LaNague 04 - Detektiv im Cyberland
nicht. Aber das heißt nicht, daß ich glaube, sie sollten schlecht behandelt werden. Die Realleute stellten sie her, also sind wir auch für ihr Wohlergehen verantwortlich. Und irgendein Dreckskerl hatte diesem besonders dämlichen Exemplar ganz schön beschissen mitgespielt. Ob ich sie nun mag oder nicht, Gemeinheiten gegen Klons kann ich jedenfalls nicht vertragen.
»Sehen Sie«, sagte ich langsam und hoffte, daß sie in der Lage wäre zu begreifen, was ich ihr klarmachen wollte. »Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber es gibt da einige Dinge, die Sie wissen sollten. Zum Beispiel, daß es keine Möglichkeit für Sie gibt, zu den Außenwelten zu gelangen. Das dürfen nur Realleute. Sie brauchen eine grüne Karte, und Klons bekommen keine grüne Karte. Sie sind eine Art Immobilie, und jemand kann an Ihnen das Besitzrecht erwerben. Sie gehören also jemandem – entweder einer Person oder einer Firma. Klons haben keine Bankkonten, daher können sie nicht einfach losziehen und den Planeten verlassen, wann immer es ihnen paßt.«
Sie öffnete ihre Gürteltasche, während ich mir überlegte, wie ich ihr am besten Wirken und Funktion von Central Data auf eine Weise erklärte, die sie auch verstand.
»Sehen Sie, als Sie geboren wurden … oder ausgebrütet, oder was immer …«
»Deinkubiert«, sagte sie und beschäftigte sich noch immer mit ihrer Gürteltasche.
»Von mir aus. Sie entnahmen Ihnen eine winzige Gewebeprobe und gaben Ihre Genstruktur bei Central Data ein. Ihr Genotypus bleibt dort gespeichert, bis Sie sterben. Ebenso wie meiner. Wie der von jedem anderen.«
Sie nickte. »Ich weiß. Und sie können mich nicht eher klonen, als bis ich gestorben bin – nach dem Eins-Eins-Gesetz, eine Person, ein Genotypus.«
»Dann wissen Sie ja Bescheid.« Ich war erstaunt. »Wie kommen Sie denn darauf, daß Sie den Planeten verlassen können?«
Sie schaute sich suchend um, als versteckte ich etwas hinter dem Schreibtisch oder in irgendeiner Ecke meines schuhkartongroßen Büros. »Bleibt das, was wir reden, wirklich unter uns? Wirklich geheim?«
»Das Wort dafür heißt ›vertraulich‹. Und ja, alles ist geheim. Was haben Sie da in der Hand?«
Sie zog etwas aus ihrer Gürteltasche und legte es auf meinen Schreibtisch.
»Dies.«
Eine grüne Karte.
Einen Moment lang war ich sprachlos. Klons bekommen rote Karten. Aber niemals grüne. Niemals. Es war einfach unmöglich – doch dort lag sie auf meinem Schreibtisch.
»Eine Fälschung. Es muß eine sein.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Sie ist echt.«
»Haben Sie sie schon ausprobiert?«
»Das brauche ich nicht. Ich weiß, daß sie echt ist.«
Ich nahm sie in die Hand. Sie sah tatsächlich echt aus. Diese Sache wurde von Minute zu Minute heikler.
»Sie könnten für den Besitz dazu verdonnert werden, am Südpol bei den Chlor-Rindern Mist zu schaufeln. Das wissen Sie?«
Sie nickte. »Ich weiß. Aber das ist nebensächlich, wenn wir erst mal dort sind, wo die Guten leben.«
Ich hatte diesen Ausdruck schon immer gehaßt. Wo die Guten leben. Jeder schien die Außenwelten so zu nennen. Jeder außer mir. Mir gefiel nicht, was damit über uns, die auf der Erde blieben, ausgesagt wurde, obgleich ich nicht rundweg leugnen konnte, daß es vielleicht stimmte.
Aber ich wollte nicht vom aktuellen Problem abschweifen. »Ihnen ist hoffentlich klar, daß Sie mehr als eine Karte brauchen. Solange nicht jemand Ihren Status bei Central Data von Klon in Realmensch umgeändert hat, ist das Ding nicht mehr als nur ein Stück grünes Plastik. Wenn sie das und eine winzige Hautprobe am Raumhafen in ihre kleine Maschine schieben, dann kommt die Meldung, daß es keinen Realmenschen mit Ihren Daten gibt, und dann werden Sie an Ort und Stelle verhaftet.«
Sie schenkte mir ein dünnes Lächeln. »Ich weiß. Aber dazu wird es nie kommen.«
»Wie können Sie sich da so sicher …?«
Sie hob die Schultern und grinste. »Kyle hat das gemanagt. Er nahm eine Hautprobe mit und kam ein paar Tage später mit der Karte zurück. Er liebt mich.«
Ich betrachtete wieder ihre grüne Karte. Sie schien so echt zu sein wie meine eigene. Irgendwie bekam ich das nicht in die Reihe. Ein Mann, der sich so weit vorwagte für einen Klon, der mußte … der mußte sie wirklich lieben.
Nein!
Mein Gesicht zeigte weiter professionelle Gelassenheit.
»Wie lange ist dieser Kyle Bodine denn schon verschwunden?«
»Fünf Tage. Wir hätten uns am Freitagabend auf dem L-I-Hafen am Fährendock
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