Lakefield House (German Edition)
einmal die Kleider hingen.
Sie ging hinab ins Erdgeschoss. Am Fuß der Treppe erfasste sie plötzlich ein eisiger Luftzug.
Um sicher zu gehen, dass sie sich nicht getäuscht hatte, blieb sie stehen. Doch tatsächlich zog es mitten in der Halle, obwohl nirgends ein Fenster gekippt oder eine Türe offen war. Sie konnte sich die Quelle der Kälte nicht erklären. Ihr Atem wurde sichtbar und ihr Herz begann zu rasen. Die winzigen Härchen auf ihren Unterarmen stellten sich auf.
Als es klopfte, fuhr Rebecca erschrocken zusammen. Sie presste die Hand auf ihre Brust, um ihr Herz zu beruhigen.
Vermutlich der Schmied, dachte sie sich, und obwohl sie den Gedanken an die großzügige Zuckerspende noch im Hinterkopf hatte, öffnete sie mit dementsprechend säuerlichem Gesichtsausdruck.
Wer aber tatsächlich im strömenden Regen auf ihrer Schwelle stand, war Elena.
„Hey, Süße. Was machst du denn hier? Hat bei Christies alles geklappt?“ Rebecca wollte ihre Freundin mit einer Umarmung begrüßen, doch als sie Elenas grimmiges, tropfnasses Gesicht sah, entschied sie sich schnell anders. „Was ist los?“
„Was los ist?“ Elena stürmte an Rebecca vorbei und schüttelte sich in der Halle, wie ein nasser Hund. Und da sich Wildleder mit irischen Regenschauern nur mäßig vertrug, roch sie auch so. „Du bist ja übergeschnappt! Was los ist? Du ziehst eben mal nach Irland, sagst mir nichts davon und fragst mich allen Ernstes, was los ist?!?“
Elena klang nicht nur hysterisch, sie sah mit ihren abstehenden blonden Haarstacheln und der zerlaufenen Wimperntusche auch so aus. Dennoch verstand Rebecca rein gar nichts.
„Was heißt denn hier eben mal? Wer hat mir denn das Haus besorgt?“
Elena rollte so sehr mit den Augen, dass Rebecca Angst hatte, sie könnten ihr jeden Augenblick schlichtweg aus dem Gesicht springen. „Woher zum Teufel soll ich das wissen?“
„Na du warst es doch!“
„Sag mal, spinnst du? Ich hab eine Woche lang versucht dich zu finden.“
„Und wie hast du mich gefunden?“, fragte Rebecca kleinlaut.
„Ich war in deiner Wohnung. Ich weiß, wo dein Ersatzschlüssel ist. Ich hab mir Sorgen gemacht, ja? Dann hab ich deine gekritzelte Notiz auf der Zeitschrift gefunden, hab den Mann ausfindig gemacht und wusste so, wo du bist. Ich fasse das überhaupt nicht! Und ich kündige!!!“
Obwohl das „Du bist gefeuert“ – „Ich kündige“ - Spiel eines ihrer liebsten war, war sich Rebecca in diesem Moment zum ersten Mal nicht sicher, ob es Elena nicht doch ernst meinte.
Sie starrte ihre Freundin, die beachtliche detektivische Fähigkeiten zu besitzen schien, fassungslos an und schüttelte den Kopf. „Du hast mich doch angerufen und mir von dem Haus erzählt. Zwei Mal.“
„Nein, verdammt!“ Elena zog Schuhe und Ledermantel aus und streifte sich kurzerhand die völlig aufgeweichten Jeans ab. „Und jetzt besorg mir ein Handtuch!“
Rebecca führte Elena, die mehrere Pfützen auf den Fliesen hinterlassen hatte, stumm ins Bad und ließ sie dann allein.
Danach ging sie zurück in die Küche. Sie zitterte am ganzen Körper, während sie sich noch einmal Elenas Anrufe ins Gedächtnis rief. Sie hatte ihr doch das Haus empfohlen, ihr Adresse und Telefonnummer des Besitzers gegeben. Das konnte sie sich doch nicht eingebildet haben! Oder? Oder doch?
Das Blitzbild nach dem Spaziergang, die Alpträume und ständigen Kopfschmerzen, das plötzliche Gefühl der Kälte, eingebildete Anrufe …
Es gab bei genauer Betrachtung nur zwei Möglichkeiten. Entweder Rebecca verlor langsam aber sicher den Verstand, oder es hing alles mit Lakefield House zusammen, das sie auf so mysteriöse Weise entdeckt hatte. Oder vielmehr – danach sah es ja nun aus – hatte es sie entdeckt.
Ich habe dich gerufen!
Die Worte waren plötzlich in ihrem Kopf und brachten die Gänsehaut auf ihren Armen zurück.
Als Elena aus dem Bad und in die Küche kam, eingewickelt in einen von Rebeccas weißen Bademänteln und noch immer kochend vor Wut, hatte sich Rebecca bereits etwas beruhigt und dabei den Entschluss gefasst, Elena vorerst nichts von den eigenartigen Begebenheiten zu erzählen.
Die beiden sahen sich sekundenlang an, schließlich seufzte Rebecca. „Ich verdopple dein Gehalt!“
Elena zögerte, noch immer wütend lenkte sie ein. „Na, geht doch!“
Beiden war klar, dass weder gekündigt oder entlassen noch verdoppelt wurde, und mit einer gut temperierten Flasche achtundsiebziger Pinot Noir gelang es Rebecca
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