Lady Daphnes Verehrer
Ich war in seinen Augen zu sündig, um ein Kind seines Blutes aufzuziehen. Mein schlechter Charakter würde es verderben. Im Lauf der Schwangerschaft wurde mir bei der Vorstellung, mich von meinem Kind zu trennen, das Herz immer schwerer. Margaret merkte, wie trübsinnig ich wurde, und erriet den Grund. Da hat sie mir vorgeschlagen, dass wir ihn täuschen.«
»Sie wird mir immer sympathischer.«
»Sie schrieb dem Herzog, ich hätte das Kind während einer Krankheit verloren. Die letzten Monate der Schwangerschaft haben wir in einem Cottage am Rand von Eccles verbracht. Nach Estelles Geburt blieb ich eine Zeit lang allein dort. Ich hatte das Gefühl, es sei zu gefährlich, sie bei mir zu behalten. Ich befürchtete, der Herzog würde Margaret aus dem Haus werfen und mich ebenfalls, wenn er es herausfand. Am meisten Angst hatte ich davor, dass er mir Estelle wegnehmen und ich sie niemals wiedersehen würde.«
Etwas von dieser Angst schwang nun auch in ihrer Stimme. Castleford ergriff ihre Hand und presste seine Lippen darauf. »Haben Sie diese Befürchtungen immer noch? Haben Sie Angst, Sie könnten sie an Latham verlieren? Wollten Sie deshalb ganz sicher sein, dass er in Frankreich ist, bevor Sie jemandem anvertrauen, wer sie ist? Daphne, ein Vater hat hinsichtlich eines Kindes keine Rechte, wenn er nicht mit der Mutter verheiratet ist.«
Sie kam mit erhobenem Zeigefinger auf ihn zu und sah ihm in die Augen. »Sie wissen nicht, wie es ist, als Frau allein dazustehen, ohne jede Unterstützung – und nur mit einer Familie im Rücken, die einen immer schlecht behandelt hat. Hätte sie mir einer von ihnen weggenommen – der Vater oder der Sohn –, hätte ich nie die Mittel aufbringen können, um dagegen anzugehen. Erzählen Sie mir nichts von Rechten, Castleford. Für eine alleinstehende Frau ohne Geld ist die Macht eines Herzogs äußerst furchterregend.«
Er wollte ihr widersprechen und sagen, dass kein Mann eine solche Macht hatte. Aber er wusste nur zu gut, dass er durchaus einer Mutter ein Kind wegnehmen lassen und es so organisieren konnte, dass man weder seine Handlanger noch das Kind jemals finden würde.
»In der Nähe von Eccles wohnen die Foresters, eine liebe Familie, die mich unterstützt hat. Ich ließ Estelle bei ihnen. Ich schickte Geld und habe sie so oft wie möglich besucht. Ich bin mit der Postkutsche hingefahren, habe mein Kind eine Stunde lang in den Armen gehalten und bin dann gleich wieder zurück nach Cumberworth. Nur ein Mal, als Estelle krank war, bin ich länger geblieben.«
»Wann sind Sie Mrs Joyes geworden?«
»Als ich zu Margaret kam. Es war offensichtlich, dass ich ein Kind erwartete. Ich wurde zu einer Kriegswitwe, denn es gab so viele in England, dass eine mehr nicht auffiel. Als ich Becksbridge abermals aufgesucht habe, machte ich ihn glauben, ich hätte Hauptmann Joyes geheiratet und ihn kurz darauf im Krieg verloren. Ich hoffte, dass Latham, falls er nach dem Tod des Herzogs auf Dokumente mit dem Namen ›Mrs Joyes‹ stieß, nicht darauf kommen würde, dass es sich um mich handelte. Ich dachte auch, ich würde nie wieder in die Nähe von London geraten. Ich hatte gehofft, Becksbridge würde mir ein Haus in der Nähe von Margaret und Estelle geben, aber dann habe ich das hier bekommen.« Sie breitete die Hände aus und wies auf das Land ringsum.
»Und dann haben Sie hier gelebt und darauf gewartet, dass der alte Becksbridge stirbt.«
»Ich habe darauf gewartet und gleichzeitig Angst davor gehabt. Ich dachte, wenn er mir das Grundstück vermacht, wie er angedeutet hatte, und wenn Latham in Frankreich bleibt, da es ihm dort besser zu gefallen schien, könnte Estelle hier bei mir leben und alles wäre gut.«
»Aber er hat mir das Anwesen hinterlassen und Latham ist nach England zurückgekehrt.«
»Ja.«
Er zog sie in seine Arme, wie er es schon seit seiner Ankunft hatte tun wollen. Er hatte sich drei lange Wochen danach gesehnt.
»Sie müssen sich keine Sorgen mehr machen. Sollte er von Estelle erfahren, werden Sie im Kampf gegen ihn nicht allein dastehen. Er wird es nicht wagen, das Kind als Mittel zu benutzen, um Ihnen wehzutun, denn wenn er es versucht, bringe ich ihn wirklich um.«
Sie lächelte zaghaft. »Ich werde daran denken, Hoheit, und Sie umgehend informieren, wenn ich erfahre, dass er von ihr weiß. Es ist gut, nicht mehr in Angst leben zu müssen.«
Sie hatte anscheinend nicht verstanden, was er meinte. Vielleicht hatte sie es aber auch nicht verstehen
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