Land der Sehnsucht (German Edition)
zusammennehmen, um sie loszulassen. „Nur damit du es weißt: So machen wir das in Amerika.“ Ihr Gesichtsausdruck freute ihn fast genauso sehr wie ihre Reaktion. „Gute Nacht, Vernie.“
Als er schon fast wieder an der Treppe war, hörte er sie noch einmal seinen Namen flüstern. Mit immer noch wild pochendem Herzen blieb er stehen. „Ja?“
„Hast du Interesse daran, einen Wagen zu kaufen?“
Kapitel 42
„I ch dachte, es sei eine Regel, dass ich dich nicht begleite, wenn du über Nacht wegbleibst, Jack. Du sagtest, ich wäre eine zu große … Herausforderung.“ Véronique sah auf seine Seite des Kutschbocks hinüber. Sie hatte schon den ganzen Vormittag darauf gewartet, diesen Spruch anbringen zu können.
Jack wandte den Blick ab, aber sie hatte vorher noch sein kurzes Lächeln gesehen. „Das ist eine Ausnahme zu dieser Regel. Und du bist immer noch eine Herausforderung.“
„Aha … und warum ist das eine Ausnahme?“ Seit er sie zu dieser Fahrt eingeladen hatte, versuchte sie, den Grund hinter seiner Einladung zu erfahren. Aber ohne Erfolg. Sie hatte sogar Bertram Colby um Hilfe gebeten. Aber die Spionagefähigkeiten dieses netten Herrn ließen sehr zu wünschen übrig. Genauso wie ihre eigenen.
Jack hatte ihr erzählt, dass er den Bergpass, den sie heute überqueren würden, selbst auch noch nicht gefahren war. Das erklärte, warum er ihr nicht erzählt hatte, wie atemberaubend schön es hier aussah.
Die Septembersonne wurde vom schneebedeckten Gipfel, der sich vor ihren Augen ausbreitete, reflektiert, und sie kuschelte sich enger in den Mantel, den Jack ihr geschenkt hatte. Ein Teil der Berge rechts von ihr ähnelten einer riesigen Schüssel, die Gott von Hand geformt und dann bis zum Rand mit Schnee gefüllt hatte.
„Es ist eine Ausnahme, weil diese Bergarbeiterstadt laut Hochstetler tatsächlich eine Stadt mit einem vernünftigen Hotel ist.“ Jack sah sie unter seiner Hutkrempe hervor an. „Ich habe schon Zimmer für uns reserviert.“
Sie lachte leise und liebte seine Voraussicht. „Du hast gut geplant, Jack. Das macht mich aber nur noch neugieriger.“ Sie musste sich jedoch nicht allzu sehr anstrengen, um zu erraten, was sein eigentlicher Plan sein könnte. Sie hoffte nur, sie irrte sich nicht damit.
Fast ein Monat war vergangen, seit sie Jack bei seiner letzten Transportfahrt begleitet hatte. Obwohl sie es vermisste, mit ihm zusammen zu sein, hatte Gott sie an einen Punkt geführt, an dem sie ihre Suche nach ihrem Vater an ihn abgegeben hatte. Es war ihr immer noch wichtig, sich in dieser Stadt nach Pierre Gustave Girard zu erkundigen, und auch in jeder anderen Bergarbeiterstadt, in die sie je käme. Aber sie hatte gelernt, dass es für sie am wichtigsten war, Gottes Plänen mit ihrem Leben zu folgen, was auch immer das für sie bedeutete. Zu diesem neuen Verständnis hatte auch das Vorbild von Lilly Carlson beigetragen, die in den vergangenen Wochen mit sich und Gott gerungen hatte.
Dieser Teil der Rocky Mountains lag weiter im Westen und war freundlicher als die zerklüfteten Berge, durch die sie bisher gefahren waren. Und obwohl der Weg immer noch hoch hinaufführte und sich tief hinunter wand, waren die Straßen breiter und die Steigungen nicht so steil.
Kiefern und Espen standen am Straßenrand Wache und sorgten für einen allmählichen Aufstieg. Felsblöcke, die nur Gott selbst hierhin gelegt haben konnte, überzogen das Gelände, und das Land, das geduldig in die Schlucht unter ihnen abfiel, war hier und da von einer Kiefer oder Blume geschmückt.
Als Véroniques Blick über die Schlucht wanderte, kam ihr ein Gedanke. Vielleicht – nur vielleicht – begann sie, die Angst, die sie seit ihrer Kindheit hatte, zu überwinden.
„Das stört dich nicht mehr?“ Jack deutete zum Straßenrand, der ein Stück entfernt war. „Diese ganzen spitzen Felsen da unten, die nur darauf warten, dich bei lebendigem Leib aufzuspießen?“
Sie sah ihn scharf an. „Versuchen Sie absichtlich, mir Angst einzujagen, Monsieur?“
Er zuckte mit den Achseln. „Das kommt darauf an, welche Reaktion ich damit auslöse.“
„Und wenn es bedeutet, dass Sie sich gleich umziehen müssen?“
Er warf ihr einen strengen Blick zu. „Hat dir schon einmal jemand gesagt, wie grausam du sein kannst?“
Sie lachte. „Oui. Ich bin sicher, Madame Hochstetler hat immer noch diese Meinung von mir.“
Véronique erinnerte sich daran, als sie zwei Tage nach der Unabhängigkeitsfeier auf Casaroja in den
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