Laennaeus, Olle
ganze Boden war blutüberströmt.
«Der Rechtsmediziner sagt, dass sie
wahrscheinlich gegen Mitternacht gestorben sind. Ein Nachbar erinnert sich, es ein
paarmal knallen gehört zu haben, konnte die Geräusche aber nicht einordnen.»
Konrad sieht sie vor sich auf dem Steinboden
liegen. Herman und Signe, die ihr Leben lang mit so wenig zufrieden waren. Die vielleicht
nicht immer verstanden, was um sie herum vorging, aber niemals jemandem etwas zuleide
getan hatten. Wer könnte ihnen Böses wollen?
«Da ist so einiges, was uns Rätsel
aufgibt», fährt Eva Ström fort und schaut ihn an, als erwarte sie eine Antwort von
ihm. «Eine Kommode im Schlafzimmer war aufgebrochen; dort haben sie immer etwas
Bargeld verwahrt. Das behauptet jedenfalls Klas. Aber warum um alles in der Welt
sollten ein paar gewöhnliche Einbrecher sie auf diese Art und Weise hinrichten?»
Es wird still in der Küche. Eva Ström
wirft rasch einen Blick auf ihren Notizblock, auf dem sie bis jetzt nur ein paar
kurze Sätze notiert hat. Sie nimmt den Block und fächelt sich Luft zu. Ihr breites
Gesicht glänzt vor Schweiß. Dann steht sie langsam auf, öffnet ein Fenster und hakt
die Ose ein.
Das Trillern einer Amsel, die auf dem
höchsten Zweig des Apfelbaums sitzt, erfüllt die Küche. Es klingt wehmütig.
Konrads Blick fällt auf das Stickbild,
das schon seit eh und je über der Küchenbank hängt. Jeden Morgen, wenn er seine
Grütze löffelte, musste er den Text lesen: Hochmut kommt
vor dem Fall.
Auf dem Kiesweg draußen hört er Schritte.
Eine Autotür wird geöffnet und schlägt zu. Ein Motor startet röhrend, und ein Wagen
fährt davon. Sie horchen beide nach dem Geräusch, das langsam abebbt.
«Da ist noch eine Sache», sagt Eva
Ström.
Konrad wartet.
«Herman und Signe Jönsson waren sehr
vermögend.»
«Wie bitte?»
«Sie haben vor einiger Zeit im Lotto
gewonnen. Zwölf Millionen. Und sie haben das Geld anscheinend einfach auf einem
Konto bei der Sparkasse liegenlassen.»
«Aber wie ...»
«Für uns, die wir Mordermittlungen
betreiben, ist das natürlich zweifelsohne interessant. Dass ein eindeutiges Motiv
erkennbar ist, meine ich.»
Zwölf Millionen Kronen! Konrad ist
völlig benommen. Und erst in dem Moment, als Eva Ström erneut den Mund öffnet, wird
ihm klar, worauf sie hinauswill.
«Herman und Signe Jönsson haben zwei
Erben: Sie und Klas.»
D as Hotelzimmer
riecht muffig. Eine Art graues Einerlei aus Gerüchen, das entsteht, wenn Ausscheidungen,
Parfüms und Rasierwasser einer unendlichen Anzahl von Gästen über Jahre hinweg
auf einer Palette zusammengerührt werden. Der Teppichboden ist voller Flecke, und
der Wasserhahn im Bad tropft.
Er lässt sich bleischwer auf die Bettkante
fallen. Das Mädchen an der Rezeption hätte vom Alter her seine Tochter sein können;
vielleicht ist sie das Kind eines seiner ehemaligen Klassenkameraden, denkt er.
Sie lächelte freundlich und fragte, ob dies sein erster Besuch in Tomelilla sei.
«Nein, nicht ganz.»
«Dann also willkommen zurück.»
Konrad hat im Speisesaal ein fetttriefendes
Bauernfrühstück gegessen und zwei Bier getrunken. Er ist müde. Er zieht die Gardinen
zur Seite und schaut hinaus auf den Marktplatz, der verlassen daliegt. Öffnet das
Fenster weit und lässt die kühle Nachtluft ins Zimmer strömen. In der Ferne hört
er grölende Stimmen. Er füllt die Lungen mit einem tiefen Atemzug, bevor er wieder
ins Bett geht.
Dann nimmt er das Handy und blättert
im Namensverzeichnis.
Sonja.
Er betrachtet lange ihren Namen. Legt
dann das Handy zur Seite und bettet seinen Kopf wieder auf das Kissen.
KAPITEL 2
Ü ber Sven Myrbergs
Mondlandung sollte noch lange geredet werden.
Für die Leute aus der Gegend wurde
sie sozusagen zum Beweis dafür, dass der Junge sowohl ein Genie als auch wahnsinnig
war.
Es war der 20. Juli 1970, der Jahrestag
der Mondlandung von Apollo 11, und alles war vorbereitet.
Sven war zehn Jahre alt, und heute
war sein großer Tag. Ein frischer Westwind blies kleine Wattewölkchen über einen
strahlend blauen Himmel und rüttelte ordentlich an der selbst errichteten Dachveranda,
die hoch oben auf dem First des Myrberg'schen Hauses balancierte. «Ameisenhügel»
wurde das Haus der kinderreichen Familie genannt - nicht gerade ein origineller
Name für eine Familie, die die Ameise, «myra», im Namen trug.
Hier sollte heute ein Flug stattfinden,
und was für einer. Der Wind würde eine große Hilfe sein. Die Grasfläche vor
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