Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
herumtreiben.«
Jaryn lächelte. »Gesindel wie jener Rastafan, willst du sagen?« Ein Hauch von Wehmut zog durch seine Brust, als er den Namen aussprach.
Saric senkte den Blick. »Ihr habt ihn freigelassen. Ich habe – verzeiht mir meine Kühnheit – ich habe darüber nachgedacht. Über seine Untaten und Eure Großmut …« Er zögerte, als hätte er bereits zu viel gesagt.
»Sprich nur weiter!«, ermunterte ihn Jaryn. Er war neugierig, wie Saric darüber dachte, und gleichzeitig erstaunt, dass er etwas auf die Meinung seines Dieners gab.
Saric atmete tief durch. »Herr. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Großmut nicht der Grund gewesen sein kann, nicht der Einzige«, fügte er hinzu. »Ereignisse von göttlicher Gewalt müssen im Spiel gewesen sein, denn die Sache war – Ihr verzeiht – so abwegig, dass Euch ein himmlischer Befehl zuteilgeworden sein muss.«
»Ein himmlischer Befehl?«, wiederholte Jaryn sinnend, während er sich an alle Einzelheiten erinnerte. »Ja Saric, himmlisch, göttlich, du hast vollkommen recht. Es war eine Stimme, die von Achay direkt zu meinem Herzen gesprochen hat. Königlich befehlend, weise abwägend, mild bittend. Und nun geh und beschaffe mir ein paar Bauernhosen, Lederschurz, Kappe und Wams. Ich kann nicht erwarten, dass mein Weg ohne Gefahren ist, aber von Rastafan und seinen Gesellen dürfte mir nichts Übles widerfahren.«
10
Rastafan war zurückgekehrt, ohne etwas erreicht zu haben. Mürrisch und maulfaul war er. Was ihm in Margan widerfahren war, darüber wollte er nicht sprechen.
Ob er bei Orchan gewesen sei? Ja. Und die Kette? Die habe er da gelassen, aber aus dem Geschäft sei trotzdem nichts geworden. Warum nicht? Es sei etwas dazwischen gekommen. Was, das ginge niemand etwas an. Es sei schließlich seine Kette gewesen.
Seine Mutter fragte nicht weiter. Wenn ihr Sohn so gereizt von einer Mission zurückkam, musste etwas Verhängnisvolles passiert sein, etwas Schreckliches gar, das ihn so mitgenommen hatte, dass er sich ganz entgegen seiner Natur in sich gekehrt und ungesellig gab. Da er aber keinerlei äußerliche Schäden davongetragen hatte, war für Zahira die Sache klar: Die Kette war schuld. Sie und dieser Sonnenpriester. Der hatte Rastafan verwünscht. Mitten hinein in seine Seele hatte er einen Fluch gepflanzt, der dort wie ein Baum Wurzeln schlagen würde, wenn sie nichts dagegen unternahm. Sie musste es nur geschickt anfangen, denn ihr Sohn glaubte nicht an Flüche. Vorerst jedoch musste diese Sache zurückstehen. Besuch war gekommen …
An der erloschenen Feuerstelle saß ein großer, schlanker Mann, schwarz gebrannt von der Sonne, mit scharfem Blick und kühner Habichtnase und sprach mit Zahira. Sein weiter Umhang war schwarz, schwarz war auch das Tuch, das Haar und Schultern bedeckte. Dunkles schien von ihm auszugehen wie von einem Meuchelmörder, der nachts sein Unwesen trieb. Rastafan betrat den Raum, warf ihm einen abwägenden Blick zu und nickte dann knapp zur Begrüßung. »Ist das dein Pferd da draußen?«
Der Mann nickte. »Es heißt Wüstenwind und ist fast genauso schnell.«
»Darf ich es einmal reiten?«
»Rastafan!«, mischte sich seine Mutter ein. »Willst du nicht wissen, wer gekommen ist?«
Rastafan setzte sich auf eine Bank. »Du bist ein Schwarzer Reiter und kommst aus Achlad«, stellte er fest. »Das ist ein weiter Weg. Es liegt hinter der weißen Wüste, aus der die Sandstürme kommen. Bist du ein Verwandter? Meine Mutter stammt aus Achlad, aber sie war noch ein Kind, als sie geraubt wurde.«
Der Fremde lächelte. »Ich bin Lacunar, deine Mutter ist meine Schwester.«
Rastafans verschlossene Miene öffnete sich und erlaubte ein Lächeln. »Dann bist du mein Onkel. Sei willkommen bei den Berglöwen!« Rastafan streckte ihm die Hand hin, sie packten sich bei den Handgelenken. Doch dann fragte er bestürzt: »Du willst doch meine Mutter nicht heimholen?«
Lacunar lachte, und Zahira antwortete: »Seit dein Vater mich auf die Kissen geworfen hat, ist das hier meine Heimat. Ich verlasse sie niemals.«
»So ist es«, bestätigte Lacunar. »Deine Mutter hätte längst zurückkommen können, wenn sie gewollt hätte.«
Das beruhigte Rastafan. »Bist du allein gekommen?«
»Mit dreißig Mann, sie lagern beim Kuhkopffelsen. Eure Gegend taugt nicht für unsere Pferde. Sie sind weites, freies Land gewohnt.«
»Was sind eure Absichten in Jawendor?«
»Wir sind hier, um ein paar gewinnbringende Unternehmungen abzuwickeln,
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