Lakefield House (German Edition)
Panik.
Mit einem Seufzen schwang Rebecca die Beine über die Bettkante und stand auf. Der Blick in den Spiegel war nur mäßig zufriedenstellend. Wenn man von ihren Augen absah, war ihr Gesicht das einer völlig gewöhnlichen, übernächtigten Vierundzwanzigjährigen – was sie schlussendlich ja auch war.
Rebecca unterzog sich einer Katzenwäsche und nahm ihre vorletzte Aspirintablette aus der improvisierten Haus-apotheke.
In der Küche angekommen, zog sie die Verandatür auf.
Connor McHugh stand mit einer Leiter auf dem Pavillon und schweißte etwas, das er vorher mit dem Hammer bearbeitet hatte. Schnell wandte sie ihren Blick von dem grellen Licht ab und beschloss zu frühstücken, bevor er sie bemerkte. Als sie sich dem Esstisch zuwandte, stand der Lasagneteller vom Vortag nicht mehr darauf. Er stand stattdessen auf der Spüle. Rebecca versuchte sich zu erinnern, dass sie den Teller aufgeräumt hatte, doch es gelang ihr nicht. Wie auch, bei diesen grässlichen Kopfschmerzen? Achselzuckend wandte sie sich dem Flyer am Kühlschrank zu und überlegte, ob es dort auch bestellbares Frühstück gab. Und vielleicht einen Kaffee. Sie hatte zwar ein wenig Instantkaffee mitgebracht, aber -
„Miss Turner?“
Der Schmied winkte an dem Kartonberg vorbei. Sie zog schnell einen Bademantel über das dünne Nachthemd und öffnete die Tür.
„Woher kennen Sie meinen Namen?“
Er grinste breit.
„Das ist ein Dorf, Miss. Mein Vater spielt mit Jimmy Harrold Golf.“
„Verstehe. Also, was ist los?“
„Ich habe nur eine Frage wegen des Pavillons. Könnten Sie wohl für einen Augenblick rauskommen?“
Sie schnaufte. „Was ist denn?“ Wohl wissend, dass sie sich nicht nur unausstehlich fühlte, sondern es auch war, trat sie dem Schmied gegenüber. Ihr kam es vor, als wäre er seit dem letzten Abend noch gewachsen. Aber eines hatte sich nicht geändert: er lächelte unerschütterlich.
„Es geht um die Farbe.“
„Was ist damit?“
„Wollen Sie den Pavillon in grün oder in blau?“
„In Schwarz.“
„Wirklich?“ Conner McHugh kratzte sich zweiflerisch die Schläfe. „Ist das nicht etwas langweilig?“
„Nein, das ist geschmackvoll. Wo haben Sie denn ihre kleine Freundin?“
„Sie jagt Ratten.“
Rebecca riss den Mund auf. „Es gibt hier Ratten?“
„Nein, aber da sie keine Mäuse fängt, rede ich mir ein, dass sie sich schlicht höhere Ziele gesteckt hat.“
Oh Gott , dachte er, beinahe hätte sie aus Versehen gelächelt.
„Wollen Sie den Pavillon nicht lieber in grün?“, versuchte er noch einmal auf das Thema zurückzukommen.
„Nein.“
„Oder in blau? Was ist Ihre Augenfarbe, vielleicht wäre es passend, wenn …“ Er brach mitten im Satz ab. Sein Gesicht wurde ernst, als er den Kopf schüttelte. „Ihre Augen. Sie sind …“
Rebecca hätte sich verfluchen wollen, weil sie ihre Sonnebrille nicht aufgesetzt hatte. Das passierte ihr eigentlich nie, aber diese verdammten Kopfschmerzen vernebelten ihr den Verstand.
„Sie haben … Ihre Augen, sie sind …“
„Ja, ich weiß.“ Sie schnaufte ärgerlich. „Violett. Meine Augen sind violett.“ Sie blinzelte demonstrativ. Die tiefviolette Farbe ihrer Iris, die darüber hinaus noch einen gewissen Perlmuttschimmer hatte, wirkte auf fast jeden atemberaubend, ja unheimlich. Die Augen verliehen ihr etwas unmenschliches, vor allem, wenn sie wütend war, so wie in diesem Moment.
„Hören Sie mir gut zu, Mister McHays …“
„McHugh!“
„Wie auch immer! Wenn Sie auch nur einer einzigen Menschenseele etwas davon erzählen, werde ich … ich werde …“
„Sie werden mich verklagen“, half er ihr.
„Genau das werde ich!“ Sie fuchtelte aufgebracht vor seinem Gesicht herum.
„Keine Sorge, Ihr Geheimnis ist bei mir sicher“, sagte er fröhlich, aber in seinem Blick las Rebecca mehr, als nur einfache Verwunderung. Es war Unbehagen.
Plötzlich klingelte das Handy in der Küche.
„Warten Sie bitte einen Augenblick.“
„Oh, ein Bitte .“
Rebecca drehte sich im Gehen um und war sich nicht sicher, ob der lächelnde Schmied die Worte laut ausgesprochen hatte oder ob sie schlichtweg ihrem sarkastischen Geist entsprungen waren.
Sie hob das Telefon ab.
„Becks, wo steckst du?“
„Im Ausland, warum?“ Sie kickte einen Karton in die Ecke und stellte sich dabei den Kopf ihres Exmannes vor.
„Dann komm zurück. Die Sunday Times will ein Interview mit uns.“
„Das soll wohl ein Witz sein!“
„Nein. Sie zahlen uns ein
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