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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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sich immer weiter … Das Etwas, das kämpfte, schrie enttäuscht, ein tonloses Echo, das über ihr Gehirn pochte, und … wich zurück … ließ ein Gefühl zurück: Verzweiflung, bis zur Erschöpfung getrieben …
    Sie schloß ihre Hand zur Faust, die kleine Bewegung ließ ihr Blut schneller fließen, ihren Atem tiefer und schneller werden. Seufzend öffnete sie ihre Augen, stieß ihren müden Körper hoch und schwang ihre Füße über den Kojenrand. Ihr Schädel pochte unter einem pulsierenden Schmerz, der die Sicht verwischte und das Denken behinderte. Sie rieb sich die Schläfen und zuckte bei dem antwortenden Klirren zusammen.
    Sharl jammerte im Schlaf. Aleytys bettete ihn gerade und glättete die Decken um ihn herum. „Vor gar nicht so langer Zeit, Baby, da dachte ich, das Ende des Lebens wäre gekommen, wenn mich dieses Etwas reitet. Seltsam, an was man sich alles gewöhnen kann …“ Sie rieb sich den Hinterkopf, dort, wo der Schädel auf dem Rückgrat saß, dann massierte sie ihre Schläfen mit den Handballen, ohne auf die schwachen Klänge zu achten, die sie damit hervorrief. „Jetzt, da ich weiß, daß es mich hört“, fuhr sie langsam sprechend fort, wobei sie seine Locken mit einem Zeigefinger aufbauschte, „ist es nicht mehr so schlimm. Es macht mich nicht ganz so sehr zu einer Sklavin, Baby. Ich weiß jedenfalls eines: Ich würde es hassen, jemandes Sklavin zu sein.“ Sie gähnte. „Ahh, ich brauche etwas frische Luft.“ Sie krümmte ihre Finger und berührte seinen kleinen, warmen Körper, murmelte: „Wir haben interessante Zeiten vor uns, Baby.“
    Sie stieß ihren Kopf zwischen Stavver und Loahn ins Freie. Die Schatten wurden rasch länger und verschmolzen miteinander, als sich die Sonne hinter den westlichen Horizont quetschte. Wolken wurden zu einer purpurrosa Masse zusammengetrieben. Über diesen echten Wolken und darum herum klumpten sich die Luftbakterien zu ihren nächtlichen Ballen zusammen. „Wird es regnen?“ Sie hob ihre Stimme an, damit Loahn sie über dem Rumpeln der Räder und dem Heulen des Windes, der den Staub aufwirbelte, hören konnte.
    „Irgendwann heute abend.“
    „Dann kommst du besser zu uns herein.“ Sie berührte Stavvers Schulter. „Geht das in Ordnung?“
    Seine Mundwinkel zogen sich herunter, dann zuckte er mit den Schultern. „Warum nicht.“
    Sie zog ihre Finger kurz anerkennend zusammen, war sich dann eindringlich der Struktur seines Fleisches unter ihren Händen bewußt. Im gleichen Augenblick tat es ihr leid, ihrem Mitleid nachgegeben zu haben.
    Stavver wandte sein Gesicht, um sie ansehen zu können. Er grinste sie zynisch an, bestätigte ihr plötzliches Aufblitzen von Bedauern. Er stand auf, winkte sie ins Innere des Wagens. Dann übergab er Loahn die Zügel. „Kümmere dich um alles.“
    Der Junge warf ihm ein unverschämtes Grinsen zu. Während er die Zügel in einer Hand zusammenfaßte, schloß er die andere zu einer Faust, wobei der Daumen nach oben zeigte. „Hart und lang“, sagte er fröhlich.
    Stavver warf seinen Kopf zurück und lachte. „Bleib mit deinen Gedanken bei deiner Arbeit, Junge, und laß einen Mann die Sachen eines Mannes tun.“ Er zog seinen Kopf ein und verschwand im Innern des Wohnwagens.
    Loahn schnaubte und bescherte Aleytys und Stavver einige stürmische Minuten, indem er den Pferden die Zügel freigab und sie im Slalom über die Räderfurchen schickte. Dann ließ er sie wieder langsamer werden, bis der Wohnwagen gemütlich im dunkler werdenden Zwielicht dahinrollte.

 
8
     
    Graue und massive Stadtmauern erhoben sich schwergewichtig auf einer niederen Klippe, die den Po-See überragte, doch trotz dieses Zeugnisses der Sorge um die Verteidigung standen die eisengefaßten Doppeltore weit offen. Sie zügelte die Pferde und betrachtete das Mosaikpflaster, das am äußeren Mauerrand begann. „Es sieht aus wie das Innere eines Hauses. Bist du sicher, daß wir einfach hineinfahren können?“
    Unsichtbar, aus dem Innern des Wohnwagens heraus, antwortete Loahn: „Wie ich dir gesagt habe. Geradeaus bis zum Platz.“
    „Also los.“ Sie klatschte die Zügel auf verschwitzte Flanken, was die Pferde in langsamem Gang anziehen ließ.
    Die breite Hauptstraße war mit kleinen schwarzen und weißen Ziegelsteinen gepflastert; das stilisierte Muster war der Kriechrankenüberwucherung der Zäune entlehnt, die die Landstraße säumten. Zu beiden Seiten der Straße zeigten die Häuser leere und rätselhafte Wände; in den beiden

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