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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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Vermutlich erweckt er lediglich alte Erinnerungen zu neuem
Leben, die besser begraben bleiben sollten.
    Einen kurzen Augenblick lang überlegt
er, der ganzen Vergangenheit zu entfliehen, sich ins Auto zu setzen und zurückzufahren.
Siebzig Kilometer nach Malmö, weiter ist es nicht. Sechshundert Kilometer nach Berlin.
    Inzwischen ist es achtundzwanzig Jahre
her, seit er aufgebrochen ist und das Leben ihn rund um den Globus geführt hat.
Einmal, als er in Schweden war, kam er bedenklich nahe. Doch der Ort selbst war
für ihn eine verbotene Zone, kontaminiertes Gebiet, in das er niemals wieder gewagt
hat, seinen Fuß zu setzen. Und jetzt steht er also auf dem Marktplatz und muss
feststellen, dass von Kontamination keine Rede sein kann.
    Die Nachricht von Hermans und Signes
Tod war vielleicht ein Zeichen.
    «Können wir uns morgen um zwölf Uhr
am Haus treffen?», hat die Kriminalinspektorin gefragt, als sie anrief.
    Konrad zögerte eine Sekunde. Doch dann
entschied er sich. Früher oder später würde er sowieso dorthin müssen.
    Hermans und Signes altes Eternithaus,
eingekeilt zwischen den Eisenbahnschienen und dem Friedhof. Er sieht es bereits
vor sich. Spürt den Geruch. Leicht abgestandener Muff vermischt mit der herben Süße
von Signes frischgebackenem Zwieback. Von seinem Zimmer im Obergeschoss konnte
Konrad das Gejohle vom Sportplatz hören, wenn ein Spiel stattfand. Er ging nur selten
hin. Sein Album war aber bereits lange vor der WM in Deutschland mit Sammelbildern
vollgeklebt. Ralf Edström, Ronnie Hellström und Bosse Larsson. Konrad ließ sich
kein Spiel entgehen, das sie im Fernsehen zeigten. Als die Polen mit Lato, Deyna
und Szarmach die Brasilianer schlugen und Bronze holten, schlug sein Herz ein wenig
höher. Beckenbauer, Neeskens und Cruyff, das war das schönste Schauspiel überhaupt,
fand er. Kein Vergleich zu dem Herumgebolze in der Schule, das eher einer Schlammschlacht
glich.
    Die Polizistin sagte am Telefon, dass
die Leichen im Schuppen gefunden worden seien. Das Wohnhaus war im Großen und Ganzen
unangetastet. Lediglich eine Kommode im Schlafzimmer war aufgebrochen worden. Konrad
konnte sich nicht aufraffen zu fragen, ob Klas noch dort wohnte.
    «Natürlich», sagte er stattdessen.
«Ich komme um zwölf.»
     
    I n weniger als
einer Viertelstunde hat er den Wagen geholt und die Strecke von der Ortsmitte bis
hinaus zum Haus an den Bahngleisen zurückgelegt. Es liegt ein wenig abseits, als
wollten die anderen Häuser nicht unbedingt etwas mit ihm zu tun haben. Graues Eternit,
hier und da durch Feuchtigkeit und Schmutz nachgedunkelt. Das Haus ist kleiner,
als Konrad es in Erinnerung hat. Auf der Vorderseite stehen ein paar Fliederbüsche,
und in dem kleinen Garten auf der Rückseite kann er zwei Apfelbäume sowie eine geblümte
Hollywoodschaukel erkennen. Auf der Straße steht ein Polizeiwagen.
    Als er aus dem Auto steigt, sieht er,
dass blau-weißes Absperrband um den Holzschuppen gespannt ist, in dem Herman und
Signe Rasenmäher und Fahrräder abstellten. Er geht vorsichtig näher heran.
    «Konrad Jonsson! Jetzt isses also an
der Zeit zurückzukommen ...»
    Erst begreift er nicht, woher die Stimme
kommt. Doch dann sieht er, dass im Schatten unter dem größeren Apfelbaum jemand
auf einem Gartenstuhl sitzt.
    «Jetzt, wo's ums Erbe geht, was? Da
isses wohl Zeit, wie 'n verdammter Geier mit den Flügeln zu schlagen.»
    Konrad hört, wie sich der Mann unterm
Baum räuspert und eine Ladung Spucke in Richtung Rosenbeet abfeuert.
    «Konrad Jonsson ohne Tüttelchen ...
Jönsson war wohl nicht fein genug, was? Taugte nicht, als er 'n aufgeblasener Journalist
werden wollte. Nee, draußen in der vornehmen Welt konnte man nicht einfach Jönsson
mit Tüttelchen heißen. Zum Teufel auch, der Name ist viel zu gewöhnlich, da müsste
man sich ja schämen. Konrad Jonsson klingt ja auch viel besser.»
    Der Mann im Schatten macht keine Anstalten
aufzustehen. Spärliche Sonnenstrahlen bahnen sich einen Weg hinab durch Blattwerk
und verwelkte Apfelblüten und werfen ein scheckiges Muster auf den Rasen. Ein Leopardenfell.
Von außen ist es schwierig, unter die Zweige zu sehen. Alles, was Konrad erkennen
kann, ist ein massiger zusammengesunkener Körper auf dem Stuhl. Doch die Stimme
ist unverwechselbar.
    «Klas! Du wohnst also noch hier ...»
    «Da kannst du aber Gift drauf nehmen.
Du hast wohl gehofft, dass ich weg bin, was? Nein, mein Lieber, man ist immer noch
vor Ort. Aber setz dich doch, zum Teufel.»
    Er

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