Lady Marys romantisches Abenteuer
tun.“
Doch kaum hatte der Portier den Schlag geöffnet, war Mary schon ohne Hilfe aus der Kutsche gesprungen und sprach den Soldaten an, der als Wache am Eingang postiert war.
„Was ist da drinnen passiert?“, fragte sie in atemlosem Französisch. „Sagen Sie es mir, bitte! Meine Familie befindet sich in dem Gasthof!“
„Ich bin Lord John Fitzgerald“, sagte John jetzt, der zu ihr getreten war und ihre Hand nahm, „und das ist meine Frau. Ihre Schwester ist Gast in diesem Gasthof, und wir müssen …“
„Keiner darf eintreten, Monsieur“, antwortete der Soldat. „Wir haben Befehl, es keinem zu erlauben, wegen der englischen Damen, die man entführt hat.“
„Englische Damen!“, wiederholte Mary und griff hastig nach Johns Arm. „Ihre Namen, Monsieur, Sie müssen mir ihre Namen sagen!“, fügte sie hinzu.
Der Mann schüttelte den Kopf. „Alles, was ich Ihnen sagen kann, Madame, ist, dass sie die Töchter eines großen englischen Herrn sind, des Duke of Aston.“
„Aber das ist mein Vater!“, rief Mary. „Ich bin Lady Mary …“
„Lady Mary!“ Miss Wood stürzte aus dem Gasthof und schlang die Arme um sie. In ihrer Begleitung kam ein weiterer Soldat, ein Offizier. „Oh, Mylady, ich dachte, ich hätte Ihre Stimme gehört! Gott sei Dank, Sie sind heil und gesund. Nun, wo ist Lady Diana, damit ich …“
„Sie ist nicht bei uns, Miss Wood“,sagte John und geleitete alle ins Haus, fort von den Neugierigen, die auf der Straße standen. „Erzählen Sie uns, was geschehen ist.“
„Die Angelegenheit ist klar, Monsieur“, mischte sich der Offizier ein. „Die englischen Damen sind wegen der Hoffnung auf Lösegeld entführt worden. Wir erwarten jeden Augenblick eine Nachricht.“
Miss Wood zitterte. Ihr Gesicht war ganz bleich, und sie umklammerte Marys Hand, als fürchtete sie, Mary könnte wieder verschwinden. „Wenn Sie in Sicherheit sind, dann ist es Diana vielleicht auch. Vielleicht muss ich Ihren Vater gar nicht herkommen lassen. Vielleicht hat Ihre Ladyschaft sich nur … nur mit einem Gentleman getroffen. Doch wer könnte das sein? Gestern Abend bei dem Salon hat sie kaum mit jemandem gesprochen.“
„Sie sprach mit dem Comte d’Archambault“, sagte John. „Wir sahen sie mit ihm am Kamin sitzen.“
„Der Comte d’Archambault ist ein großer Herr in diesem Land, Monsieur, und ein Favorit bei Hofe“, mischte sich der Offizier fast tadelnd ein. „Nie wäre der Comte in so ein Verbrechen verwickelt.“
Mary warf John einen Blick zu. Sie erinnerte sich daran, was er ihr über die Vergangenheit des Comte erzählt hatte und auch daran, dass es in Frankreich für Reiche und Leute mit Titeln eine andere Gerechtigkeit gab. Die Angst um ihre Schwester wuchs. „Sagen Sie uns, wann Sie unser Verschwinden bemerkt haben, Miss Wood.“
Miss Wood nickte, während ihr Tränen übers Gesicht liefen. „Zusammen mit dem Zimmermädchen wollte ich Sie heute Morgen zum Frühstück wecken. Und, ach Gott, was sahen wir da! Sie und Ihre Schwester waren beide verschwunden, das ganze Zimmer war auf den Kopf gestellt und …“
„Der Engel“, flüsterte Mary entsetzt. Sie hatte das Bild in Dianas Schutz zurückgelassen. Niemals hatte sie beabsichtigt, ihre Schwester dadurch in Gefahr zu bringen. Neben diesen Ereignissen erschien ihr eigenes skandalöses Davonlaufen wirklich ziemlich belanglos. „Schnell, John, komm mit!“
Sie stürmten die Treppen zu dem Schlafzimmer hinauf, das sie mit Diana teilte, vorbei an einem weiteren Soldaten, der an der Tür postiert war. Der Raum war ein einziges Durcheinander. Ihre Kleider und ihre Habe waren im ganzen Zimmer verstreut, genau wie Miss Wood gesagt hatte. Und genau so, wie es auch in Chantilly geschehen war. Mary lief direkt zum Bett und kauerte sich nieder, um unter die Matratze zu schauen.
Jemand hatte die Seile der Bettfederung durchgeschnitten. Das Bild war verschwunden.
Sie ließ sich auf die Fersen zurückfallen, als hätte sie einen Schlag erhalten. „Sie haben meinen Engel gestohlen.“
„Sie haben deine Schwester und dein Bild“, stellte John erbittert fest und streckte ihr die Hand hin. „Wir müssen uns sofort auf den Weg machen, Mary. Wir müssen d’Archambault einen Besuch abstatten, und wir dürfen keinen Augenblick verlieren.“
14. KAPITEL
D’Archambault saß in seinem Sessel so dicht am Feuer, dass Funken und glühende Asche verkohlte kleine Löcher auf der schweren Wolldecke hinterließen, die seine Knie bedeckte. So
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