Kuss mit lustig
Informationen. Die Bundespolizei ist stinksauer, dass der Einsatz vermasselt wurde. Die durchleuchten jeden Einzelnen von uns.«
»Du bist doch von Haus zu Haus gegangen, nicht? Du hast mit allen Nachbarn gesprochen.«
»Mit jedem Einzelnen. Ich habe drei Häuserblocks abgegrast.« Er füllte seinen Thermobecher mit Kaffee und schraubte den Deckel auf. »Ich habe heute früh eine Besprechung. Ich schnappe mir unterwegs einen Bagel.« Er küsste mich zum Abschied auf die Stirn. »Ich muss los. Sei vorsichtig. Der Kerl ist geisteskrank. Scheiß ihm nicht noch in den Stiefel. Ich versuche, in Kontakt zu bleiben.«
Ich fütterte Bob und legte ihm die Leine an. »Zeit für unseren Morgenspaziergang«, sagte ich.
Ich wusste, dass wir irgendetwas übersehen hatten, und ein Spaziergang mit Bob gab mir die Möglichkeit, mich umzuschauen. Doms Komplize, der vierte Mann, war irgendwo in der Nähe. Er hatte das Schild gesehen, das eigentlich Dom galt. Er hatte den Schal gesehen. Er war es, der in Morellis Haus eingebrochen war und den Schlüssel an sich genommen hatte, und er wusste auch, wann Morelli und ich das Haus verlassen hatten, um Grandma nach Hause zu bringen.
Ich ging zwei Häuserblocks weit, in beide Richtungen, mehrmals. Wo steckte der Kerl bloß? Er musste hier irgendwo sein, ich konnte ihn praktisch riechen. Trotzdem bekam ich ihn nicht zu fassen.
Zook frühstückte gerade, als ich nach Hause kam. Er sah mich erwartungsvoll an.
»Nicht schlappmachen«, sagte ich.
»Es geht ihr doch gut, oder?«
»Ja.« Sie lebt, also geht es ihr gut. Oder nicht? Es gibt Schlimmeres im Leben, als ein oder zwei Zehen zu verlieren. Ich lächelte ihm aufmunternd zu, aber ich weiß nicht, ob es mir wirklich überzeugend gelungen war.
Ich brachte Zook zur Schule und kurvte noch mal durch Morellis Viertel. Als ich an seinem Haus vorbeikam, blickte ich hinauf zu den Fenstern im ersten Stock. Man konnte sie von der Straße aus sehen, aber ich konnte mir kaum vorstellen, dass der Kerl hier immerzu auf und ab fuhr. Er hockte irgendwo im Verborgenen und beobachtete von seinem Platz aus das Haus.
Im Kofferraum hatte ich immer eine Sporttasche mit den üblichen Utensilien, die wir Kopfgeldjäger benötigen: Handschellen, Fußschellen, Elektroschocker, Taschenlampe, Fernglas – und nicht zu vergessen Cheez Doodles. Wieder zu Hause bei Morelli kramte ich das Fernglas aus der Tasche, lief damit die Treppe nach oben und richtete es auf die Häuser gegenüber. Ich sah in alle Fenster. Ich sah in die Vorgärten, ich sah in die Autos, die vor den Häusern parkten, ich sah sogar über die Dächer hinweg, ob sich zu einem der Häuser im nächsten Block eine Blickachse auftat.
Ratlos stellte ich das Fernglas ab und legte die Hände auf die Augen. Denk nach, Stephanie. Was hast du übersehen? Irgendetwas hast du übersehen.
Ich nahm das Fernglas wieder zur Hand und suchte die Dachfirste ab. Und da war es! Eine Kamera! Sie war auf dem Dach montiert, unmittelbar gegenüber von Morellis Haus. Wie konnte ich die nur übersehen? Wahrscheinlich weil ich nicht danach gesucht hatte.
Ich rief Ranger mit meinem Handy an.
»Ich brauche mal eine technische Auskunft«, sagte ich zu ihm. »Kann man eine Kamera irgendwo montieren, zum Beispiel auf einem Dach, und sie von woanders aus steuern? Ich meine, benötigt man dazu Kabeln oder solche Sachen?«
»Nein. Man kann auch drahtlos Daten übertragen. Wenn man sich weiter wegbewegt, braucht man Relaisstationen. Oder man sendet und empfängt gleich über Satellit.«
»Angenommen, man will die Kamera ununterbrochen laufen lassen, Tag und Nacht. Dafür braucht man aber eine Energiequelle, oder?«
»Ja. Wenn die Kamera auf einem Dach ist, könnte man das Stromnetz des Hauses anzapfen. Noch leichter wäre es, wenn das Haus eine Satellitenschüssel hätte.«
Ich legte auf und rief Morelli von seinem Apparat im Büro aus an.
»Was ist?«, flüsterte er.
»Ich habe es.«
»Ich bin gerade in einer Besprechung«, sagte er. »Ist es wichtig?«
»Hast du nicht gehört? Ich habe es. Ich weiß, woher der vierte Mann von dem Schal im Fenster gewusst hat. Ich weiß, wieso er uns dabei beobachten konnte, wie wir mit Grandma das Haus verließen. Auf dem Dach gegenüber ist eine Kamera.«
»Ganz sicher?«
»Ich kann sie durch mein Fernglas sehen. Kennst du die Leute, die gegenüber von dir wohnen? Würden die eine Kamera auf ihrem Dach anbringen?«
»Gegenüber wohnen Mr. und Mrs. Geary. Nette Leute, aber die
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