Kuss mich kuss mich nicht
des Häuserblocks, und gerade, als er achtlos weitergehen wollte, blitzten ihre roten Haare auf, und er stieß eine weiße Atemwolke aus. Ein Bild aus seinem Traum ließ ihn erstarren. Blasse Hände strichen sanft über seinen Bauch …
Mein Gott, sagte er sich, denk nicht darüber nach.
Er beobachtete, wie sie mit gesenktem Kopf, als wäre sie in Gedanken versunken, zwischen zwei geparkten Wagen auf die Straße trat. Erst als sie mitten auf der Straße war, blickte sie wieder auf, entdeckte seine Limousine und blieb wie vom Donner gerührt stehen.
»Hallo«, rief er und hob die Hand. »Sie sind ganz schön schwer zu finden.«
Sie runzelte die Stirn und sah nach links und rechts.
»Ja, Sie«, erklärte er und sah sie lächelnd an.
Langsam setzte sie sich wieder in Bewegung.
»Was machen Sie hier?«, fragte sie.
Er kniff die Augen zu und unterzog sie einer eingehenden Musterung. Ihre Wangen und ihre Nasenspitze waren von der Kälte leuchtend rot. Ihr Haar, das locker über ihre Schultern fiel, war windzerzaust. Ihre blauen Augen sahen ihn mit unverhohlenem Argwohn an.
Sie war genauso wunderschön wie in seiner Erinnerung, und er fragte sich, ob auch ihr Körper dem entsprach, der ihm im Traum erschienen war. Der unförmige Mantel, den sie trug, verbarg ihre Figur, und Jack war ehrlich überrascht, dass sie ein solches Monstrum trug. Das Ding war alt und schäbig, wie ein abgenutztes, braunes Zelt, und betonte weder die phänomenale Farbe ihres Haars noch ihre hübschen Rundungen.
»Also?«, fragte sie noch einmal. »Warum sind Sie hier?«
Er zog die Augenbrauen hoch. Für gewöhnlich sprachen Leute nicht in einem derart genervten Ton mit ihm.
»Wie ich bereits sagte, hätte ich es gern, dass Sie mein Gemälde konservieren.«
Der kühle Blick, mit dem sie ihn bedachte, war nicht gerade ermutigend, und er machte sich auf lebhafte Verhandlungen gefasst. Was für ihn in Ordnung war. Er liebte einen guten Handel, ganz egal, ob es um ein Geschäft, Aktien oder ein Kunstwerk ging. Je zäher der Kampf, umso süßer die Belohnung, wenn er am Schluss gewann.
Ohne ihn auch nur anzusehen, ging sie an ihm vorbei die Steintreppe hinauf. »Und wie ich bereits sagte, bin ich nicht interessiert.«
»Das zu glauben fällt mir schwer«, erwiderte er scharf. »Schließlich haben Sie das Bild praktisch mit den Augen verschlungen, als Sie es sahen.«
Sie fuhr zu ihm herum, und als er erkannte, dass sie es anscheinend kaum erwarten konnte, bis er endlich wieder ging, hätte er sich beinahe gemütlich auf die Steintreppe gesetzt, um ihr noch eine Weile auf die Nerven zu gehen.
»Ich bin nicht die Richtige für diesen Job.«
»Dann schätzen Sie Ihre Fähigkeiten offenkundig nicht hoch ein.«
»Meine Entscheidung hat nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun.« Sie strich sich eine Strähne ihres rotbraunen Haars aus dem Gesicht.
»Sie können es doch kaum erwarten, sich auf dieses Bild zu stürzen. Und ich biete Ihnen die Gelegenheit dazu.«
Sie zog ihre Schlüssel aus der Tasche und wandte sich entschieden von ihm ab. »Ich bin nicht bereit, diesen Auftrag anzunehmen. Vielen Dank.«
Als sie nach der Tür griff, nahm er zwei Stufen auf einmal, legte eine Hand auf ihren Arm, und in dem Augenblick, in dem er sie berührte, wurde Callie starr vor Schreck.
»Lassen Sie mich los. Bitte.«
Da sie ihm nicht in die Augen sah, wurde er neugierig.
»Sagen Sie, was habe ich getan, dass Sie mir so feindlich gesonnen sind?« Er zog seine Hand zurück und sah sie mit einem Lächeln an.
»Sie sind einfach unaufgefordert bei mir aufgetaucht«, gab sie zurück. »Ich habe bereits nein gesagt, und trotzdem sind Sie hier. Aus mir unbekannten Gründen sind Sie offenbar bereit, mich unter Druck zu setzen, damit ich für Sie arbeite. Weshalb sollte ich mich also über Ihr Erscheinen freuen?«
»Sind Sie immer so argwöhnisch?«
»Wenn die Dinge keinen Sinn für mich ergeben, ja.«
»Und weshalb ergibt es für Sie keinen Sinn, dass jemand auf Ihrer Schwelle steht und Ihnen den Auftrag Ihres Lebens anbietet?«
»Weil ich nicht an Wunder glaube.«
»Sind Sie Atheistin?«
»Realistin.«
Jack verzog den Mund zu einem breiten Grinsen. Ihm gefiel ihr Widerstand, vor allem, da er merkte, dass sie nicht mal annähernd so zäh war, wie sie tat. Vielleicht war ihr Gesicht gefasst, doch ihr Blick wanderte unruhig zwischen seinen Augen, seinem Schlips und seinen breiten Schultern hin und her.
»Ich glaube, dass Sie die Arbeit hinbekommen«,
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