Kuss mich kuss mich nicht
erhalten, und all die Lügen, die mit ihrem ersten Atemzug begonnen hatten, hatten sie bis ins Erwachsensein verfolgt und eine enorme Ungleichheit zwischen dem Leben, das ihre Schwester lebte, und dem, durch das sich Callie kämpfen musste, erzeugt. Obwohl Cornelius Milliardär gewesen war, hatte er sich immer gegen eine großzügige Unterstützung seines unehelichen Kindes gewehrt. Zu seinen Lebzeiten hatte er es kaum ertragen, im selben Raum wie sie zu sein, als würde er durch ihren Anblick allzu sehr an das Doppelleben erinnert, dessen Resultat sie war. Und alles, wodurch sie hätte auch nur einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangen können, hatte strikt vermieden werden müssen. Weswegen sie zum Beispiel nie auf eine renommierte Hochschule wie Grace gegangen war.
Obwohl, selbst wenn er sich hätte als großzügig erweisen wollen, hätte ihre Mutter das wahrscheinlich niemals akzeptiert. Ihr Stolz hatte sie daran gehindert, einen Großteil dessen anzunehmen, was ihr im Verlauf der Jahre von Cornelius angeboten worden war. Extravagante Geschenke hatte sie ungeöffnet an ihn zurückgeschickt. Das schicke Apartment hatte sie nicht einen Tag bewohnt. Das Einzige, was sie jemals von dem Geliebten angenommen hatte, war das Geld für Callies Ausbildung.
Und ein paar Schmuckstücke, die ihr Leiden erleichterten, auch wenn sie dennoch viel zu früh sterben musste.
Callie las eilig weiter. In dem Artikel stand, dass auf der Auktion im Rahmen der exklusiven Gala das Porträt Nathaniel Walkers, eines Helden des Unabhängigkeitskriegs, von Jackson Walker, einem seiner Nachfahren, ersteigert worden war
Jackson Walker.
Als Callie den Namen las, kam es ihr vor, als ob ihr ein heißer Windhauch ins Genick bliese.
»He! Wollen Sie die Zeitung kaufen, oder soll ich Ihnen einen Stuhl hinstellen?«, bellte der Kioskbetreiber Callie an.
Also legte sie die Zeitung wieder weg und setzte ihren Spaziergang fort.
Der Name Jackson Walker tauchte schon seit Jahren immer wieder in den Klatschspalten der Zeitungen und Magazine auf. Er stammte aus einer der berühmtesten Familien Amerikas und hatte mehr Geld als die meisten kleinen Länder. Außerdem war er so attraktiv, dass es schon fast unverschämt zu nennen war, und ein derart berüchtigter Playboy, dass es in den Zeitungen fast jede Woche Aufnahmen von ihm und irgendwelchen Debütantinnen, Schauspielerinnen oder Models gab. Häufig hatte er zur gleichen Zeit Verhältnisse mit mehr als einer Frau, und die daraus folgenden Zickenkriege und die Arroganz, mit der er Eifersuchtsanfälle ignorierte, füllten mehr Spalten in den Blättern als die zusammengenommenen Eroberungen von Bill Clinton und J. Lo.
Unnötig zu sagen, dass sie äußerst überrascht gewesen war, ihm vor ein paar Tagen direkt gegenüberzustehen.
Offenbar war er ein Freund von Grace. Er sah aus wie die Art Mann, die ihre Schwester kannte; schließlich stank er regelrecht vor Geld. Von seinem gut sitzenden Maßanzug über die blank polierten Schuhe bis hin zu dem ledernen Aktenkoffer, den er trug, und dem goldenen Siegelring, der an seinem Finger blitzte, zeugte alles an dem Kerl von der privilegierten Welt, in der er aufgewachsen war.
Und genau deshalb war er die Art von Mann, die Callie mied.
Okay, vielleicht war meiden das verkehrte Wort, denn schließlich liefen ihr nicht gerade oft Milliardäre über den Weg. Aber all das Geld, die Geschmeidigkeit und die Souveränität, die diese Sorte Mann ausstrahlte, waren für sie ein rotes Tuch. Ihr Vater hatte sie alles gelehrt, was sie über reiche Männer wissen musste, und das wenigste davon war positiv.
Doch sie musste zugeben, dass Walker wirklich gut aussah. Und abgesehen von seinem attraktiven Äußeren sprach er mit der Autorität des Menschen, der gewohnt war, dass die anderen ihm folgten, und selbst wenn er von ganz banalen Dingen sprach, hatte seine Stimme einen ausnehmend verführerischen Klang. Sie hätte ihm stundenlang zuhören können, denn seine weiche Aristokratenstimme schmeichelte dem Ohr.
Und dann war da noch die Art, wie er sie angesehen hatte. Er hatte ihr direkt ins Gesicht gesehen, und sie hatte das Gefühl gehabt, er würde sie wirklich wahrnehmen. Für eine Frau, die es gewohnt war, stets am Rand zu stehen, war es wirklich nett gewesen, dass sie endlich einmal einem Menschen aufgefallen war. Vor allem neben einer Frau wie Grace.
Eine weitere Überraschung war es für sie gewesen, als der Mann ihr angeboten hatte, das Porträt seines
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