Labyrinth der Geheimnisse 01 - Achterbahn ins Abenteuer
Sprosse. Seine Gedanken überschlugen sich. Was sollte er jetzt tun? Kresse folgen? Was lauerte da unten? Ein Verlies?
Vor Phils innerem Auge tauchte ein Horrorbild auf: ein Berg von Skeletten und dazu Spinnen, groß wie Fäuste, die mit ihren haarigen Beinen über die bleichen Knochen krabbelten.
Mit einem KRRCHCHCH schloss sich die Geheimtür über Phils Kopf. Es wurde stockfinster.
Was, wenn es doch nur ein Klo ist und das Loch in eine Klärgrube führt? Bei dem Gedanken sackten ihm fast die Knie weg.
Er sah Kresse vor sich, wie sie bis über den Bauchnabel in fauligem, glucksendem Morast versank.
Brauchte sie seine Hilfe?
Was hatte sie noch mal zu ihm gesagt? Du wolltest unbedingt hierher. Wenn ihr etwas passierte, war es allein seine Schuld.
Phil biss die Zähne zusammen. Und ließ sich fallen.
Mit Volldampf rutschte Phil durch eine lichtlose Röhre. Er sah nichts, dafür spürte er umso mehr. Die Röhre beschrieb Kurven, die ihn mitsamt seines Rucksacks von einer Seite zur anderen warfen.
Phil ruderte mit den Armen, wollte sich irgendwo festklammern, doch er fand nirgends Halt. Im Gegenteil: Er wurde immer schneller und schneller!
Seine Jeans glühte durch die Reibung und eine besonders scharfe Kurve schleuderte ihn so schräg gegen die Wand, dass er sich überschlug und auf dem Bauch weiterrutschte.
Phil schrie sich die Seele aus dem Leib.
Zwusch! Die nächste Kurve warf ihn zurück auf den Rücken. Die Kurven folgten nun dicht aufeinander und die Röhre wurde noch steiler. Sie glich einem riesigen Korkenzieher. Phil rauschte in die Tiefe.
„Aufhöreeeeen!“, bettelte Phil. Sein Herz raste. Sein Atem ging flach.
Und dann: ein Lichtstreif. Für einen Atemzug schöpfte Phil Hoffnung.
Doch schon kam die nächste Kurve. Phil riss die Augen auf. Nur wenige Meter weiter hörte die Röhre einfach auf! Oh nein. Sie mündete in einem kreisrunden Loch.
„Stopp-stopp-stopp-stopp-stopp!“, rief er panisch und strampelte mit den Beinen. Aber es half nichts. Die Röhre spuckte Phil aus und er stürzte in einen Schacht.
Irgendwo am Grund schimmerte Licht. Gerade genug, dass Phil erkennen konnte, wie tief es hinabging. An die zehn Meter.
Er kniff die Augen zu. Es musste eine Falle sein! Ohne Erbarmen zerrte die Schwerkraft ihn nach unten.
Das war’s, dachte Phil und erwartete den Aufprall.
WUMMMMM!
Phil landete mit solcher Wucht auf dem Rücken, dass alle Luft aus seiner Lunge gepresst wurde. Doch er spürte keinen festen Boden unter sich. Auch keinen Morast. Sondern Seile, die heftig mit ihm auf und ab wippten. Ein Spinnennetz?
Phil wagte zu blinzeln, hob den Kopf und sah, dass er tatsächlich in einem großen Netz gelandet war. Es war zwischen drei dicken Pfeilern gespannt.
Und neben einem dieser Pfeiler stand niemand anderes als … Jago! Er schwenkte eine Taschenlampe und grinste. „Abgefahrene Rohrrutsche, was?“
Habe ich mir den Kopf angeschlagen?, fragte sich Phil. Er rieb sich die Augen.
Aber Jago stand immer noch vor ihm. Er lebte. Und Kresse offenbar auch, denn sie rief von irgendwoher: „Das … das ist ja einfach tierisch cool!“
Jago half Phil, aus dem Fallnetz zu klettern. Phils Knie zitterten und seine Kehle brannte vom vielen Brüllen.
Als er zurücktrat, sah er, dass die Rutsche in einem Rohr mündete. Das Rohr ragte von einer gewölbten Decke herunter und hörte erst ein Stück über dem Netz auf. Es sah aus wie ein versteinerter Rüssel.
Rings um das Rohr erstreckte sich ein gewaltiger Raum. Phils Augen traten fast aus ihren Höhlen.
Jago kommentierte: „Nette Hütte, hm? Ich hab ihr schon einen Namen gegeben: U-Burg.“
Der Name passte wie die Faust aufs Auge. Phil fühlte sich, als wäre er in einen Burgsaal gefallen, nur ohne Fenster.
Eindrucksvolle Rüstungen reihten sich auf Sockeln entlang der Wände. Auf ihren Schilden prangte die Feuerspur und sie trugen Schwerter, Lanzen und wuchtige Streitäxte. Als wollten sie dieses unterirdische Reich bewachen.
Zur Linken entdeckte Phil eine Tafel voller Krüge, Töpfe und Kerzenständer.
„Wahnsinn …“, murmelte er.
Als er sich nach rechts drehte, verschlug es ihm glatt die Sprache. Ein steinerner Löwenkopf, hoch und breit wie ein Burgtor, füllte eine halbe Wand.
Kresse betastete gerade das Maul, das weit offen stand, als wollte der Löwe sie verschlingen.
Phil konnte kaum glauben, was er da sah. „Das muss das alte Hauptquartier der Löwenritter sein“, flüsterte er ehrfürchtig.
Jago lächelte.
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