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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
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die Straßen geht und alles, was man findet, anzündet, ist die abgehängte Unterschicht und ihr hoffnungsloser Nachwuchs. Die Menschen haben nichts mehr zu verlieren, auch nicht bei der Anwendung von Gewalt. Weil Maggie Thatchers Wahnsinn auch in Deutschland Verbreitung gefunden hat, muss man schon so ein vernagelter Betonkopf sein wie Lallbacke Friedrich, muss man schon so opportunistisch daherplappern wie manche kommentierende Lallbacke, um sicher zu sein, dass die Gewalt auf Großbritannien beschränkt bleibt. Es gibt überall Leute, die der Ansicht sind, mit Gewalt könne man durchaus etwas gewinnen.
    Wenn die Regierung Freiheitskämpfer als Terroristen deklariert, wird das prompt in den Sprachgebrauch der Medien übernommen. Und selbstverständlich auch umgekehrt. Sogenannte Terrorexperten, profunde Kenntnisse vortäuschend, vermitteln im Habitus unfehlbaren Insiderwissens Unsinn. Stoff für Dementi. Nichts.
    »Terrorexperte« ist mittlerweile ein Synonym für ahnungsloser Schwätzer. Pech, wenn der dann auch noch auf eine grenzdebile journalistische Hilfskraft trifft. So fragte eine Tagesthemen-Extra-Moderatorin: »Die Behörden vermuten einen islamistischen Anschlag, welche Hinweise gibt es darauf?« Niemand kommt und zerrt das dumme Weib aus dem Studio. Unbeantwortet bleiben also die Fragen: Welche Behörden? Wer aus dieser Behörde? Warum vermutet er oder sie? Und welche Hinweise es auf diese Vermutungen gibt – ja, das wüsste man gern. Alles Spekulation, dummes Gerede, unausgegorener Quatsch. Die Leute können ihren Beruf nicht. Bei Zeitungen nennt man so was »Zeilen-Schinden«.
    »Es ist noch nichts klar«, sagte der Mann, der in der n-tv-Nachrichtensendung am Telefon war, und die Blondine im Studio antwortete: »Dann lassen Sie uns ein bisschen spekulieren.« Stichwort Börse also.
    Es ist noch keine drei Jahrzehnte her, da spielte die Börse in den Medien absolut keine Rolle. Heute wird den Menschen von Börsenberichterstattern, die sich auf Analysten berufen, die meistens in eine Bank oder einen anderen Finanzapparat eingebunden sind, eingehämmert, bei den Aktienkursen handele es sich um einen volkswirtschaftlichen Vorgang von immenser Bedeutung: »Anleger fürchten einen Kollaps der Konjunktur, sie sind unsicher wegen der Schuldenkrise, Kurse gehen nach unten, Negativtrend, Konjunkturangst lässt Kurse stürzen, schwere Verluste, Sturzflug.« Wen interessiert das?
    Aktienmärkte werden in erster Linie von der Spekulation getrieben, und deshalb sind das Steigen und das Sinken der Kurse volkswirtschaftlich ziemlich irrelevant. Aber von Spekulation und Spekulanten ist selten oder nie die Rede. Lieber beschwört man die Dynamik, die Empfindlichkeit und bei Bedarf die Heilungskräfte des Marktes, der sich angeblich selbst reguliert. Mit den Märkten kann man Menschen drohen, kann man Angst erzeugen, kann man Demut, Verzicht und Wohlverhalten erzwingen. Dabei spielen die Medien, ihre Nachrichten und Kommentare, die Hauptrolle. Was die Zeitgeistnutten in den Redaktionen offenbar nicht ahnen: wie sehr ein großer Teil der Menschheit von diesen durchsichtigen Spielchen gelangweilt wird. Man nimmt das Auf und Ab der Börsen wahr als Gejammer eines miesen, kränkelnden Systems, und man weiß: Wenn dieses System zusammenkracht, dann kriegt man gewaltig was auf die Mütze. Na und? Man kann ja doch nichts dagegen machen.
    Zur Zeit sieht es so aus: Würde man die Börsen schließen, wären die Spekulanten angeschissen, die Medien müssten eine andere Sau durchs Dorf treiben, und denkende Menschen wären etwas weniger genervt.
    Die öffentlich-rechtlichen Sender haben zwar immer noch ihren gesetzlichen Programmauftrag, aber wichtiger nimmt man den systemkonformen Wettbewerb um Einschaltquoten. Die Messung, wie viele Leute sich was im Fernsehen ansehen, liefert die Lizenz, das ganze Land als kulturelle Müllkippe zu missbrauchen. Die Fernsehanstalten werden dominiert von Einschaltquoten-Hysterikern, die Serienparanoiker, Kochpsychopathen, Castingdebile, manische Lebensratgeber, Volksmusikneurotiker, Werbeautisten, Soapkretins und Event-Idioten auf die Menschheit loslassen. Die Generalrichtung heißt: Spaßfernsehen. Die Formatfetischisten entwickeln Formate, die »sich verkaufen«. Format haben sie nur selten. Gründlich zu recherchieren, ausgefuchste Autoren zu beschäftigen, Regisseuren und Kameraleuten die Zeit einzuräumen, die es braucht, um eine sehenswerte Produktion zustande zu bringen – das rechnet sich

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