Dragon Kiss (epub)
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Er hörte die Kampfgeräusche schon eine ganze Weile. Aber wie immer ignorierte er sie. Die Kriege der Menschen bedeuteten ihm nichts. Das hatten sie noch nie. Doch diese Geräusche direkt vor seiner Höhle? Das ließ ihn aktiv werden.
Sein Schwanz, der um seinen Körper gelegen hatte, entrollte sich und er bewegte sich langsam zum Eingang seiner Behausung. Er wusste nicht, was ihn erwartete und genauso wenig, ob es ihn überhaupt kümmerte, doch das Leben im Allgemeinen war im Moment ziemlich langweilig, und das hier konnte vielleicht interessant werden. Oder zumindest für ein Abendessen sorgen.
Die Klinge fuhr in Annwyls Seite, schlitzte durch Rüstung und Fleisch, zerriss Organe. Blut strömte aus ihr heraus, und sie wusste, dass sie starb. Der Soldat lächelte über ihren Schmerzensschrei und löste damit den sprichwörtlichen Zorn aus, für den Annwyl berühmt war.
Sie hob ihre Klinge und schwang sie mit einem markerschütternden Schrei in purer Raserei. Der Stahl sirrte durch die Luft, hieb durch den Mann hindurch und trennte ihm den Kopf vom Hals. Sein Blut spritzte ihr über Gesicht und Arm. Die anderen Soldaten hielten inne. Sie hatten Annwyls kleine Schar von Kriegern ohne große Mühe in Schach gehalten, als sie sie erst einmal in diese verlassene Schlucht zurückgedrängt hatten. Doch sie machte ihnen den tödlichen Schlag nicht leicht. Bis jetzt.
Das Leben rann aus ihrem Körper, und sie wusste, dass ihre Zeit knapp wurde. Ihr Blick verschleierte sich, sie fühlte sich schwächer und leichter. Das Atmen wurde mühsam. Doch sie würde kämpfen, solange noch Atem in ihrem Körper steckte. Annwyl hob ihr Schwert, umklammerte den Griff mit beiden blutigen Händen und wartete auf den nächsten Angriff.
Einer der Männer trat vor. Sie konnte an seinem Blick erkennen, dass er derjenige sein wollte, der ihr den Kopf abschlug. Der ihn ihrem Bruder präsentieren wollte, damit er ihn als Trophäe behalten konnte und als Warnung für andere, die es wagten, seine Herrschaft infrage zu stellen.
Sie sah ihm zu, wie er sich mit selbstsicherer Langsamkeit bewegte. Er wusste eindeutig auch, dass sie im Sterben lag. Wusste, dass sie nicht mehr lange kämpfen konnte.
Ihre Knie zitterten, während ihre Stärke zerrann, und ihr Körper sehnte sich nach nur ein paar Minuten Ruhe und Schlaf. Nur ein kurzes Nickerchen …
Annwyl riss die Augen auf und erkannte, wie viel näher der Soldat gekommen war. Sie schwang ihr Schwert, und er parierte den Hieb mit Leichtigkeit. Er lächelte, und Annwyl hätte ihre Seele gegeben für nur eine letzte Woge Kraft, um ihm dieses arrogante Grinsen vom Gesicht zu wischen.
Der Soldat sah zurück zu seinen Kameraden, um sicherzugehen, dass sie alle hersahen, bevor er sie tötete. Dabei ließ er die Deckung fallen. Und eines hatte ihr Vater sie immer gelehrt: Lass niemals eine gute Gelegenheit verstreichen. Sie durchbohrte ihn mit ihrer Klinge, rammte ihm den Stahl in den Bauch, während er den Kopf herumriss und sie mit Grauen im Blick ansah. Als Zugabe drehte sie das Schwert in seinen Eingeweiden herum und sah zufrieden zu, wie er den Mund zum Schrei öffnete, die Welt aber mit nichts weiter als einem Winseln verließ.
Sie riss ihre Klinge aus ihm heraus, und er fiel zu Boden. Sie wusste, dass er der Letzte sein würde, den sie vernichtete, aber sie würde dennoch mit erhobenem Schwert sterben. Sie wandte sich den restlichen Männern zu, doch die hatten zu ihrer Überraschung keinerlei Interesse mehr an ihr. Sie sahen an ihr vorbei. In die Höhle, vor der sie nun stand.
Annwyl versuchte herauszufinden, was das nun wieder für ein neuer Trick sein mochte, doch sie wandte ihren schwindenden Blick nicht von den Männern vor ihr ab. Selbst als die Erde unter ihr bebte. Selbst als die Männer in offensichtlichem Entsetzen vor ihr zurückwichen. Selbst, als der riesige Schatten über ihren Körper fiel und die Sonne vollkommen verdeckte.
Erst als die Männer schrien und zu laufen begannen, warf sie einen Blick nach oben und sah schwarze Schuppen direkt über sich schweben. Als die Schuppen sich bewegten, als eine große Menge Luft in noch größere Lungen gesogen wurde, sah sie schließlich zurück zu den fliehenden Soldaten.
Der Feuerschwall strömte durch die Schlucht, zerstörte Bäume, Blumen und schließlich auch Männer. Sie richtete sich mithilfe ihres Schwerts auf und sah zu, wie die feindlichen Soldaten von den Flammen verschlungen wurden, wie sie sich wanden in dem
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