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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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berühmten Vorfahren zu konservieren. Er hatte ihr den Vorschlag unterbreitet, obwohl die Auktion noch gar nicht stattgefunden hatte, denn er hatte es als selbstverständlich angesehen, dass er das Bild bekam. Aber angesichts des Geldes, über das der Mann verfügte, hätte er wahrscheinlich jeden Preis dafür bezahlt.
    Doch obwohl ein solcher Job phänomenal gewesen wäre, hatte Callie nein gesagt. Nicht, weil das Projekt zu groß für sie gewesen wäre. Schließlich hatte sie im Rahmen ihres Studiums unter einer Reihe angesehener Restauratoren ein paar wirklich schwierige Arbeiten durchgeführt. Und der Copley mochte ziemlich schmutzig sein, stellte aber keine allzu große technische Herausforderung dar.
    Sie war einfach nicht wild darauf, für diesen Mann zu arbeiten. Sie wusste, wie Männer wie Jack Walker tickten, denn nicht nur ihr eigener Vater war ein solcher Mann gewesen, sondern auch in Stanleys Galerie hatte sie gelegentlich mit diesem Typ zu tun gehabt. Diese Männer dachten stets zuallererst an sich, und das hieß, dass es immer irgendwelche Ansprüche und Forderungen gab. Wahrscheinlich sprang der Kerl mit seinen Angestellten um, als wären sie problemlos austauschbar, und übte auch noch an den besten Arbeiten Kritik.
    Vielleicht irrte sie sich auch. Vielleicht war dieser Walker ein vollkommen netter Mensch, dem nebenher der Aufbau eines der größten Wirtschaftsimperien Amerikas gelungen war. Vielleicht war er offen und ehrlich, ein Ausbund menschlicher Tugend in einem Maßanzug. Vielleicht war er Nelson Mandela ähnlicher als Donald Trump.
    Doch sie hielt es für wahrscheinlicher, dass er ein zäher Brocken in den Kleidern eines Ehrenmannes war und sie besser auf Abstand zu ihm blieb. Obwohl sie das Geld hätte gebrauchen können, ließe sie sich besser nicht mit diesem Walker ein.
    Plötzlich machte Callie auf dem Absatz kehrt, um heimzugehen. Wenn sie weiter ganz allein an einem kalten Abend durch die Gegend liefe, brächte ihr das höchstens zwei nicht unbedingt willkommene Dinge ein: eine Lungenentzündung oder einen Überfall.
    Außerdem hatte sie größere Probleme als die tatsächlichen oder imaginären charakterlichen Defizite eines Mannes, den sie niemals wiedersehen würde.
    Sie bräuchte auch weiterhin ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen …
    Sie stopfte die Hände in die Taschen ihres Mantels und spürte, wie das Innenfutter riss.
    … und etwas zum Anziehen.

3
    J ack stand vor dem heruntergekommenen sechsstöckigen fahrstuhllosen Gebäude und runzelte die Stirn. Die Eingangstür hing schief im Rahmen, auf der Treppe lagen Flyer eines Chinarestaurants herum, und das ganze Haus sah irgendwie zusammengefallen aus. Er erklomm die fünf steinernen Stufen, beugte sich ein wenig vor und blickte durch das schmutzige Glas der Tür. Eine nackte Glühbirne hing über einer abgetretenen Treppe und dem abgenutzten Fliesenboden des Foyers.
    Er trat vor eine Gegensprechanlage mit einer Reihe Knöpfe. Wie nicht anders zu erwarten waren dort keine Namen angebracht, und so betätigte er willkürlich ein paar der Klingeln, war jedoch nicht im Geringsten überrascht, als keine Antwort kam. Schließlich hatte er auch nicht erwartet, dass das Ding tatsächlich ging.
    Fluchend trat er wieder einen Schritt zurück und sah noch einmal an dem Haus herauf. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass die Frau in einer derart armseligen Bude hausen sollte, deshalb zog er noch einmal den Zettel aus der Tasche, auf dem ihre Adresse stand. Er verglich den Straßennamen und die Hausnummer, die er von Grace bekommen hatte, mit der des Gebäudes, vor dem er gelandet war.
    Vielleicht hatte sie hier ja nur ihr Atelier.
    Ein kalter Windstoß fegte durch die Straße, und er drehte sich um. Er hatte wiederholt versucht, Ms Burke per Telefon zu kontaktieren, aber nicht mal einen Anrufbeantworter erreicht. Und da er morgen zurück nach Boston fliegen würde, hatte er gedacht, am besten führe er einfach kurz bei ihr vorbei, nur dass er bei dem Versuch anscheinend abermals in einer Sackgasse gelandet war.
    Für den Fall, dass wie so vieles andere an dem Haus auch das Schloss am Eingang nicht mehr funktionierte, drückte er gegen die Tür, doch als sie sich nicht öffnen ließ, hatte er endgültig genug.
    Er hatte schon genügend Zeit mit dieser Frau vergeudet. Wenn sie derart schwer zu finden war, hatte sie eben Pech. Er zerknüllte das Papier in seiner Hand und wollte kehrtmachen.
    In dem Moment bog eine Frau um eine Ecke am Ende

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