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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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Virenscanner, der genau für solche Überraschungen gedacht war.
    Eben! Richtig geraten. Das waren Identifikationsprogramme, die die Datei zerstören sollten, falls sie auf einem fremden Rechner landete.
    Aber das kennen wir ja. Gegen solche Scherze sind wir seit langem geschützt. Die Identifikationsprogramme werden
meine Festplatte einfach nie zu Gesicht kriegen. Die bleiben hübsch auf Laufwerk D.
    Im Dokument selbst fand der Scanner eine weitere Überraschung, ein kleines Programm, das sich vermutlich starten würde, sobald ich die Datei lesen wollte. Auch damit hatte ich gerechnet. Ich kopierte die Datei erst auf eine Diskette, dann auf eine Laserdisc. Anschließend entkernte ich den Apfel aus den Gärten Al Kabars.
    Wenn ich die beiden angehefteten Dateien löschen würde, würde ich allerdings auch den Text zerstören. Deshalb unterdrückte ich sie lediglich, verhinderte, dass sie sich starteten. Danach kümmerte ich mich um die eingebaute Überraschung. Ich zerlegte die Datei in zwanzig Teile und sortierte dabei das Identifikationsprogramm aus. Ich entdeckte ein mir absolut unbekanntes polymorphes Virus, das sich – und das war echt nicht komisch! – bereits auf meinem Rechner eingenistet hatte. Nach zwei Stunden intensiver Arbeit, die ich nur unterbrochen hatte, um ein Aspirin zu schlucken und aufs Klo zu gehen, musste ich einsehen, dass ich das Virus nicht knacken würde.
    Es war schon reichlich spät – also genau die Zeit, wo Hacker sich an die Arbeit machen. Kurzentschlossen verpackte ich das Virus mit einem Stück Text und rief Maniac an.
    Es dauerte zwei Minuten, bis er ranging. Damit hatte ich aber noch Glück, denn er hätte sich auch im virtuellen Raum rumtreiben können, und dann hätte er weder das Klingeln des Telefons noch Feuer, Überschwemmungen oder andere kleine Gemeinheiten des täglichen Lebens registriert. »Ja?«

    »Maniac, ich bin’s.«
    »Hallo, Ljonja.« Jetzt klang Maniacs Stimme schon freundlicher. »Was gibt’s?«
    »Ich habe ein neues Virus für deine Sammlung.«
    »Dann schick’s mal rüber!«, verlangte Maniac und legte auf.
    Ich schaltete das Modem ein und sandte die Überraschung aus Al Kabar meinem Virenbauer in die gierigen Hände. Anschließend holte ich mir Brot und Wurst aus dem Kühlschrank und setzte in der Küche Teewasser auf. Eine halbe Stunde würde Maniac bestimmt für das Virus brauchen. Zehn Minuten, um es zu knacken, dann zwanzig Minuten, um sich an seinem Aufbau zu ergötzen, sich über dämliche Entscheidungen zu amüsieren oder die Stirn zu runzeln, wenn er auf etwas stieß, worauf er selbst noch nicht gekommen war. Seit der Moskauer Konvention, die sich mit dem Unvermeidlichen abgefunden und die Herstellung harmloser Viren legalisiert hatte, beschäftigte er sich genau damit: Er kreierte zuverlässige Viren, die jeden Rechner abstürzen ließen, dabei aber keine Daten löschten.
    Maniac rief jedoch schon nach drei Minuten zurück.
    »Warst du eventuell in Al Kabar?«, fragte er mit honigsüßer Stimme.
    »Ja.« Eine Lüge wäre sinnlos gewesen. »Hast du das Ding etwa schon geknackt?«
    »Das war gar nicht nötig. Das ist nämlich mein Virus, Kumpel!«
    »Tut mir leid«, sagte ich. Etwas Besseres fiel mir nicht ein.

    Maniac – der im realen Leben schlicht Schura hieß – fuhr ziemlich ernst fort: »Hast du denen etwa ein Programm geklaut?«
    »Nicht ganz. Aber ja, das Ding war in einer Datei versteckt.«
    »Hast du schon mit jemandem über Modem Kontakt gehabt? Nachdem du diese Datei gekriegt hast, meine ich?«
    »Nein.«
    »Dann bist du nochmal glimpflich davongekommen«, erwiderte Maniac. »Das ist nämlich kein simples Virus, sondern eine Postkarte.«
    Als ich nicht begriff, was er damit meinte, erklärte Maniac: »Eine Postkarte mit der Adresse des Absenders. Sobald das Virus feststellt, dass auf einem Rechner Kommunikationshardware angeschlossen ist, hängt er an jede Mail von dir noch eine winzige, unsichtbare … Postkarte. Ohne jeden Text, dafür aber mit deiner Adresse. Diese Postkarte verschickst du zusammen mit deiner Mail – und von der Kiste des Empfängers aus wird sie direkt an den Sicherheitsdienst von Al Kabar weitergeleitet.«
    Alles in mir drin gefror. »Dann habe ich mir also ein Virus eingefangen …«
    »Nein. Das, was du dir eingefangen hast, ist eigentlich kein Virus, das sind eher die Pseudo-Spiegelbilder, die es wirft. Damit will es den Rechner einlullen. Die meisten Scanner entdecken die Postkarte überhaupt

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