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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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Verlangen, sich in Selbstmitleid zu aalen, an. Damit löste sie ihre Probleme schließlich nicht. Selbst mit dem Scheck besaß sie nur knapp siebenhundert Dollar, und in einer Woche müsste sie die Miete zahlen. Es würde also wieder einmal knapp.
    Sie überlegte, ob sie irgendwas besaß, was sich verkaufen ließ. Ihr Apartment war so gut wie leer. Den Schmuck von ihrer Mutter hatte sie bereits vor langer Zeit versetzt, um die Arztrechnungen zu bezahlen, ihre Möbel, die aus Haushaltsauflösungen und vom Flohmarkt stammten, brächten kaum mehr als zwei Cent, und den alten Fernseher hatten sie ihr bereits vor Monaten bei einem Einbruch in ihr Heim geklaut.
    Dass die Diebe sonst nichts mitgenommen hatten, zeigte, wie viel wert ihr anderer Plunder war.
    Callie dachte über ihre Möglichkeiten nach. Was sie sicher wusste, war, dass sie keine Lust hatte, sofort in das deprimierend kleine Loch zurückzukehren, das ihr Zuhause war. Dort fände sie ganz sicher keine neue Kraft.
    Am besten ginge sie erst mal spazieren. Dann bekäme sie ja vielleicht wieder einen klaren Kopf.
    Sie marschierte durch die Kälte, dachte über ihre Chance auf eine neue Stelle nach und bereute, nicht etwas gelernt zu haben, was ein wenig lukrativer war. Egal, wie gern sie Kunstrestauratorin war, und egal, wie gut sie ihre Sache machte, war dies kaum ein Job, mit dem sich auch nur annähernd genug verdienen ließ. Jura, Medizin, Betriebswirtschaft – damit bekäme man zumindest immer einen Job und wurde obendrein noch anständig bezahlt.
    Hingegen war die Chance auf einen Job als Kunstrestauratorin ähnlich groß wie die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden, weshalb sie in Stanleys Galerie gelandet war. Während ihres Studiums hatte sie ein Praktikum am Mo MA absolviert und unter der Anleitung der dortigen Expertin wirklich viel gelernt, doch mit ihrer kranken Mutter hatte sie sich nicht in irgendeiner anderen Stadt bewerben wollen, als sie mit dem Studium fertig gewesen war. Die Konkurrenz war allerorten groß, aber dass sie hatte bleiben müssen, wo sie war, hatte ihre Chancen noch mehr eingeschränkt.
    Vor einer der angeseheneren Galerien blieb sie stehen und dachte, dass es dort ja vielleicht irgendeine Arbeit für sie gab. Vielleicht als Empfangsdame. Oder als Putzfrau. Ganz egal. Abgesehen von ihrem finanziellen Engpass wollte sie ganz einfach weiter in der Nähe von Skulpturen und Gemälden sein. Sie ging hinein, bekam aber zu hören, dass aufgrund der Rezession die bisherige Empfangsdame vor zwei Wochen entlassen worden war, und als sie halbherzig fragte, ob man wüsste, wo es eine Arbeit für sie geben könnte, schüttelten die Leute unglücklich die Köpfe und erklärten mit gesenkten Stimmen, dass es beinahe allen Galerien so wie der von Stanley ging.
    Geh einfach weiter, dachte sie, während sie wieder in die Kälte trat. Wenn sie immer weiterliefe, bis sie vollkommen erledigt wäre, würde sie wenigstens gut schlafen.
    Sie passierte einen Zeitungskiosk, und ihr Blick fiel auf ein Bild, das sie zum Stehenbleiben zwang. Sie schnappte sich die Zeitung und sah in das Gesicht von Grace Woodward Hall.
    Ihrer Halbschwester.
    Die umwerfende Blondine stand in einem eleganten langen Kleid auf einem Podium und hielt eine Rede vor den einflussreichsten Einwohnern der Stadt. Der Fotograf hatte das Bild auf der jährlichen Gala der Hall Foundation gemacht, doch Callie riss schockiert die Augen auf, als sie den Artikel überflog. Jemand hatte in Graces Büro einen Mordanschlag auf sie verübt, und sie war nur dadurch gerettet worden, dass der Kerl von ihrem Bodyguard überwältigt worden war. Außerdem schien ihre Ehe mit dem Grafen von Sharone endgültig vorbei zu sein, und ihr zukünftiger Exmann bot ein Buch mit hässlichen Interna ihrer Ehe feil.
    Callie sah noch einmal auf das Bild. Sie war froh, dass Grace und sie einander endlich kannten, und zugleich tat es ihr leid, dass das Leben dieser Frau derart aus dem Gleichgewicht geraten war. Nachdem sie jahrelang nur in den Klatschspalten von ihrer Halbschwester gelesen hatte, hätte sie niemals gedacht, dass sie ihr je begegnen würde, aber nach dem Tod des Vaters hatte sie es sich noch einmal überlegt. Sie hatte den Entschluss gefasst, sich ihre einzige noch lebende Verwandte endlich einmal aus der Nähe anzusehen.
    Grace war das eheliche Kind von Cornelius Woodward Hall, während Callie selbst sein kleines schmutziges Geheimnis war. Bei ihrer Geburt hatte sie den Namen ihrer Mutter, Burke,

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