage und ging ins Haus, wo Sarah eine Rührschüssel mit einem Holzlöffel traktierte. Ich warf meine Tasche auf einen Stuhl und holte mir ein Glas Wasser.
»Wie ich sehe, versuchst du dich mal wieder an veganen Keksen. Was ist der Anlass?«, wollte ich wissen.
Sarah rammte den Holzlöffel mehrmals brutal in den zähen Teig. »Sammy ist an der Reihe, etwas Süßes für seine Freunde mitzubringen.«
Ich verbiss mir ein Kichern und hustete stattdessen.
Sie verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. »Kelsey Hayes, nur weil deine Mutter die beste Kuchenbäckerin der Welt war, heißt das nicht, dass ich keine anständigen Kekse zustande bringe.«
»Ich zweifle nicht an deinen Fähigkeiten, es sind deine Zutaten, die mir suspekt sind«, sagte ich und hob ein Glas hoch. »Haselnussmus, Leinsamen, Proteinpulver und Agavendicksaft. Ich bin überrascht, dass du kein Recyclingpapier in dieses Zeug mischst. Wo ist die Schokolade?«
»Manchmal benutze ich Carubin.«
» Carubin ist keine Schokolade. Es schmeckt wie braune Kreide. Wenn du wirklich backen willst, solltest du …«
»Ich weiß, ich weiß. Schokocookies oder extra schokoladige Erdnussbuttercookies machen. Aber die sind wirklich schlecht für dich, Kelsey«, sagte sie mit einem Seufzen.
»Aber sie schmecken so gut.«
Ich beobachtete, wie Sarah Teig von ihrem Zeigefinger ableckte, und fuhr fort: »Übrigens, ich habe einen Job. Ich werde in einem Zirkus saubermachen und die Tiere füttern. Auf dem Rummelplatz.«
»Wie schön für dich! Das hört sich nach einer tollen Erfahrung an«, rief Sarah heiter aus. »Was für Tiere?«
»Äh, vor allem Hunde. Und es gibt wohl einen Tiger. Aber wahrscheinlich werde ich nichts Gefährliches tun müs sen. Ich bin sicher, dass sie ausgebildete Leute für diese Art Arbeit haben. Allerdings werde ich richtig früh anfangen und die nächsten zwei Wochen dort übernachten müssen.«
»Hm.« Sarah zögerte. »Nun, wir sind
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