Lamarchos
zog es fest. „Ist es noch viel?“
„Nicht viel.“ Er sprang auf seine Füße und zurrte das geliehene Lendentuch um seine mageren Hüften herum. „Ich kann zu Ende erzählen, während wir zu den Wagen zurückgehen.“
Aleytys nickte; gemeinsam schlenderten sie den Hang hinauf.
„Die Kauna erklärten mich zum Paria. Dann zerrten sie mich aus dem Haus, warfen mich in eine Pferdetränke, um mich aufzuwecken rasierten mich oben und unten kahl, klatschten mich auf den Rücke dieses wackeligen Kleppers und jagten mich davon; ich war noch immer benommen und begriff gar nicht richtig, was mit mir geschehen war.“ Er gähnte. „Und hier bin ich.“
„Wie hast du dir die Wunde eingehandelt?“
„Ich brauchte Wasser.“ Er zuckte mit den Schultern. „Brauchte eine Weile, um zu lernen, wie ich mich anzuschleichen hatte. Die Wunde bekam ich in der ersten Woche. Mußte damit leben.“ Seine kantigen Zähne glänzten weiß, als ein Grinsen sein Gesicht in zwei Hälften teilte. „Oder damit sterben – wenn du nicht zufällig vorbeigekommen wärst.“
„Ich bezweifle, daß bei unserer Begegnung viel Zufall im Spiel war.“ Sie hielt ihn an, ihre Hand legte sich auf seinen Arm. „Wie weit ist der Po-See von hier?“
„Es gibt eine Querstraße, ein paar Wegstunden voraus. Auf ihr ist es eine Reise von zwei oder zweieinhalb Tagen – mit dem Wohnwagen.“
„Du willst das Land deines Vaters zurückhaben?“
„Ich will verdammt sein, wenn ich das nicht will.“
„Und deine Halbbrüder?“
„Ich habe nichts gegen sie. Denke daran, ich werde dir dienen, solange du dies willst, Gikena. Sie können sich an meiner Stelle darum kümmern.“ Er blickte kurz zum sinkenden Mond hinauf. „Gleich kommt der Tau herunter, und es ist kalt hier draußen.“
„Noch eine Minute. Wird es wirklich genügen, daß ich Gikena bin, um den Fluch aufzuheben und dir zu deinem Recht zu verhelfen?“
„Ja.“
„Und die Kauna werden auf mich hören?“
„Lahela, die Gikena spricht für die Lakoe-heai. Würden sie wollen, daß Stuten beim Fohlen sterben, ihre Ernten zu schwarzem Staub am Boden werden, ihre Gewässer faulen, ihre Träume von Schrecken erfüllt sind, und selbst die Luft, die sie atmen, sich in ihren Lungen zu Gift verwandelt?“
„Das glauben sie?“
Loahn knurrte. „Es ist irgendwann einmal irgendwo passiert. Das vergißt man nicht einfach.“
„Ahai!“ Aleytys fröstelte. „Ich habe nicht daran gedacht. Komm, ich hole dir eine Decke.“
„Eine Decke?“ Er starrte sie fragend an.
„Mein Bett ist besetzt“, sagte sie fest.
Sie trotteten über die Anhöhe und dann wieder hangabwärts zu den dunklen, stillen Wohnwagen hinunter. Plötzlich hielt Aleytys an. „Loahn.“
„Hast du deine Meinung geändert?“
„Mein Gott, ist das eigentlich wirklich alles, woran du denken kannst?“
„Kannst du dir etwas Besseres vorstellen?“ Er grinste. „Was ist es denn nun?“
„Die andere Frau. Leyilli. Sie ist eine Mörderin. Und sie mag keine Männer. Ich werde auch, ohne daß du es erschwerst, genug Mühe haben, sie zu überreden, dich zu übersehen. Spiel deine Spielchen nicht mit ihr.“
„Eifersüchtig?“
„Idiot! Da ist noch etwas, das du wissen solltest, mein naiver junger Eingeborener. Leyilli ist die Anführerin in dieser zusammengewürfelten Diebesbande.“
„Eine Frau?“ Es klang skeptisch.
„Eine Frau. Unterschätze sie nicht. Mit bloßen Händen könnte dich dieses zierliche, kleine Geschöpf so schnell umbringen, daß du nicht einmal wüßtest, daß du schon tot bist.“
„Nette Gesellschaft. Diebe und Mörder.“
„Jeder von uns ist aus privaten Gründen hier, Loahn.“ Sie zuckte mit den Schultern und entfernte sich von ihm. „Denk daran, was ich gesagt habe.“
„Si’a Gikena. Sag mir, was du von mir willst, und ich werde es tun.“
„Dann sage ich dieses: Behandle Leyilli, als sei sie eine angelegte Armbrust, deren Pfeil auf dein Herz zielt.“
„Mit Respekt und Vorsicht.“
„Ja.“
Er nickte zu dem Wohnwagen hin, der schwarz vor ihnen aufragte. Stavver saß auf den Hinterstufen und sah ihnen entgegen, wie sie den Hang herunterschlenderten. „Was wirst du ihm sagen?“
„Die Wahrheit.“ Sie biß auf ihre Lippe und runzelte unglücklich die Stirn. „Etwas anderes würde er mir nicht glauben. Warum meine und seine Zeit verschwenden?“
„Wie wird er es aufnehmen?“
„Ich weiß es nicht. Ich weiß noch nicht einmal, wie ich es aufnehme!“
Er blickte
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