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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Körper breit.
    „Komm, geh mit mir spazieren.“ Langsam bewegte er seine Hand ein paar Zoll ihre Wade hinauf, dann ließ er sie zu ihrem Knöchel zurückgleiten. „Weg vom Feuer. Und ihnen.“
    Sie griff hinunter und schloß ihre Hand um die seine. „Heute abend … das wird das einzige Mal bleiben.“
    „Nimm die Tage, wie sie kommen. Morgen – wer weiß, was der bringt?“ Er stand auf, wobei er sie mit sich hochzog. „Genau jetzt“, murmelte er. „Heute abend bist du neugierig auf mich, und aus dieser Neugier ziehe ich meinen Vorteil. Indem ich sie so gut wie möglich schüre.“
    Als sie den Abhang zum dichteren Gras in der Senke zwischen den Hügeln hinunterstolperten, sagte sie trocken: „Wenigstens bist du ehrlich damit.“
    „Das hast du gesagt, Gikena. Wer kann dich belügen?“

 
5
     
    „Mein Vater hatte am Po-See ein Pferdegestüt. Wir sind nie miteinander ausgekommen. Ich habe dir das schon gesagt. Er hatte das Feingefühl einer Ziegelsteinmauer und nicht einen Nerv in seinem Körper.“
    „Ich kenne diese Sorte.“ Aleytys schob ihre Finger durch ihr Haar. „Verdammte Kletten.“
    „Laß mich mal.“ Loahn setzte sich auf und machte sich daran, die Blätter und Kletten aus ihrem langen, zerzausten Haar zu sammeln.
    „Erzähl weiter.“
    „Mhhmm … Nein, wir kamen nie miteinander klar. Ich war eine Enttäuschung für ihn, ein mageres, schreiendes Balg. So weit ich mich zurückerinnern kann, hatte ich etwas gegen die Art, wie er meine Mutter behandelte. Alles, was sie machte, war falsch. Erstens war sie blondhaarig, Tochter eines Zigeunerpferdehändlers, keine von den schwarzhaarigen, ortsansässigen Schönheiten. Er hat sie geheiratet, weil sie anmutig und sanft und liebevoll war, und dann, sobald sie verheiratet waren, nahm er ihr all diese Dinge übel. Er putzte sie vor anderen herunter. Ihm war es egal, wie sie litt. Ich glaube, er hat nicht einmal gemerkt, daß sie gelitten hat. Manchmal schlug er sie. Ich weiß noch, daß ich sie einmal spät in der Nacht weinen hörte. Ich versuchte, sie zu beruhigen. Sie hat mich weggeschickt.“ Er hörte auf zu reden, um eine Klette aus einem besonders wirren Haarknäuel zu zupfen.
    „Vorsichtig. Das tut weh.“
    „Ich versuche, nicht zu ziehen.“ Mit einem zufriedenen Knurren und einigen winzigen, knackenden Geräuschen machte er die Klette los und schleuderte sie beiseite.
    „Ich habe meine Mutter nie gekannt.“ Aleytys streckte ihre Finger aus und sah zu, wie das Mondlicht auf den Nägeln schimmerte.
    „Sie ist gestorben?“
    „Nein. Sie ging weg. Ich will sie finden.“
    „Deine Mutter ist von Lamarchos?“
    „Nein. Dies hier … dies ist nur ein Zwischenaufenthalt. Es ist eine lange und komplizierte Geschichte. Mach du weiter.“
    Seine Hände bewegten sich nachlässig über ihr Haar; er war nicht mehr richtig bei der Sache. „Als ich fünf war, starb meine Mutter. Sie war immer stiller und stiller geworden. Schwand einfach dahin. Sie brauchte die offene Weite, und er … er hielt sie in strengstem Purdah. Er war ein eifersüchtiger Mann. Er hielt sie fester gebunden, als selbst die Sitten es vorschreiben, schloß sie in den Mauern des Hauses ein, bis ein kleiner Blick zum Himmel hinauf sie quälte.“ Sie fühlte seine Finger mit behutsamer Sanftheit über ihren Rücken streicheln; er wischte Erdkrumen und Grassträhnen, die an ihr hingen, weg. „Während dieser Zeit und ein paar Jahre danach war ich voller Haß und zu dickköpfig, um irgend etwas, das mir mein Vater sagte, ohne Willenskampf zu tun. Ich verlor immer, aber wir endeten beide erschöpft.“ Er zog sie zu sich her, schmiegte sich gegen ihren Rücken und legte seine Hände über ihre Brüste. „Du fängst an zu frieren.“
    „Macht nichts. Beende deine Geschichte.“ Sie streckte sich und gähnte, wobei sie sich sanft befreite. „Sind alle Kletten aus meinen Haaren?“
    „Glaube schon. Aber …“
    „Mir ist es nicht zu kalt. Erzähl zu Ende.“
    „Als die Trauerzeit vorbei war und der Geist meiner Mutter sicher auf seinem Weg nach Ma-e-Uhane, heiratete mein Vater wieder. Eine starke, leidenschaftliche Frau. Auf ihre eigene Art eifersüchtig wie mein Vater. Sie haßte mich. Warum auch nicht? In drei Jahren gebar sie drei Söhne, und keiner von ihnen konnte Anspruch auf das Erbe erheben. Meinetwegen. Einziger Sohn der ersten Frau. Sie kam nicht darüber hinweg. Deshalb haßte sie mich natürlich.“
    „Haßte.“ Aleytys berührte seine Knie. „Mein

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