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Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Titel: Längst vergangen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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in den letzten paar Tagen angeblafft. Seit dem Überfall habe ich nur im Haus herumgehangen und mich durch die Flasche Vicodin gearbeitet, die ich vom Kranken haus mitbekommen habe. Die Pillen betäuben den Schmerz, aber sie richten nichts gegen das ständige Jucken aus, das von der Stelle ausgeht, an der mal mein Finger war.
    Das macht es schwer, bei Laune zu bleiben.
    Diane sagt, sie versteht das, aber deswegen fühle ich mich nicht besser.
    »Tut mir leid«, sage ich.
    Diane legt die Schere auf die Theke und geht aus der Küche hinaus ins Wohnzimmer, weg von mir.
    Ich kann es ihr nicht verübeln.
    Ich sehe auf die Schere, dann auf den Verband an meiner Hand. Ich spüre die Wut in mir aufsteigen, und ich verdränge sie so gut ich kann.
    Es fällt mir mit jedem Mal schwerer.
    Als ich glaube, sie im Griff zu haben, nehme ich die Schere und lege sie auf das Päckchen, dann gehe ich zur Garderobe an der Haustür und schnappe mir meine Jacke.
    Diane kommt um die Ecke. »Du willst raus?«
    »Ich gehe spazieren«, sage ich. »Ich muss mal etwas frische Luft schnappen, einen klaren Kopf kriegen.«
    Sie tritt näher und legt ihre Hand auf meinen Arm, dann schmiegt sie sich an mich und küsst mich sanft. Als sie sich von mir löst, sieht sie mich unverwandt an, und wie immer verliere ich mich ein wenig in ihren Augen.
    »Quäl dich nicht«, sagt sie. »Bei allem, was passiert ist, sind deine Gefühle ganz natürlich.«
    Ich nicke, aber ich glaube nicht an die »Opfertrauma«-Theorie, zumindest nicht in meinem Fall. Ich will nur Fortschritte machen, bzw. wieder den Zustand erreichen, der vorher war. Manchmal denke ich, dass ich es schaffe, aber da ist noch eine andere Stimme, eine dunkle, und sie lässt mich nicht vergessen, egal, wie sehr ich mich bemühe.
    »Wird schon wieder.«
    Diane lächelt und berührt meine Wange, dann wendet sie sich ab.
    Ich öffne die Haustür und gehe in den Nachmittag hinaus.
    – – –
    Am Ende der Auffahrt angelangt, biege ich links ab und gehe in Richtung Universität. Ich weiß nicht, wie weit ich komme, aber ich beabsichtige, so weit zu laufen, bis ich wieder anfange, mich wie ein Mensch zu benehmen, egal, wie lange das dauert.
    Zum Glück ist es ein schöner Weg.
    Die Bürgersteige in unserem Viertel sind breit und von hohen Eichen gesäumt, deren Laub die Straßen im Sommer mit Grün und im Herbst den Boden mit Gold überzieht. Je näher man dem Campus kommt, desto älter sind die Häuser und desto ruhiger die Straßen.
    Ruhig.
    Es dauerte etwas, sich daran zu gewöhnen.
    Als Diane und ich uns kennenlernten, hatte ich eine Einzimmerwohnung ein paar Blocks vom Regierungsviertel entfernt. Nebenan war eine Pension und auf der anderen Straßenseite eine Bar, und es war alles andere als ruhig. Es war nicht die schlechteste meiner bisherigen Wohnungen, aber man sollte doch besser nicht nach Einbruch der Dunkelheit draußen herumlaufen.
    Diane wollte damit nichts zu tun haben.
    Sie arbeitete als Einkäuferin für eine örtliche Kunstgalerie und hatte eine Eigentumswohnung im Stadtzentrum. Wir befanden, wir bräuchten eine größere Wohnung in einem besseren Viertel, wenn wir heirateten, etwas, in das wir hineinwachsen könnten. Nachdem ich den Job an der Universität angenommen hatte, fingen wir also an zu suchen.
    Wir verliebten uns in die erste, die wir sahen.
    Es war ein kleines Backstein-Fachwerkhäuschen, das sich in eines der ältesten Viertel der Stadt schmiegte. Nicht zu weit von der Galerie und in Fußnähe zur Universität.
    Es war perfekt, und wir machten am selben Abend ein Angebot.
    Wir zogen nicht sofort ein. Diane war abergläubisch und wollte nicht zusammenwohnen, bevor wir verheiratet wären.
    »Wir können einen Monat warten«, sagte sie.
    Ich bemerkte, dass wir fast jede Nacht gemeinsam verbracht hatten, seit wir uns kannten, aber sie wollte nicht nachgeben. Sie wollte, dass wir erst verheiratet wären.
    Ich müsste lügen, wollte ich behaupten, dass das für mich irgend einen Sinn ergab, aber was macht man nicht alles aus Liebe. Am Ende erwies es sich als eine gute Sache, kürzer zu treten, um eine Verschnaufspause einzulegen. Bis dahin hatten sich die Dinge alles andere als langsam entwickelt.
    Zum ersten Mal begegnete ich Diane auf einer Lesung, die Doug in der Uni arrangiert hatte. Ich hatte in dem Jahr bereits einen kurzen Roman bei der Universität Press veröffentlicht, und ich war im Gespräch für eine Lehrtätigkeit. Doug meinte, eine Lesung könnte den Deal

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